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Fährtensuche in der Radebeuler Prärie

Die Besucher des 29. Karl May-Festes mussten auf Spurensuche gehen. Abseits des gewohnten Pfades gab es viel zu entdecken.

Von Beate Erler
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Der alte Indianer Wolfgang Kring und seine junge noch namenlose Stute. Der Höhepunkt für Apache, Pferd und Zuschauer in der Wahnsdorfer Prärie war der Ritt durch den Feuerkreis. Das Messerwerfen war nicht weniger gefährlich, blieb aber unblutig.
Der alte Indianer Wolfgang Kring und seine junge noch namenlose Stute. Der Höhepunkt für Apache, Pferd und Zuschauer in der Wahnsdorfer Prärie war der Ritt durch den Feuerkreis. Das Messerwerfen war nicht weniger gefährlich, blieb aber unblutig. © Norbert Millauer

Radebeul. Von wegen, ein Indianer kennt keinen Schmerz. Wenn es um sein Pferd geht, blutet schon mal sein Herz: In der Wahnsdorfer Prärie, sonst einfach nur die Wiese am Pfeifferweg, steht der Apache und trauert: „Mein jahrelanges Showpferd ist verstorben“, sagt der Indianer mit zitternder Stimme. Sein Ersatzpferd, eine junge Trakehner-Stute, hat noch keinen Namen: „Ich trainiere erst ein Jahr mit ihr“, sagt der Apache, der eigentlich Wolfgang Kring heißt. Bevor er ihr einen Namen geben kann, muss er sie erst besser kennen: „Ich kann sie ja nicht Wind nennen, wenn sie gar nicht schnell laufen kann“, sagt er.

Heute ist ihr allererster Auftritt vor Publikum und vor dem wollte sie sich drücken: Als die Stute schon im Anhänger stand, hat sie sich rückwärts unter einer kniehohen Stange durchgedrückt, um wieder rauszukommen: „Ich mache das schon sehr lange, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagt Wolfgang Kring, der bereits 70 Jahre alt ist. Heute ist er zum 17. Mal beim Karl-May-Fest als Stunt-Man dabei. Seine Stunts sind sonst waghalsiger, die Hindernisse höher und er steht auch mal auf dem Pferd, aber beim ersten Auftritt soll die Stute nicht überfordert werden.

Die Zuschauer bekamen Einiges zu sehen: Zum Beispiel den Chicken-Dance, der als Balztanz des Indianers zum Anlocken der Indianerin verstanden werden kann.
Die Zuschauer bekamen Einiges zu sehen: Zum Beispiel den Chicken-Dance, der als Balztanz des Indianers zum Anlocken der Indianerin verstanden werden kann. © Norbert Millauer

Die Zuschauer, die gekommen sind, drängen sich dicht an der Absperrung und jubeln, als das Pferd durch den brennenden Reifen springt. Und auch der Apache und seine Partnerin Ilona Hein scheinen erleichtert, dass alles geklappt hat. Auch der Trick mit der Banane, bei dem Wolfgang Kring an seiner Partnerin mit dem Künstlernamen „Tibi Wors“ vorbeireitet und das Obst mit einem Messer knapp über ihrem Gesicht zerteilt.

Von der Prärie in den Karl May-Hain am Museum in Radebeul Ost. Insgesamt fünf Stationen gibt es, damit sich die Gäste verteilen: „Zu den Festtagen strömen jährlich circa 30.000 Besucher. Solch eine Dimension wollten wir in diesem Jahr vermeiden“, sagt Anja Schaaf aus dem Radebeuler Amt für Kultur. Das Ziel, pro Station unter 1.000 Besucher zu bleiben, ist am Schönwettersamstag nicht in Gefahr. Von Besucheransturm oder Verkehrschaos, wie sonst bei den Festtagen üblich, ist nichts zu sehen.

Die Fans der Karl May-Festtage scheinen nicht so gern abseits der Pfade, so das diesjährige Motto, zu gehen. Vielleicht liegt das auch daran, dass diesmal keine echten Indianer zu Gast sind: „Leider können in diesem Jahr keine indigenen Völker teilnehmen“, sagt Anja Schaaf. „Um dennoch einen Einblick in das Thema zu ermöglichen, hat sich eine Indianistikgruppe bereit erklärt, Tänze und Gesänge vorzuführen.“ Und so stimmt am Samstag am Karl May-Museum eine Hobby-Indianistikgruppe aus Ostdeutschland auf das Cowboy- und Indianerfest ein: „Es ist wieder Pow-How-Zeit“, sagt der Häuptling der vierköpfigen Truppe.

Vor dem großen weißen Tipi tanzt er zu Indianergesängen aus der Musikbox im täuschend echt aussehenden Kostüm mit riesigen farbigen Tanzfedern auf dem Rücken, Federschmuck auf dem Kopf und schellenden Glocken an den Beinen. Vor allem Familien sind zum Auftakt des Festes gekommen: „Die Kinder freuen sich über die Goldschürfanlage“, sagt eine Mutter. Die wurde noch in letzter Minute gebaut, weil das zum Indianerfest einfach dazugehört, sagt der Geschäftsführer des Museums, Volkmar Kunze. Anfang der Woche hat er sie konzipiert und am Dienstag gemeinsam mit dem wissenschaftlichen Direktor, Robin Leipold, zusammengebaut.

Leuchten in ihren Kostümen, die ihre Tanzlehrerin Anne Dietrich aus Indien mitgebracht hat: Stephanie, Peggy und Lilly von Tanz-Art aus Kirschau.
Leuchten in ihren Kostümen, die ihre Tanzlehrerin Anne Dietrich aus Indien mitgebracht hat: Stephanie, Peggy und Lilly von Tanz-Art aus Kirschau. © Norbert Millauer

Auch Ausflüge nach Indien hat Karl May beschrieben - und deshalb dreht sich an der nächsten Station an den Streuobstwiesen in Altkötzschenbroda alles um Geschichten, Musik und Tanz aus dem Orient. Die großen Heuballen am Elberadweg sind schon alle besetzt und nach und nach kommen immer mehr Leute und verweilen. Angelockt werden sie vor allem vom indischen Gesang von Doreen Seidowski-Faust und dem Klang der Sitar, die Mario Faust spielt.

Die Beiden gehören zusammen mit Tänzerin Anne Dietrich zum Ensemble „Atmadhvani“ aus Dresden. Sie hat drei ihrer Schülerinnen aus dem Verein „Tanz-Art“ aus Kirschau mitgebracht, die bei ihr den indischen Tanz lernen. Für die Drei ist es der erste Auftritt überhaupt nach der Corona-Pause: „Wir haben lange nach einer Möglichkeit gesucht, mal wieder irgendwo auftreten zu können“, sagen sie. Dann müssen sie wieder nach draußen vor das Publikum der Karl May-Festtage der besonderen Art.