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Moritzburg: Die schönsten Vögel der Welt

Geht man jetzt ins Moritzburger Wildgehege, dann kann es passieren, dass einem ein Pfau über den Weg läuft.

Von Udo Lemke
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Der junge Pfauen-Hahn kann schon Rad schlagen, die prächtigen Federn der Schleppe müssen aber erst noch wachsen.
Der junge Pfauen-Hahn kann schon Rad schlagen, die prächtigen Federn der Schleppe müssen aber erst noch wachsen. © Arvid Müller

Wenn es dunkel wird, fliegen Bärbel und Inge, Klaus und Erich hoch in die Bäume, lassen sich auf einem Ast nieder und schlafen. Morgens kommen sie wieder runter und fressen in ihrer Voliere. Deren Tür ist offen, und so kann es passieren, dass einem die Vögel später im Wildgehege über den Weg laufen. Die vier gehören zu den Blauen Pfauen (Pavo cristatus). Sie gehören zur Ordnung der Hühnervögel und sind neben dem Fasan und dem Haushuhn die bekanntesten Vertreter dieser Vogelgruppe. „Aufgrund ihres auffälligen Aussehens gelten vor allem die Männchen als die ältesten Ziervögel“, heißt es weiter in der schlauen Wikipedia.

Täuschen und rasseln

Jedes Kind kennt die bis zu anderthalb Meter langen Oberschwanzdeckfedern in der Schleppe der Männchen, und es war ein Traum, eine verlorene zu ergattern. Diese Federn können fächerförmig aufgestellt werden - der Pfau schlägt dann Rad. „Die plastisch leuchtende Federzeichnung von großen, blau irisierenden Augen dient der Abschreckung von Fressfeinden, die diese als Augen von großen Säugetieren interpretieren sollen. Wenn dies nicht genügt, um einen Angreifer in die Flucht zu schlagen, versetzt der Hahn die gefächerten Schwanzfedern in eine laut rasselnde Bewegung“ - wieder Wikipedia.

„Es sieht toll aus, wenn die Männchen in den Bäumen sitzen und die Schleppe herunterhängt“, sagt Silja Bhatta Chhetri. Sie ist Tierpflegerin im Wildgehege. Und sie weiß auch, dass die erst in diesem Jahr im Eilenburger Tierpark aus dem Ei geschlüpften Hähne noch etwa fünf Jahre brauchen, bis sich die Schleppe voll ausgebildet hat. Vorerst ist sie noch braun, wie das Gefieder der Hennen. Ronald Ennersch, der Chef des Wildgeheges, wiederum weiß, dass es Anfang der 1970er Jahre schon einmal Pfauen in Moritzburg gegeben hat. Und er weiß, dass schon August der Starke die Vögel züchten ließ und dass es an vielen Adelshöfen Mode war, sie freilaufend zu halten.

Es sei bei den Pfauen wie bei den Katzen. Will man sie an den Hof gewöhnen, sie auf dem Hof behalten, so muss man sie die ersten beiden Wochen eingeschlossen halten. Danach erkunden sie langsam das Gelände, „Pfauen sind sehr standorttreu.“ Und: „Bereits in den Sagen der griechischen Antike wurden sie erwähnt. Die Vögel, die ursprünglich in Indien und Sri Lanka beheimatet waren, werden heute weltweit als Haustiere gehalten.“

Die Moritzburger haben ihre Voliere gleich neben der der Kaninchen. Die können durch einen Drahttunnel ins Freigelände. Abends werden sie reingeholt, damit der Fuchs nicht kommt. Auf diesem Tunnel sitzen die Pfauen und beobachten das Treiben im Kaninchenfreigehege. Manchmal aber kriechen sie auch durch den Tunnel ins Hasengehege. Und wie kriegt man sie dort wieder raus, lautet die Frage an Tierpflegerin Silja. „Zwischen den beiden Gehegen lässt sich eine Tür öffnen. Man geht in die Pfauen-Voliere, klappert mit der Büchse mit den Mehlwürmern, die Pfauen kommen und die Kaninchen haben wieder ihren Platz.“

Noch einmal zurück in die Antike: Pfauenfleisch soll bei den Ägyptern, den Römern sowie im Europa des Mittelalters, wo es gerne stark gewürzt serviert wurde, sehr beliebt gewesen sein. „In seiner Ursprungsheimat Indien ist der Pfau bis heute als Fleischlieferant ein beliebter Hausgenosse.“

Mit Handicap zum Erfolg

Der Blaue Pfau steht für ein interessantes Phänomen in der Evolution - das sogenannte Handicap-Prinzip -, das der israelische Biologe Amotz Zahavi 1975 formuliert hat. Danach müsste ein Vogel wie der Pfau mit seiner prächtigen Schleppe eigentlich einen Nachteil haben. Hindert sie ihn doch bei der Flucht vor Feinden. Aber das Gegenteil ist der Fall. Sieht eine Pfauenhenne das prächtige Rad eines Hahnes, dann „denkt“ sie: Was für ein toller Hecht bzw. Vogel! Der kann es sich leisten, so herumzulaufen, also muss er besonders stark sein und garantiert prächtige Nachkommen.

Von all dem wissen Klaus und Erich natürlich nichts. Aber sie können schon Rad schlagen. Auf die prächtigen Federn mit den wunderschönen blauen Augen müssen wir noch ein bisschen warten. Für Roland Ennersch ist klar, dass die Pfauen die Anziehungskraft des Wildgeheges steigern werden: „Gelten sie doch als die schönsten Vögel der Welt.“