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Prozess offenbart Görlitzer Drogensumpf

Seit Freitag steht ein Pärchen vor Gericht. Dem Haupttäter drohen mehr als fünf Jahre Freiheitsentzug.

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Von Frank Thümmler

Kein Beruf, keine Arbeit, Hartz- IV-Empfänger, aber Drogenkonsument und wahrscheinlich auch -händler. Der 24-jährige Danilo W. aus Görlitz steht seit Freitag gemeinsam mit seiner 29-jährigen Ex-Freundin Anja O. vor dem Görlitzer Landgericht. Ihnen wird vorgeworfen, am 28. Mai und 5. Juni Drogen in nicht geringer Menge aus Tschechien eingeführt zu haben, jeweils 300 Gramm Marihuana, beim zweiten Mal außerdem 40 Gramm Crystal. Beim ersten Mal waren sie von einer Polizeistreife erwischt, aber wieder freigelassen worden. Beim zweiten Mal sollen sie den größten Teil gewinnbringend verkauft haben, für insgesamt rund 2 800 Euro.

Drogenhandel mit Waffen

Das allein ist schon schlimm genug und wird laut Betäubungsmittelgesetz pro Tat mit zwei bis fünf Jahren Freiheitsentzug bestraft. Wesentlich verschlimmert werden die Tatvorwürfe dadurch, dass in den jeweiligen Autos von Danilo W. Waffen gefunden wurden, die geeignet sind, Personen zu verletzen – eine Schreckschusspistole, eine Paintballpistole, Schlagringe, verschiedene Einhand- und Butterflymesser. Das erhöht das Strafmaß auf fünf bis 15 Jahre und wirft die Frage auf, weshalb Danilo W. nach seinem ersten Aufgreifen so schnell wieder in Freiheit kam.

Angeklagte räumen Taten ein

Beide Angeklagten gestanden gestern die von Staatsanwalt Till Neumann erhobenen Vorwürfe, Danilo W. als Haupttäter, Anja O., die zu diesem Zeitpunkt ein Kind von ihm erwartete, als Begleiterin. Sie habe zwar gewusst, dass ihr Ex-Freund (beide hatten sich im Februar getrennt) mit ihr nach Tschechien fuhr, um Drogen einzukaufen, will aber beim Kauf nicht dabei gewesen sein, sondern habe sich für Babysachen interessiert. Gemeinsam mit ihrem Freund habe sie aber – trotz ihrer Schwangerschaft – direkt nach der Einkaufstour Crystal konsumiert.

Die Verteidigungsstrategie von Danilo W. zielt wohl darauf ab, die mitgeführten Waffen als harmlos erscheinen zu lassen und damit den Strafrahmen deutlich nach unten zu verschieben. Die Paintballpistole hatte keine Kartusche, die kleine Schreckschusspistole sei doppelt verpackt und verschnürt im Kofferraum gewesen.

Die Schlagringe, die er für wenig Geld in Tschechien gekauft hatte, sollten in eine Vitrine des „Waffennarrs“, wie er sich selbst bezeichnete. Und einige der Messer hätten nicht einmal die Polizei interessiert, als er das erste Mal erwischt worden war. Die Angeklagten gestanden (natürlich) nur die Taten, für die sie auf der Anklagebank sitzen. Für Staatsanwalt Till Neumann ist offensichtlich, dass Danilo W. auch schon zuvor erfolgreich mit Drogen gehandelt haben muss.

Schließlich mussten die drei verschiedenen Autos, die der Angeklagte binnen sieben Wochen fuhr, bezahlt werden, auch wenn ihr Preis jeweils deutlich unter 1 000 Euro lag. Schließlich mussten der eigene Drogenkonsum (ein Gramm Crystal kostet rund 50 Euro) und vor allem der Drogeneinkauf dieser großen Mengen vorfinanziert werden.

Urteil wird Montag erwartet

Danilo W. gab an, das notwendige Geld zusammengespart, von seiner Mutter immer mal wieder was zugesteckt bekommen und von einem, nicht benannten Freund Geld für den Drogeneinkauf erhalten zu haben. Dafür, dass Danilo W. schon zuvor Drogen verkauft hat, spricht auch ein „professioneller Verkauf“ (kleiner Mengen Drogen) an einen verdeckten Ermittler fünf Wochen vor den jetzt verhandelten Haupttaten. Den hatte Anja O. in der Spielothek auf der Berliner Straße in Görlitz, „wo bekannt ist, dass dort Drogengeschäfte gemacht werden“, eingefädelt. Das Urteil in diesem Drogenprozess ist für Montag angekündigt.