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Kiesgrube Ottendorf: "Künftig wird abgeschleppt!"

Die Gemeinde Ottendorf-Okrilla plant, künftig die parkenden Autos an der auch bei Dresdnern beliebten Kiesgrube abzuschleppen. Dann wird es für Falschparker richtig teuer.

Von Siri Rokosch
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Parkende Autos trotz Parkverbots: Die illegalen Badegäste, die in der Kiesgrube Ottendorf ins Wasser springen wollen, stört das oft kaum - trotz Lebensgefahr.
Parkende Autos trotz Parkverbots: Die illegalen Badegäste, die in der Kiesgrube Ottendorf ins Wasser springen wollen, stört das oft kaum - trotz Lebensgefahr. © René Meinig

Ottendorf-Okrilla. Hitze und klares, blaues Wasser locken auch in diesem Sommer wieder viele Badefreunde in die Kiesgrube Ottendorf-Okrilla. Doch die Gewässer sind gefährlich, denn hier läuft der Abbau von Sand und Kies durch das Kieswerk Ottendorf-Okrilla GmbH & Co.KG. Baden ist deshalb verboten. Doch Badegäste gibt es trotzdem - und die kommenden meist mit dem Pkw. Diesem Problem soll nun mit harten Maßnahmen entgegengewirkt werden.

Die Gemeinde Ottendorf-Okrilla hat auch am Montag wieder Knöllchen verteilt.
Die Gemeinde Ottendorf-Okrilla hat auch am Montag wieder Knöllchen verteilt. © René Meinig

"Über Knöllchen lachen die Leute"

Die Gewässer des aktiven Kieswerks Ottendorf-Okrilla sind zwar abgesperrt, die illegalen Bader finden aber immer ein Schlupfloch. Wie Nancy Hübner vom Bereich Ordnung und Sicherheit der gemeinde Ottendorf-Okrilla sächsische.de sagt, würden sie und ihre Mitarbeiter die Badegäste ansprechen und auf die Gefahren aufmerksam machen: "Dann kommen uns die Leute oft pampig und lachen uns aus. Eine Frau erzählte sogar sie sei bereits als Kind dort baden gegangen und nun würde sie ihre Enkel mitnehmen."

Auch am Montag waren Nancy Hübner und ihr Team wieder auf der Bergstraße, an der Försterei und der Kieswerkstraße unterwegs und verteilten Parkverstoß-Zettel an den abgestellten Autos: "Leider hilft das nicht viel, denn die Badefans sehen das als Eintrittsgeld. Wenn sie 55 Euro bezahlen müssen, teilen sie sich rein. Oft kommen sie ja mit vielen Leuten in einem Wagen", erzählt sie.

Deshalb will Bürgermeister Rico Pfeiffer (parteilos) dem illegalen Badetreiben und vor allem den gefährlich geparkten Autos nun ein Ende setzten: "Wir planen, künftig die Fahrzeuge, welche Rettungswege verstellen, abschleppen zu lassen. Vielleicht werden einige Menschen dann einsichtig."

Derzeit würde gemeinsam mit dem Landratsamt geprüft, welche Schritte dafür nötig sind. "Wir werden die Wildbader zwar nicht vollständig herausbekommen, auch weil das 9-Euro-Ticket viele mit dem Zug hier herbringt, aber wir wollen sie zum Nachdenken bewegen", erklärt der Bürgermeister weiter.

190 Parkverstöße an der Kiesgrube an einem Tag

Rund um die Seen sind kleine Wälder, welche durch heiße Autos schnell in Brand geraten können, wenn diese auf dem trockenen, blattreichen Boden abgestellt werden. Das müsse verhindert werden. Zudem parken viele so wild, dass keine Rettungsfahrzeuge mehr vorbeikommen, sagt der Bürgermeister aus eigener Erfahrung.

Die Gemeinde arbeitet bereits mit dem Ordnungsamt und der Polizei zusammen. Fast täglich werden Knöllchen verteilt. Wie die Polizeidirektion Görlitz Sächsische.de sagt, seien vor einigen Wochen rund 190 Parkverstöße an einem Tag in diesem Bereich festgestellt worden.

"Wer im Parkverbotsbereich steht, zahlt im ersten Durchgang 25 Euro und wenn das Auto nach einer Stunde immer noch dort steht, werden daraus 55 Euro", sagt Nancy Hübner.

