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"Man kann in Coswig sehr gut leben"

Nach fast 16 Jahren in der Kommunalpolitik will der Vorsitzende der BnC-Fraktion im Coswiger Stadtrat, Christian Buck, einen Generationswechsel.

Von Udo Lemke
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Christian Buck gründete 2003 die Freien Wähler, die sich Coswiger Bürgerliste nennen, mit. Der Architekt, der im Dezember 70 wird, gibt den Vorsitz der Fraktion Bündnis für ein nachhaltiges Coswig an Alexander Stolle ab, bleibt aber im Stadtrat aktiv
Christian Buck gründete 2003 die Freien Wähler, die sich Coswiger Bürgerliste nennen, mit. Der Architekt, der im Dezember 70 wird, gibt den Vorsitz der Fraktion Bündnis für ein nachhaltiges Coswig an Alexander Stolle ab, bleibt aber im Stadtrat aktiv © Arvid Müller

Herr Buck, seit 2004 sind Sie im Coswiger Stadtrat. Was war der Punkt, wo Sie sich gesagt haben, ich will mitmachen in der Kommunalpolitik?

Wie so oft im Leben, war das ein Zufall. Ich habe in der SZ am 7. Februar 2003 die Nachricht gelesen, wonach neue Gesichter für den Stadtrat gesucht würden. Damals war ich 52 und habe mir gedacht: Immer nur meckern, das geht nicht, du musst mitgestalten, außerdem hast du jetzt genügend Lebenserfahrung, um dich einzubringen. Initiator dieses Aufrufs war der ehemalige langjährige Beigeordnete Bernhard Kroemer, der damit die Coswiger Bürgerliste gründete. Da ich diskussionsfreudig bin und viele Ideen hatte, hat er gesagt, ich solle die Satzung schreiben.

Warum fiel die Entscheidung für die Freien Wähler, die sich in der Stadt Coswiger Bürgerliste nennen. Sie hätten sich ja auch für eine andere Gruppierung oder eine Partei entscheiden können?

Ich würde nie in eine Partei gehen, ich war auch schon zu DDR-Zeiten in keiner Partei. Das ist für mich viel zu eng im Denken und im Handeln. Da kamen mir die Grundgedanken der Freien Wähler: Kein Fraktionszwang und kein Meinungszwang viel mehr entgegen. Darin sehe ich übrigens auch das Fundament für jegliche Demokratie. Für die Freien Wähler gilt: Wir diskutieren offen, alle Meinungen sind zugelassen, so lange sie nicht gegen menschliche oder demokratische Grundsätze verstoßen. Die Freiheit ist sehr groß, aber nicht grenzenlos, weil sie immer auch die Freiheit des anderen berührt. Wir haben im Stadtrat in der Fraktion oft unterschiedlich gestimmt, was immer auf Verwunderung gestoßen ist. Das Leben ist so: Ich bin 47 Jahre verheiratet, das heißt aber nicht, dass ich 47 Jahre immer dieselbe Meinung wie meine Frau haben muss.

Sie haben mit dem Bündnis für ein nachhaltiges Coswig (BnC) die größte aber auch die bunteste Fraktion im Stadtrat geführt. Was waren da die größten Herausforderungen?

Der Vorsitzende dieser Fraktion verkörpert kein Leitbild, nach dem sich alle zu richten haben. Er organisiert vor allem die Arbeit der Fraktion. Ich werde dieses Jahr 70 und da war ein Generationswechsel einfach angesagt. Ich glaube, in der Kommunalpolitik ist es ein Klischee, von rechts und links zu sprechen. Sie richtet sich nicht nach den Prinzipien der bundesdeutschen Parteien, sondern zuerst nach den Menschen und den Sachthemen.

Wie sehen Sie Coswig für die Zukunft aufgestellt, was sind die dringendsten Probleme, die gelöst werden müssen?

Dadurch dass Coswig noch im Speckgürtel von Dresden liegt, hat die Stadt ein unwahrscheinliches Potenzial. Ich glaube, man kann in Coswig sehr gut leben. Die Stadt bietet eine hohe Lebensqualität. Wir haben die Nähe zu Dresden, wir haben die Nähe zur Kultur, wir leben hier relativ schön im Grünen und wir haben für Familien ein tolles Schulsystem. Allerdings gibt es auch Dinge, die ich nicht regeln konnte, das hat natürlich immer etwas mit Bauen zu tun.

Woran denken Sie da?

Mir fehlt für Coswig ein Entwicklungskonzept für die Stadt, genauer, für das Stadtzentrum. Ich denke, viele in Coswig denken noch zu klein. Ein zweites Problem, ich bin ja auch Aufsichtsratsvorsitzender der Wohnbau- und Verwaltungs- GmbH Coswig (WBV), besteht darin, dass wir viel zu viele kleine Wohnungen haben. Wir müssen die Neubaugebiete umstrukturieren. Wir müssen bezahlbare, größere Wohnungen für Familien schaffen. Das ist eine Riesenaufgabe, die auf die WBV, auf die Stadt zukommt. Und natürlich haben wir auch in Zukunft dafür zu sorgen, dass unsere Rentner ordentlich wohnen können. Das trifft auch auf die Familien zu, die im unteren oder mittleren Rahmen verdienen. Das ist alles nicht leicht.

Wo sehen Sie die Coswiger Bürgerliste, die Sie mitgegründet haben, in zehn Jahren?

Man kann ja ganz deutlich erkennen, dass die Zeit der großen Volksparteien, die die Regierung stellen und das Land regieren, vorbei ist. Ich glaube, dass wir mit dem Bündnis für ein nachhaltiges Coswig der Zukunft vorgreifen. Man wird künftig Bündnisse schaffen müssen, um das Land zu regieren. Es wird nicht mehr eine Partei regieren, so wie es Biedenkopf konnte oder Reichenbach. Das ist vorbei. Man wird künftig für jeden Sachverhalt neue Mehrheiten aus unterschiedlichen Lagern suchen müssen – das ist für mich Demokratie. Es wird in Zukunft noch viel mehr Bürgerinitiativen und Bürgervereinigungen geben. Wir haben damals die Freien Wähler gegründet, damit Menschen, die sich nicht an eine Partei binden wollen, politisch aktiv werden können.

Wenn Sie zwei Wünsche frei hätten, welche wären das?

Für die Stadt wünsche ich mir, wie gesagt, ein Konzept für das Zentrum, um eine bessere Struktur zu schaffen. Wir müssen größer denken und Ideen entwickeln - wegen mir auch einmal spinnen. Privat wünsche ich mir, dass ich noch ein bisschen arbeiten und miterleben kann, wie meine Enkelkinder groß werden.

Die Fragen stellte Udo Lemke