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Coswiger Bahnhof ist jetzt komplett barrierefrei

Nach dem Umbau der Gleise 1 bis 4 vor sieben Jahren fristete das Gleis 5 ein Schattendasein. Das ist nun vorbei. Und es gibt weitere Pläne.

Von Sven Görner
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Der Bahnsteig 5 des Coswiger Bahnhofs wurde komplett neu gebaut. Er war der letzte dieses wichtigen Umsteigepunktes.
Der Bahnsteig 5 des Coswiger Bahnhofs wurde komplett neu gebaut. Er war der letzte dieses wichtigen Umsteigepunktes. © Arvid Müller

Coswig. Ein Jahr lang hat die Deutsche Bahn im Coswiger Bahnhof gebaut. Nun sind die Arbeiten beendet und der von Grund auf erneuerte Bahnsteig 5 wurde am Montag offiziell in Betrieb genommen. Damit ist der Umsteigepunkt jetzt komplett barrierefrei. Mit 5.000 Ein- und Ausstiegen pro Tag ist der Bahnhof einer der wichtigsten in der Region, sieht man einmal von den großen in Dresden ab.

Wie Heiko Klaffenbach, Leiter des Bahnhofsmanagements Dresden, weiter sagte, waren 2013 bis 2015 bereits die Bahnsteige 1 bis 4 modernisiert worden. Der Bund, der Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) und die Deutsche Bahn investierten rund vier Millionen Euro in die letzte, wichtige Maßnahme für den barrierefreien Ausbau.

Dass diese sieben Jahre auf sich warten ließ, mag wohl auch mit an den komplizierten Bedingungen für die Planer und Bauleute gelegen haben. Denn eigentlich reicht der Platz für die heutigen Standards nicht aus. Statt den üblichen 2,75 Meter ist der neue Bahnsteig dann auch 25 Zentimeter schmaler. Das hat Folgen. „Für einen Aufzug, wie an den Gleisen 1 und 2 sowie 3 und 4 war so kein Platz“, erklärt Heiko Klaffenbach. Stattdessen wurde eine Rampe in den Bahnsteig eingebaut. Während der einjährigen Bauzeit musste sogar teilweise das bereits neu verlegte Gleis vier wieder herausgenommen werden, um die notwendige Baufreiheit zu haben.

Um die geforderte Steigung von maximal sechs Prozent zu garantieren, ist diese allerdings fast 70 Meter lang. Vor dieser befindet sich noch ein knapp 50 Meter langer schmaler Tunnel, der von der Unterführung abzweigt, die den Eingang des Bahnhofs mit den Aufgängen zu den übrigen Bahnsteigen beziehungsweise den Aufzügen verbindet.

Treppen gibt es am jetzt fertiggestellten rund 150 Meter langen Bahnsteig 5 übrigens nicht mehr. Auch für diese war kein Platz. Selbst wer gut zu Fuß ist, sollte daher nicht gar zu knapp vor Abfahrt des Zuges auf den Bahnhof kommen.

Schützendes Dach

Coswigs OB Thomas Schubert freut sich trotz des etwas weiteren Weges über den neuen Bahnsteig. Denn dessen Vorteile überwiegen deutlich. Schließlich kommen jetzt nicht nur Menschen im Rollstuhl problemlos und ohne Hilfe zum Zug, sondern auch Familien mit Kinderwagen oder die nicht wenigen Radfahrer haben es nun leichter. Und noch etwas hebt der Rathauschef hervor: Das Dach schützt nicht nur die Rampe vor Regen und Schnee, sondern ist so gebaut, dass auch die Wartenden auf einem Teil des Bahnsteigs im Trocknen stehen. Vor dem Umbau war das nicht der Fall.

Damit auch das Ein- und Aussteigen in die Züge problemlos funktioniert, wurde der Bahnsteig mit dem Neubau erhöht. Zudem verfügt er nun über ein Blindenleitsystem. Thomas Schubert erinnerte sich, dass zu Beginn seiner Arbeit im Rathaus, damals noch in ganz anderer Funktion, über den Umbau des Bahnhofs gesprochen worden war. „Da ging es auch noch um einen Tunnel unter den Gleisen in Richtung Kötitz, den sich die Bewohner des dortigen Ortsteils gewünscht hatten.“

Eine 70 Meter lange Rampe ermöglicht jetzt den barrierefreien Zugang. Das Dach schützt auch die auf dem Bahnsteig Wartenden.
Eine 70 Meter lange Rampe ermöglicht jetzt den barrierefreien Zugang. Das Dach schützt auch die auf dem Bahnsteig Wartenden. © Arvid Müller
Durch die Erhöhung des Bahnsteigs ist jetzt das niveaugleiche Ein- und Aussteigen möglich.
Durch die Erhöhung des Bahnsteigs ist jetzt das niveaugleiche Ein- und Aussteigen möglich. © Arvid Müller
Der Tunnel zur Rampe wird noch vom Coswiger Graffiti-Künstler Carsten Langner gestaltet.
Der Tunnel zur Rampe wird noch vom Coswiger Graffiti-Künstler Carsten Langner gestaltet. © Arvid Müller

Auch wenn daraus nichts geworden sei, „ist der Bahnhof jetzt deutlich attraktiver“. Dazu gehören auch die Umsteigemöglichkeiten in den Bus auf dem Vorplatz, die zahlreichen überdachten Fahrradstellplätze und nicht zuletzt der P+R-Parkplatz. Die Zahl der Fahrradabstellmöglichkeiten, so der OB, soll perspektivisch noch ausgebaut werden. Auch mit verschließbaren Plätzen. Einen Test für ein solches Angebot hatte es bereits gegeben.

Der Rathauschef bedauerte am Montag aber auch, dass sich die Bahn vom Bahnhofsgebäude getrennt hat. Versuche, eine neue Nutzung zu finden, waren bisher erfolglos. „Das Gebäude sieht draußen besser aus, als der Zustand im Inneren ist.“

Schon 66 Stationen sind barrierefrei

Burkhard Ehlen, Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Oberelbe, sagte, dass dank der Investitionen der vergangenen Jahre inzwischen 92 Prozent der Bahn-Fahrgäste im VVO eine der 66 barrierefreien Stationen nutzen. „Mit Unterstützung des Freistaates Sachsen wollen wir diesen Anteil künftig auf 98 Prozent erhöhen.“ Mit dem Geld, das im Bereich des VVO für die Finanzierung, des von der Bundesregierung angekündigten 9-Euro-Tickets benötigt wird, könnten laut Burkhard Ehlen fast alle noch fehlenden Stationen barrierefrei umgebaut werden. Das Gleis 5 in Coswig sei auch ein wichtiger Baustein für das Programm zum Ausbau der Strecke von Dresden nach Elsterwerda. Dieses soll perspektivisch aufgesplittet werden und dann S-Bahnen nach Riesa und Elsterwerda rollen.

Der Tunnel vor der Rampe, in dem zumindest am Tag neben LED-Leuchten auch zahlreiche Lichtschächte für Helligkeit sorgen, sieht momentan wenig einladend aus. Doch das soll sich ändern. Wie bereits in der großen Unterführung wird auch hier der Coswiger Designer und Graffiti-Künstler Carsten Langner für ein ansprechendes Aussehen sorgen. Erste Bleistiftstriche sind schon zu sehen. „Sobald es wärmer wird, geht es los“, sagt Heiko Klaffenbach.