Tausende Bäume fallen in Dresdner Heide

Dresden/Radeberg. Die Dresdner Heide wird in den nächsten Wochen in einigen Teilen ihr Aussehen verändern. Tausende Bäume verschwinden. Nach Angaben von Heiko Müller, Abteilungsleiter bei Sachsenforst, werden 6.000 bis 7.000 Fichten gefällt. Besonders betroffen ist das Revier Ullersdorf, aber auch in den Revieren Langebrück und Bühlau wird der Holzeinschlag stattfinden. Doch warum wird der Wald lichter?
Grund ist die enorme Vermehrung des Borkenkäfers. „Die Entwicklung hat uns alle überrascht. Nach dem kühlen und vergleichsweise feuchten Frühjahr sind wir von einer geringen Population ausgegangen. Doch das trockene und heiße Wetter der vergangenen Tage hat die Schädlinge zu Millionen ausschwärmen lassen“, sagt Revierförsterin Uta Krause. „Die Käfer haben diese Zeit offenbar gut im Boden überstanden.“ Zahlreiche Bäume sind bereits befallen.
Äußerlich wirken die Bäume gesund
Das Fatale: Sie sehen noch sehr gesund aus. Die Baumkrone ist voll, keine abgestorbenen Äste, die Rinde sitzt fest am Stamm. Heiko Müller zeigt auf braunes Mehl am Fuß des Baumes. „Das sieht aus wie Kaffeepulver. Es stammt von den Borkenkäfern, die sich in die Rinde bohren. Ein eindeutiges Zeichen.“ An einem bereits gefällten Stamm zeigt er die typischen Fraßspuren: Unter der Borke ein Hauptgang, davor fächerartig Nebengänge abzweigen.
Heiko Müller, die Revierförster und andere Helfer sind in diesen Tagen die meiste Zeit unterwegs, um die befallenen Bäume zu entdecken. „Mal sind es einzelne, mal ist eine ganze Fläche betroffen. Sie sind mitunter schwer zu finden. Auf den ersten Blick scheinen sie ja noch gesund.“
Wenn der Käfer im Baum ist, muss schnell gehandelt werden. „Sechs bis acht Wochen braucht die Brut, um auszufliegen. Ein Käfer erzeugt 50 Nachkommen, die schwärmen dann auf die weiteren Bäume aus. Das müssen wir verhindern“, sagt der Forstfachmann. Normalerweise können sich die Bäume auch selbst gegen die Käfer wehren. „Sie sondern Harz ab und hindern so die Insekten daran, einzudringen. Das funktioniert aber nur, wenn im Stamm genügend Flüssigkeit, also Wasser vorhanden ist. Das ist leider nicht der Fall.“ Drei trockene Sommer haben den Boden und die Pflanzen austrocknen lassen.
Wege in der Heide zeitweilig gesperrt
Marcus Fiedler arbeitet derweil ununterbrochen mit seinem Harvester. Von der Fahrerkanzel aus bedient er den Greifarm, legt die Metallmanschette um den Fuß des Baumes, fährt die Motorsäge aus, entastet den Stamm und schneidet ihn transportfähige Stücke. Alles passiert in Minuten. „Das Ungewöhnliche an der Situation ist, dass wir wenig vorausplanen können. Am vorherigen Tag weiß ich noch nicht, wo ich am nächsten hinmuss. Immer wieder werden befallene Bäume entdeckt, die wir schnell aus dem Wald holen. Auch die Flächen sind viel kleiner, als wenn irgendwo geplant gerodet wird.“
Die Fällungen machen es nötig, immer wieder Wege zu sperren. Meist ist das nur kurzzeitig der Fall. „Spaziergänger, Radfahrer und Jogger sollten sich darauf einstellen." Man könne allerdings vorher nicht sagen, wo die Sperrungen erfolgen werden. "Oft sind wir schon nach kurzer Zeit an einer anderen Stelle im Einsatz. Eine Planung ist schwierig. In unmittelbarer Nähe stellen wir Sperrschilder auf. Die sind unbedingt zu beachten“, sagt die Revierförsterin.
Während auf einer Fläche vermeintlich gesunde Bäume fallen, bleiben ein paar hundert Meter weiter abgestorbene Fichten stehen. „Das wird bewusst so gemacht. Sie bleiben als Biomasse im Wald. Einmal hat sich unter ihnen oft schon junger Baumbestand entwickelt. Den würden wir beim Fällen gefährden. Außerdem sind diese abgestorbenen Fichten nicht mehr verwertbar. Sie nutzen dem Ökosystem mehr, wenn sie stehenbleiben.“
Heiko Müller fürchtet, dass angesichts der massiven Fällungen in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, sie könnten mit dem hohen Holzpreis zusammenhängen. Nach dem Motto: Jetzt, wo es sich richtig lohnt, wird abgeholzt. „Das ist nicht der Fall. Wir würden die Fichten gern stehen lassen. Einmal blutet einem das Herz, die Bäume so dezimieren zu müssen. Außerdem erzielt Sachsenforst jetzt nur kurzfristig Erträge, wir wollen aber langfristige Einnahmen. Diese Fällungen verringern den Waldbestand. Sie sind überhaupt nicht in unserem Sinn.“
Auf den frei gewordenen Flächen pflanzt Sachsenforst nach, vor allem Laubbäume wie Eichen, Linden, Bergahorn. „Wir rechnen damit, dass sie mit der Trockenheit besser klarkommen“, sagt Heiko Müller. Sicher ist, die Fichtenbestände in der Heide werden weiter zurückgehen. „Mit den Fällungen versuchen wir den Kreislauf von immer stärkerem Käferbefall zu stoppen. Ich vermute aber, das werden wir mit unseren Maßnahmen alleine nicht schaffen. Dazu muss uns die Natur zu Hilfe kommen. Ein, zwei kühle verregnete Sommer würden den Borkenkäfer stoppen.“