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Selbstständig nach dem Abitur

Nach Ausbildungsversuchen zog es zwei junge Unternehmer aus Coswig und Dresden in den Internethandel.

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Erfolgreich im Online-Handel: Arnold Rangno (l.) aus Dresden und Philipp Jäger aus Coswig verdienen mit dem sogenannten Dropshipping ihr Geld.
Erfolgreich im Online-Handel: Arnold Rangno (l.) aus Dresden und Philipp Jäger aus Coswig verdienen mit dem sogenannten Dropshipping ihr Geld. © privat

Von Julian Wolf

Coswig. Acht Stunden am Tag suchen Arnold Rangno und Philipp Jäger nach neuen Produkten für ihren Online-Shop. Sie forschen nach neuen Marketingstrategien und entwickeln digitale Werkzeuge, sogenannte Tools für die Verbesserung ihrer Internetpräsenz. Am Nachmittag gibt es schnell etwas zu essen, dann geht die Arbeit weiter. Produkte werden eingepflegt und Werbeanzeigen in sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram programmiert. Manchmal geht es nebenbei noch zum Fotoshooting oder zum Kurzfilmdreh.

Um 4 Uhr in der Frühe ist dann Feierabend. Ein stressiger Tag für die beiden Jung-Unternehmer aus Coswig und Dresden, die - wie viele andere Abiturienten auch - lange nicht wussten, was sie beruflich einmal machen möchten.

Philipp Jäger absolvierte sein Abitur am Gymnasium Coswig. Danach suchte der inzwischen 21-Jährige zwei Jahre lang nach seinem Platz in der Berufswelt und begann ein Studium in Chemnitz. Parallel dazu beschäftigte sich der Coswiger mit dem Online-Vertrieb und dem Verkauf von Waren, besuchte unzählige Messen und reiste dafür sogar bis nach Salt Lake City in die Vereinigten Staaten. Seinen Eltern gefiel das nicht. Er sollte sich lieber etwas Sicheres suchen.

So fing Jäger eine Ausbildung zum Kaufmann an und wurde noch während der Probezeit gekündigt. Arnold Rangno, ebenfalls 21 Jahre alt, erging es ähnlich. „Ich war kein guter Schüler, musste einige Klassenstufen wiederholen. Meinen Eltern zuliebe machte ich dann doch das Abitur, studieren wollte ich aber auch nicht“, berichtet der Dresdner, der nach zwei Tagen in der Ausbildung zum Immobilienkaufmann ebenfalls gekündigt wurde. Die beiden hätten nicht ins Arbeitsklima gepasst. So schlossen sich Jäger und Rangno zusammen und meldeten ein Gewerbe für ihre neue Idee des Internethandels an.

Ihr Konzept basiert auf „E-Commerce“ und „Dropshipping“ - zwei Begriffe, die im Internet immer häufiger auftauchen. Doch was verbirgt sich eigentlich dahinter? „E-Commerce“ bezeichnet lediglich den elektronischen Handel. Verkäufe, die beispielsweise mit EC-Karten oder Online-Banking abgewickelt werden, zählen dazu. „Dropshipping“ beschreibt ein neuartiges Geschäftsmodell, das Risikofaktoren für Versandhändler reduzieren soll.

„Als klassischer Onlineshop-Betreiber musste man bisher viele Kosten tragen. Löhne für Mitarbeiter im Versand zahlen, große Mengen an Waren im Voraus einkaufen und dafür Lagerflächen anmieten“, erklären Philipp Jäger und Arnold Rangno. „Monatliche Fixkosten im fünfstelligen Bereich sind meistens Standard. Beim Dropshipping kommt man allerdings nie mit den eigenen Waren in Kontakt.“ Die Online-Händler bieten lediglich Einkaufsmöglichkeiten im Internet an. Ihre Produkte bewerben sie dann selbst - oftmals in den sozialen Medien. Spediteure kümmern sich um die Lagerung der Waren und versenden die Produkte an die Kunden.

Doch schnell das Kundeninteresse im Netz zu erkennen, erweist sich als große Herausforderung. „Man muss den Markt täglich analysieren und Trends erspüren können“, so das Unternehmer-Duo. „Unsere Produkte müssen nicht nur Problemlösung für bestimmte Zielgruppen sein, sondern auch einen Wow-Effekt haben. Die Aufmerksamkeitsspanne im Internet liegt heute nur noch bei wenigen Sekunden. Die Werbung muss also auch begeistern.“

Diese Mischung aus Verkäufer, Internet-Händler und Werbeagent scheint sich zu lohnen. „Wenn wir ein Produkt für 39,99 Euro verkaufen, bleiben rund 12 Euro Gewinn. Einen sechsstelligen Monatsumsatz haben wir nicht selten“, bemerken die beiden 21-Jährigen, deren Umsätze während der Corona-Krise und den damit verbundenen Geschäftsschließungen gewachsen sind.

Im kommenden Jahr wollen sie ihr Geschäft weiter ausbauen, aber auch etwas zurückgeben. „Wir wollen eine Charity-Reise unternehmen und dabei Kinder und Familien unterstützen, die nicht wie wir das Glück hatten, in einer Gesellschaft mit fließendem Wasser und Strom aufzuwachsen.“