Das Abschleppen wird künftig dann mehrere hundert Euro kosten. Einzusehen sind diese Kosten beim Verband der Bergungs- und Abschleppunternehmen. Wer sein Auto nicht wieder dort findet, wo er es abgestellt hat, muss mindestens mit um die 270 Euro pro Stunde Arbeit und Arbeitszeit der Abschleppunternehmen rechnen. Zudem kommt die Standgebühr, des Parkplatzes, wo das Fahrzeug hingeschleppt wurde.

Viele Schilder warnen die Badewilligen vor den Gefahren. In den tiefen und gefährlichen Gewässern sind bereits Menschen ums Leben gekommen.
Viele Schilder warnen die Badewilligen vor den Gefahren. In den tiefen und gefährlichen Gewässern sind bereits Menschen ums Leben gekommen. © Marion Doering

Lebensgefahr für Badegäste

Auch die Lebensgefahr-Schilder rund um die Seen scheinen die Badegäste nicht abzuschrecken. Überall tummeln sich nackte oder halbnackte Menschen in der prallen Sonne.

Rico Pfeiffer war früher selbst bei der Feuerwehr und kennt die Gefahren der Ottendorfer Kiesgrube aus eigener Erfahrung: "Viele unterschätzen die heiße Sonne. Es gibt dort eigentlich keinen Schatten. Wenn die Leute dann so überhitzt in das kalte Wasser springen, ist das für den Körper ein Schock und das kann zu einem ernsten Problem werden." Rettungsschwimmer gibt es an der verbotenen Badestelle nicht.

Pfeiffer hatte vor langer Zeit zwei Einsätze als Feuerwehrmann und erzählt: "Es gab dort mehrere Todesfälle. Bei Zweien war ich selbst dabei. Wir haben versucht, die beiden Leichen zu bergen -ohne Erfolg."

Der Polizeidirektion Görlitz sind keine aktuellen Todesfälle an der Kiesgrube bekannt, aber dies läge daran, dass im System der Polizei Recherchen nur zwei Jahre lang möglich sind. "Wenn keine Straftat zugrunde liegt, werden Todesfälle bei uns leider nicht gespeichert", sagt Polizeisprecher Sebastian Ulbrich.

Das Kieswerk baut seit 1949 Sande und Kiese dort ab. Heute zählt die KBO zu den größten Kieswerken in Deutschland. Kennzeichnend für den "Ottendorfer" Rohstoff sind der hohe Quarzgehalt und das Fehlen von betonschädlichem Sulfat.

Kieswerk verstärkt Wachschutz über den Sommer

Anke Schröder vom Kieswerk Ottendorf-Okrilla GmbH & Co. KG, Laußnitz, sagt auf Anfrage von Sächsische.de: "Für unser gesamtes Betriebsgelände herrscht ein Betretungsverbot und natürlich ein Badeberbot. Unser großes Gelände ist abgesperrt, teilweise durch Zäune, durch Erdwälle oder durch entsprechende Warnschilder, die wir in diesem Jahr noch einmal verstärkt haben."

Auch sie bittet nochmals, das Gelände nicht zu betreten: "Was viele nicht wissen: Das Baden in einem aktiv genutzten Kiessee ist mit großen Gefahren verbunden. So gibt es an vielen Stellen auch unter Wasser Kanten und Böschungen, die von außen nicht sichtbar sind. Zudem kann aufgespülter Sand ins Rutschen kommen und eine nach unten gerichtete Strömung verursachen, die den Badenden aufgrund der Sogwirkung unter Wasser ziehen kann."

Besonders jetzt in den Sommermonaten hat das Werk extra einen Wachschutz eingestellt, der auf dem Gelände Streife läuft und Badegäste zum Verlassen auffordert. Zudem käme es durch die Badegäste leider teilweise zu erheblichen Beeinträchtigungen des 2020 neu angelegten Biotopes im Tagebaugelände. Das Biotop dient der Förderung der biologischen Vielfalt.

Statt Knöllchen zu bezahlen oder sein Auto mit dem Taxi beim Abschleppdienst abzuholen oder gar im Krankenhaus zu landen, können Wasser-Liebhaber auch die Bäder der Umgebung nutzen. Mit Rettungsschwimmern und Bistro ausgestattet sind zum Beispiel das Teichwiesenbad Ottendorf, das Freibad Wachau, das Stadtbad Radeberg, das Walkmühlenbad Pulsnitz und die Badestelle Weixdorf.