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Pulverdampf und Bogenschuss

Das Western- und Schützenfest am Wochenende ging stimmungsvoll über die Bühne – weil die Kanoniere nachhalfen.

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© Anne Hübschmann

Manfred Müller

Ebersbach. Es hatte fast etwas Beschwörendes, als die Ebersbacher Schützen am Sonnabendnachmittag mit ihren Büchsen und Kanonen gen Himmel ballerten. Ein paar Stunden zuvor war es schwarz geworden über dem Dorf, und ein heftiger Regenguss scheuchte alle Feierwilligen ins Vereinsheim. Laut Wetterbericht war Dauerregen angesagt – und der Jahreshöhepunkt des Schützenvereins hätte leicht ins Wasser fallen können.

Gezielt: Beim Bogenschießen schlossen die Fußballer besonders gut ab.
Gezielt: Beim Bogenschießen schlossen die Fußballer besonders gut ab. © Anne Hübschmann
Geruht: Uwe Wewezer ruht sich stilecht am Lagerfeuer aus.
Geruht: Uwe Wewezer ruht sich stilecht am Lagerfeuer aus. © Anne Hübschmann

Am Ende kam es doch nicht so schlimm, was die Kanoniere prompt als persönlichen Erfolg verbuchten. Hin und wieder ein kleiner Schauer, aber sonst konnten die wackeren Schützen ihr Programm wie geplant durchziehen. Große Hitze wie in den Tagen zuvor wäre auch nicht gut gewesen – dafür sind die Traditionsuniformen, die die Vereinsglieder bei solchen Anlässen tragen, nicht geeignet.

Was das Ebersbacher Schützenfest so lebendig macht, ist die Country- und Western-Tradition, die der Verein seit einem Vierteljahrhundert pflegt. Sie geht auf Vereins-Urgestein Ernst Bormann zurück, der als Südstaaten-Fan Kontakte zu etlichen sächsischen Westernclubs pflegte. Die kamen dann mit Cowboyhut, Winchestergewehr und manchmal auch zu Pferd zu den Festen und infizierten Ebersbach mit dem Wildwest-Virus.

Einer von ihnen ist Uwe Wewezer aus Radebeul, besser bekannt als Trapper Grizzly. Diesmal hat der grauhaarige und graubärtige Veteran aber einen Auftritt in Gehrock und Zylinder und könnte glatt als Bürgermeister eines Wüstenkaffs in New Mexico durchgehen. „Ich habe inzwischen mehr als 30 Kostüme“, erzählt der 64-jährige Radebeuler, der einen standesgemäßen Teilzeitjob im Karl-May-Museum ausübt. „Das Schützenfest könnte glatt vier Wochen dauern, und ich könnte jeden Tag ein anderes anziehen.“ Wewezer kommt schon seit 1993 als Gastschütze nach Ebersbach und hat fast keins der Vereinsfeste ausgelassen. Ihm gefalle vor allem die ungezwungene Stimmung hier, sagt er.

Kavallerieangriff bleibt aus

Das 26. Ebersbacher Schützen- und Westernfest fiel diesmal eine Nummer kleiner aus als sonst üblich. Da die befreundeten Westernreiter aus Liegau-Augustusbad nicht kommen konnten, gab es keinen Kavallerieangriff auf dem benachbarten Feld. „Ist vielleicht ganz gut so“, findet Günter Grafe, der schon seit mehr als 20 Jahren im Verein aktiv ist. „Es wird ja gerade überall in der Welt Krieg gespielt, da müssen wir nicht auch noch herumballern.“

Auf einen Salut aus der Vereinskanone will der Weinböhlaer aber dann doch nicht verzichten – und das ganz zünftig in der Uniform eines Virgina-Kanoniers. Die Countryband „Lady Jane an the Cowboys“, die auch schon zum Inventar des Ebersbacher Westernfests gehört, unterbricht dazu diszipliniert ihren Auftritt.

Der Ebersbacher Schützenverein 1873 zählt 96 Mitglieder, dass es bei seinen Festen nie an Publikum mangelt, liegt nicht nur an den guten Kontakten zur Westernszene. Am Freitagabend starteten die Sportschützen einen Wettbewerb im Bogenschießen, zu dem die anderen Vereine der Gemeinde jeweils eine Mannschaft entsenden konnten. Das Fußballteam der Alten Herren nahm die Sache wie schon in den Vorjahren sehr ernst, trainierte fleißig und gewann den Pokal zum dritten Mal in Folge. Beim regulären Schießwettbewerb wurde Marek Kunze zum Schützenkönig gekrönt. Nachwuchssorgen, wie sie bei anderen Schützenvereinen beklagt werden, gibt es bei den 1893ern kaum. „Ich habe den Eindruck, dass die Angst, die nach dem Amoklauf von Erfurt aufkam, bei den jungen Leuten wieder gewichen ist“, sagt Vorjahressieger Frieder Gärtner. Das sei auch richtig: Denn wo könne man Disziplin und Konzentrationsfähigkeit besser erlernen als beim Sportschießen.