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Beim SV-Liegau-Augustusbad spielen behinderte und nicht behinderte Menschen gemeinsam Fußball

Beim SV Liegau-Augustusbad wird Inklusion seit Jahren groß geschrieben. Es gibt sogenannte Unified-Sportteams, in denen Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam Sport treiben.

Von Rainer Könen
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Martin Galota (links) und Mandy Schwarz mit ihrem Trainer Lutz Höhne auf dem Bolzplatz des SV Liegau Augustusbad.
Martin Galota (links) und Mandy Schwarz mit ihrem Trainer Lutz Höhne auf dem Bolzplatz des SV Liegau Augustusbad. © Marion Doering

Liegau-Augustusbad. Auf dem Kunstrasenplatz des SV Liegau-Augustusbad tummeln sich an diesem sonnigen Oktobernachmittag ein Dutzend Frauen und Männer, spielen sich Bälle zu, lachen und scherzen gemeinsam. Mit dabei sind auch Mandy Schwarz und ihr Freund Martin Galota. Auf das wöchentliche Training freuen sich die beiden jedes Mal.

"Fußball spiele ich wahnsinnig gerne, ist mein Leben", meint der 35-jährige Galota, der mit Freundin Mandy Mitglied eines sogenannten Unified-Sportteams ist - einer Mannschaft, in der Menschen mit und ohne Behinderung zusammenspielen. Beim Liegauer SV gibt es im Breitensportbereich mehrerer solcher Unified-Teams.

Vorreiterrolle des SV Liegau-Augustusbad beim Thema Inklusion

Betreut und trainiert wird diese Gruppe von Lutz Höhne. Der 52-Jährige arbeitet im Epilepsiezentrum Kleinwachau als Projektleiter im Bereich Kultur und Sport und kümmert sich auch um die Sportgruppen des Epilepsiezentrums. In Sachen Inklusion hat der SV Liegau-Augustusbad in der Region eine Vorreiterrolle.

Seit 2007 gibt es eine Kooperation zwischen Epilepsiezentrum und Sportverein, seitdem können dort Menschen mit einer Behinderung die Sportangebote des 308 Mitglieder zählenden Klubs mit nutzen. Für die 34-jährige Mandy Schwarz und ihren 35-jährigen Lebensgefährten Martin Galota ist der Sport ein wichtiger Freizeitfaktor. Hier treffen sie Freunde, haben Spaß, behaupten sich, feiern gemeinsam Erfolge. Die beiden spielen beim Liegauer SV seit mehr als zehn Jahren in der Fußballgruppe. Martin Galota fungiert darüber hinaus noch als Assistenztrainer bei der A-Jugend des benachbarten FV Ottendorf-Okrilla. "Dafür hab' ich sogar eigens eine Übungsleiterassistenten-Ausbildung gemacht", erzählt er voller Stolz.

Und wie ist das für ihn und seine Freundin, mit Menschen ohne Behinderung Fußball zu spielen? "Och, kein Problem, das klappt ganz gut", meint Mandy Schwarz. Die Leistungsunterschiede zwischen Sportlern mit bzw. ohne Behinderung seien in "unserer Gruppe nicht groß", erklärt Galota, der als Lagerist in einer Weixdorfer Werkstatt arbeitet.

Oftmals fehlt es an pädagogischem Wissen

Lutz Höhne erzählt, dass es mittlerweile in einigen Einrichtungen im Landkreis Sportprogramme für Menschen mit Behinderung gibt, darunter auch Unified-Sportangebote. Mehr und mehr Vereine öffnen sich für Angebote, Initiativen und Projekte, die Inklusion zum Ziel haben. Im Rödertal gibt es neben dem Liegauer SV noch weitere Klubs, die Menschen mit einem Handicap ins Vereinsleben integrieren. Dazu gehören der SV Einheit Radeberg und die SG Weixdorf.

Thomas Hentschel vom Bautzener Kreissportbund (KSB) weist drauf hin, dass man alljährlich Sportinklusionswochen durchführe, um das Thema "Inklusion im Sport" in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu rücken. Hentschel, der beim KSB als Koordinator für den Bereich Integration/Inklusion zuständig ist, erzählt, dass einige der 380 Landkreis-Sportvereine sich seit Jahren der Integration von behinderten Sportlern widmeten.

Dazu gehören neben dem SC Hoyerswerda, der MSV 04 Bautzen und der Kegelverein Bautzen-West. Dass sich im Landkreis dennoch etliche Klubs mit der Integration behinderter Menschen schwer tun, hänge nicht nur damit zusammen, dass es oft keine barrierefreien Zugänge zu den Sportanlagen gebe, sagt Hentschel. Vielmehr sei es so, dass es den Sportvereinen oftmals auch am pädagogischen Know-how im Umgang mit Menschen mit Behinderung fehle. Hentschel ist aber zuversichtlich, das sich das perspektivisch ändern wird.

Alle lernen voneinander

Lutz Höhnes Unified-Team besteht derzeit aus 16 Klienten des Epilepsiezentrums, darunter fünf Frauen. Zum Kader gehören neben vier Trainern des Liegauer SV noch eine Handvoll Spieler ohne Handicap. "Die unterstützen uns oft bei Turnierspielen", berichtet Höhne, der seine Trainertätigkeit in Liegau ehrenamtlich ausübt. Der 52-Jähre erklärt, dass es bei den Unified-Teams ohne Spielregeln nicht gehe. "Ganz wichtig ist es, dass diejenigen, die keine Behinderung haben, nicht dominieren." Schließlich haben nicht alle Menschen mit Behinderung dieselben Fähigkeiten wie jemand, der keine Behinderung hat. Bei manchen dauere es halt länger, Bewegungsabläufe zu routinieren oder Spielregeln zu verstehen.

Wesentlich sei bei den gemischten Teams, dass man "voneinander lernt". Denn im Vordergrund stehe "das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung, das ist es, worauf es ankommt", sagt Lutz Höhne.

Viele Auszeichnungen für den SV Liegau-Augustusbad

Für die gute Zusammenarbeit mit dem Epilepsiezentrum erhielt der Liegauer SV, in dessen 63-köpfiger Breitensportabteilung zehn Klienten des Epilepsiezentrums mitmachen, bereits einige Auszeichnungen. So gab es 2013 vom Deutschen-Fußball-Bund für die Kategorie "Soziales" den Sepp-Herberger-Preis, im vergangenen Jahr wurde der Verein vom Sächsischen Behinderten- und Rehabilitationssportverband mit dem Sächsischen Inklusionspreis ausgezeichnet.

Nach anderthalb Stunden ist das Training beendet. Ab November wird die Fußballgruppe um Mandy Schwarz und Martin Galota in der Halle trainieren. Und sich dort auch aufs nächste Fußballturnier vorbereiten. Das findet am 2. Dezember in der Halle der SG Weixdorf statt. An der als Handicap-Turnier bezeichneten Sportveranstaltung nehmen Hobbymannschaften teil, bei denen auch geistig-behinderte Sportler mitspielen. Martin und seine Freundin Mandy freuen sich schon darauf. Die 34-Jährige ist zuversichtlich: "Wir wollen da gut abschneiden."