Wie entkommt Ottendorf dem Verkehrslärm?

Ottendorf-Okrilla. Wackelnde Wände und starker Lärm vor der Haustür: Mit seinen Schilderungen über den Lkw-Verkehr in Ottendorf-Okrilla hat Benjamin Brunner einen Nerv getroffen. "Besonders in den frühen Morgenstunden rollt ein schwerer Lkw nach dem anderen vorbei. Das geht so ab 5 Uhr. Die wenigsten halten sich an die Tempobegrenzung. Für Lkw gelten 30 Kilometer pro Stunde, dann wackelt hier alles", berichtete der Anwohner der Bahnhofstraße der SZ.
Viele Anwohner meldeten sich daraufhin in den sozialen Netzwerken zu Wort und schilderten ihre Sicht. Ein Nutzer auf Facebook schreibt: "Das Problem ist einfach, dass es die Hauptroute von Ottendorf nach Radeburg ist. Ich selbst fahre auch in der Gegend und nutze diese Straße persönlich auch regelmäßig. Eine zeitliche Einschränkung von Lkw-Verkehr wäre eventuell sinnvoll, aber die Runde über die Autobahn ist halt deutlich länger." Ein anderer schlägt ein Halte- und Parkverbot auf der Bahnhofstraße vor. "Schon muss kein Lkw mehr anhalten und losfahren." Der nächste ist für die Sanierung der Bahnhofstraße, um das Lärmproblem in den Griff zu bekommen.
Der starke Schwerlastverkehr macht aber auch Anwohnern anderer Straßen zu schaffen. Die Fraktion Die Linke im Ottendorfer Gemeinderat sieht ein Verkehrsproblem vor allem auf der S177. Die Staatsstraße zieht sich quer durch die gesamte Gemeinde und verbindet quasi die A4-Auffahrt Ottendorf mit der A13 bei Radeburg. "Hier kämpfen wir seit langem für eine Entlastung. Bisher ist nichts geschehen", sagt Gemeinde- und Kreisrat Rene Edelmann (Die Linke). Er verweist auch auf einen Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahr 2018. "Damals wurde einstimmig beschlossen, dass mit dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) Gespräche geführt werden sollen, um ein Fahrverbot für Lkw über 7,5 Tonnen hinzubekommen", erläutert Edelmann.
Schon 2019 Gespräche mit Straßenamt und Polizei
Anfang 2019 kam es dann zu einem Gespräch mit Lasuv, der Polizei, dem Landratsamt und der Gemeinde. "Leider haben die Ämter damals entschieden, dass ein Lkw-Fahrverbot auf der S177 nicht möglich ist. Auch eine Geschwindigkeitsbeschränkung sei nicht begründbar", sagt der Linken-Abgeordnete. "Anderswo ist das aber schon möglich. Ich denke an Eschdorf, wo sich die S177 ebenfalls durch den Ort zieht und Tempo 30 vorgeschrieben ist."
Allerdings wurde damals bei dem Treffen eine Verkehrszählung vereinbart. Außerdem sollte insbesondere in Medingen untersucht werden, ob die Straße überhaupt den Kriterien einer Staatsstraße entspricht. Inzwischen hat der Bürgermeister gewechselt, Rico Pfeiffer (parteilos) ist erst seit Herbst 2020 im Amt. Der Beschluss und die Vereinbarungen wurden somit vor seiner Amtszeit gefasst. "Klar ist, wir können den momentanen Zustand nicht hinnehmen. Ottendorf ist durch seine Lage zwischen den Autobahnen und unser Industriegebiet besonders mit Verkehr belastet. Wir brauchen einen Runden Tisch mit Lasuv, Landkreis, Polizei, Gemeinde und sicher auch großen Lieferfirmen, dafür will ich mich jetzt einsetzen", sagt er.

Bürgermeister will Gesamtkonzept für die Gemeinde
Er drängt dabei auf eine Art Gesamtkonzept für Ottendorf. "Uns ist nicht geholfen, wenn wir eine Anwohnerstraße für schwere Lkw sperren und den Verkehr damit auf die andere Anwohnerstraße verlagern", sagt Pfeiffer. Was die Gemeinde jetzt relativ schnell tun könne, ist, die tatsächliche Verkehrsbelastung zu zählen. "Wir haben ein entsprechendes Gerät. Das misst aber nur die Anzahl der Autos an einer bestimmten Stelle. Es müsste an mehreren Orten stationiert werden, um zumindest einen groben Überblick zu bekommen."
Dass Ottendorf stark vom Straßenverkehr belastet ist, räumt das Lasuv ein. Um die Gemeinde zu entlasten, soll eine Ortsumgehung entstehen. Nach dem jüngsten Stand ist eine Umfahrung auf der östlichen Seite Ottendorfs geplant (siehe Grafik). Nach einer Voruntersuchung weist sie mehrere Vorteile gegenüber der westlichen Variante auf. So entlastet sie nach den Berechnungen des Amtes die Gemeinde stärker vom Autoverkehr, ist kostengünstiger und greift weniger in Naturräume ein.
Das Besondere bei dieser Variante ist, dass auch hier die Anschlussstelle Hermsdorf in die Nähe des Gewebegebietes "Am Promigberg" in Weixdorf verlegt und eine Verbindung zur bestehenden S59 ins Dresdner Stadtzentrum hergestellt wird. Autofahrer aus Richtung Dresden, die künftig weiter nach Norden wollen, müssten hier auf die A4 auffahren, an der Anschlussstelle Ottendorf-Okrilla wieder runter und dann den Weg über die neue Umgehungsstraße nehmen.
Kosten nach derzeitigen Schätzungen: rund 43 Millionen Euro. Insbesondere der Lkw-Verkehr vom und zum Gewerbepark könnte bei der Ostvariante vom Ortskern ferngehalten werden. Ob damit der Lkw-Verkehr auf der S177 eingedämmt werden kann, ist fraglich. Das bezweifelt auch der Ortschaftsrat von Ottendorf. "Es wird weder eine Entlastung des Ortes vom Straßenverkehr geben, noch verringert sich die Fahrzeit zwischen Dresden und Hoyerswerda", sagte Ortsvorsteherin Andrea Ohm (CDU) vor einiger Zeit. Nach ihrer Einschätzung werde in einigen Teilen von Ottendorf-Okrilla der Verkehr sogar zunehmen.
"Durch die geplante Verlegung der Autobahnausfahrt Hermsdorf in Richtung Weixdorf verlängert sich der Fahrweg für Ottendorfer zur A4. Sie sind also länger im Ort mit dem Auto unterwegs, beispielsweise auf der Radeburger Straße." Besonders Hermsdorf würde unter neuen Verkehrsströmen leiden. Ein Konzept, das sowohl die B97, die S177 und Nebenstraßen entlastet, ist bisher nicht gefunden. So dürfte der Satz von Rico Pfeiffer nur allzu wahr sein: "Was den Straßenverkehr in Ottendorf angeht, gibt es noch sehr viel Gesprächsbedarf."