Radeberg
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Seltenes Konzert für Orgelsanierung in Großerkmannsdorf

Das Kirchenspiel Radeberger Land lädt zu einem seltenen Konzert ein und sucht noch Menschen, die gerne stricken - damit niemand in der Kirche frieren muss.

Von Siri Rokosch
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Blick auf die Orgel in der Kirche Großerkmannsdorf.
Blick auf die Orgel in der Kirche Großerkmannsdorf. © Marion Doering

Großerkmannsdorf. Weihnachtszeit ist Kirchenzeit. Viele Menschen besuchen vor allem in den kommenden Wochen und an Heiligabend die Kirchenhäuser im Rödertal, und dort stehen viele Konzerte und Veranstaltungen an. In der Großerkmannsdorfer Kirche wird am 22. Dezember eine lange Tradition wieder aufleben.

Alle zwei Jahre hatte das Kirchenspiel Radeberger Land in der Kirche hinter der Freien Evangelischen Grundschule bislang das "Weihnachtsoratorium" aufgeführt, oder besser aufführen lassen, denn, so Pfarrer Johannes Schreiner: "Dabei spielen Musiker der Sächsischen Staatskapelle aus Dresden Benefizkonzerte."

"Plötzlich kann man sich mit den Sängern oder Dirigenten unterhalten"

Diese kämen gerne in die kleine, alte Kirche mit dem Baujahr 1706, denn das Flair sei unbezahlbar. Musiker und Gäste kämen sich näher, als in großen Kirchenhäusern, sagt Schreiner: "Plötzlich kann man sich mit den Sängern oder Dirigenten unterhalten." Das sei in der Kreuzkirche Dresden zum Beispiel kaum möglich.

Nach dem Konzert säßen die Musiker oft noch stundenlang im Pfarrhaus sitzen und würden von Anwohnern mit Speisen und Getränken verwöhnt, was diese gerne annähmen, so der Pfarrer. Die Tradition des "Weihnachtsoratoriums" in Großerkmannsdorf geht bis in die 1960er-Jahre zurück. Es wird immer alle zwei Jahre aufgeführt. Unter den bekanntesten Sängern war bislang auch Peter Schreier.

Das "Weihnachtsoratorium" wird am 22. Dezember ab 19.30 Uhr in der Großerkmannsdorfer Kirche gegeben. Der Erlös der Karten, welche für 20 Euro und ermäßigt für 15 Euro zu haben sind, komme vollständig der Sanierung der Orgel des Gotteshauses zugute.

Orgel wird nach 120 Jahren vom Hersteller saniert

Hergestellt wurde die Großerkmannsdorfer Orgel im Jahr 1901. Vor allem während der Weltkriege habe sie aber sehr gelitten. So seien zum Beispiel im Ersten Weltkrieg die Prospektpfeifen ausgebaut und für die Waffenindustrie eingeschmolzen worden, erzählt der Pfarrer. Im Februar 1944 hatten englische Flieger vor dem Rückflug zu ihren Stützpunkten ein oder zwei Bomben auf ein nahe gelegenes Feld abgeworfen, um Gewicht zu sparen, berichtet Johannes Schreiner weiter. Dabei seien viele Hausdächer und auch das der Kirche abgedeckt worden. "Aus den Splittern der Bombe hat ein einheimischer Schmied ein Kreuz angefertigt, welches jetzt in unserer Kirche hängt", sagt er.

Die Orgel wurde seither immer mal repariert, soll nun aber nach mehr als 120 Jahren vollumfänglich restauriert und saniert werden. Die Firma Jämlich-Orgelbau aus Dresden, die auch die Orgel der Kreuzkirche baute, wird das Instrument ab dem kommenden Frühjahr sanieren. Sie hatte die Orgel der Großerkmannsdorfer Kirche damals auch gebaut.

Insgesamt werde die Sanierung rund 120.000 Euro kosten, sagt der Pfarrer. 25 Prozent trage die Landeskirche, rund 45.000 Euro übernimmt voraussichtlich die Denkmalbehörde und rund 52.000 Euro kämen aus Eigenmitteln. Darin enthalten sein werden auch die Einnahmen des diesjährigen "Weihnachtsoratoriums".

Diesjährige Festtags-Veranstaltungen

Neben dem 22. Dezember wird es in der Großerkmannsdorfer Kirche am vierten Advent auch eine Jazz-Andacht geben mit viel Musik. Zum Heiligabend sei in allen Kirchen etwas los, in Erksdorf, wie die Einwohner ihren Ort liebevoll nennen, werde die Kinderkirche das Krippenspiel aufführen, begleitet von einem Festgottesdienst. Die Schüler der Freien Evangelischen Grundschule haben für den dritten Advent ein Stück eingeprobt.

Am 31. Dezember erwarte die Gäste die "Musik zum Jahreswechsel" mit dem Abendmahl-Jahresabschluss und am 1. Januar werde ein Sektfrühstück mit Essen und Trinken stattfinden, wie der Pfarrer sagt. "Das ist bei uns Tradition und wir legen in unserer Gemeinde nicht nur Wert auf das Geistliche, sondern auf das Miteinander."

Alle Veranstaltungen werden auf der Homepage des Kirchenspiels veröffentlicht. Dazu gehören auch Kleinwolmsdorf, Liegau-Augustusbad, Radeberg, Schönborn, Seifersdorf und Wachau.

Deckenstricken für warme Kirchen

Weil die wenigsten Kirchen beheizt werden können, sollten sich Gäste warm anziehen. "Nur die Radeberger Kirchen hat eine Heizung. Alle anderen verfügen maximal über Heizlüfter im Fußbereich", erklärt der Pfarrer.

Doch er hat auch dafür bereits eine Lösung: "Wir hatten bereits vor vier Jahren mit dem Deckenstrick-Projekt begonnen und wollen es wieder aufleben lassen", sagt Schreiner. Die Kirchgemeinde stellt die Wolle zur Verfügung und wer stricken kann, darf wärmende Decken herstellen. "Jeder strickt einen Teil der Decke und wir fügen sie dann zusammen", erklärt der Pfarrer.

Diese Decken werden am Eingang der Kirchen verteilt, sodass niemand bei den Konzerten und Gottesdiensten frieren muss. Nähere Informationen und die Wolle gibt es bei den Pfarrämtern in Radeberg und Großerkmannsdorf.