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Radioaktiver Sportplatz wird saniert

Die Fläche in Freital wurde mit Abraum aus dem Bergbau angelegt. Der strahlende Boden soll nun unter die Erde.

Von Annett Heyse
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Falk Seliger (links) und Kai Oliver Dammer vom Oberbergamt stehen am Sportplatz in Kleinnaundorf. Genau hinter ihnen liegt der Teil der Spielfläche, dessen Boden ausgetauscht werden soll. Die Arbeiten können allerdings frühestens in zwei Jahren beginnen.
Falk Seliger (links) und Kai Oliver Dammer vom Oberbergamt stehen am Sportplatz in Kleinnaundorf. Genau hinter ihnen liegt der Teil der Spielfläche, dessen Boden ausgetauscht werden soll. Die Arbeiten können allerdings frühestens in zwei Jahren beginnen. © Andreas Weihs

Der Rasen ist kurz geschoren und sieht winterlich gelb aus. Doch das ist nicht das Problem. Das Problem liegt tiefer, unter der Grasnarbe des Kleinnaundorfer Sportplatzes. Dessen Spielfläche wurde unter anderem mit Abraum aus dem Steinkohlebergbau errichtet – und strahlt damit eine erhöhte Radioaktivität aus. Deshalb plant das Oberbergamt eine Sanierung. Eine Vorplanung ist bereits erarbeitet, die kürzlich im Technischen Ausschuss der Stadt Freital vorgestellt wurde.

Das entsprechende Papier hat Kai Oliver Dammer mitgebracht und faltet es nun auseinander. Dammer ist Referent im Oberbergamt, steht am Kleinnaundorfer Sportplatz und tippt auf eine Bauzeichnung. „Der Schacht befand sich hier“, sagt er und schaut hoch. Neben dem Sportplatz liegen einige Kleingärten, dahinter zerschneidet der Damm der ehemaligen Windbergbahn die Landschaft. Hinter dem Bahndamm, wo heute kleine Einfamilienhäuschen stehen, lag einst die Halde des Reiboldschachtes. Hier wurde der sogenannte Abraum abgelagert – die Bergleute waren lediglich auf die Steinkohle aus, die von 1837 bis 1871 im Reiboldschacht gefördert wurde. Er wurde anschließend verfüllt und verschlossen.

Das Haldenmaterial jedoch war nach dem Ende des Bergbaus noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein begehrtes Baumaterial. „Vielerorts und vermutlich auch hier wurde es beispielsweise für den Straßenbau verwendet“, sagt Kai Oliver Dammer. Als die Kleinnaundorfer Ende der 20er-Jahre ihren Sportplatz am Messweg bauten, nutzen auch sie das Material von der Reiboldschacht-Halde, um das abfallende Gelände aufzufüllen und zu begradigen.

Fragen nach einer möglichen Gefahr aufgrund der radioaktiven Strahlung kamen erstmals Anfang der 90er-Jahre auf. Damals untersuchten Experten den Sportplatz und wiesen auf Teilen der Fläche eine mittelgroße Radioaktivität nach. Zwar war keine Gefahr im Verzug, weil Menschen sich ununterbrochen ein Jahr lang auf der Fläche aufhalten müssten, um sich dieser mittelgroßen Dosis in vollem Umfang auszusetzen. Aber bei der Stadt Freital merkte man sich die Fläche als eventuellen Sanierungsfall vor.

Nun will das Oberbergamt im Rahmen eines Förderprogramms solche Altbergbauschäden beseitigen. Von der EU werden 80 Prozent der Kosten übernommen, das Land Sachsen gibt 20 Prozent dazu. Die Kosten belaufen sich voraussichtlich auf mindestens 525 000 Euro.


© SZ

Geplant ist, einen rund 100 Meter langen und knapp 25 Meter breiten Streifen zwischen dem Messweg und der Spielfeldmitte abzutragen. Der belastete Boden soll westlich des Sportplatzes am Fuße des Bahndamms aufgeschüttet werden. Die Kleingärten, die sich dort derzeit noch befinden, verschwinden – den Pächtern wurde bereits gekündigt. Ist das Material komplett umgelagert, wird es mit einer wasserundurchlässigen Tonschicht abgedeckt. Darauf kommt dann Erdreich, welches bepflanzt werden kann.

Weil in den abgelagerten Problem-Boden kein Wasser mehr eindringen kann, muss zudem ein Regenbecken angelegt werden, welches das Niederschlagswasser auffängt. Unklar ist noch, ob das Wasser dann zeitverzögert in die Kanalisation abgegeben wird oder ein Feuchtbiotop entsteht, in dem das Wasser verdunsten soll. „Bis jetzt reden wir über Vorplanungen, die Sache mit dem Regenbecken ist noch nicht abschließend geklärt“, sagt dazu Freitals Baubürgermeister Jörg-Peter Schautz.

Fest steht hingegen, dass der Sportplatz vorerst eine Spiel- und Freizeitfläche bleibt. Der abgetragene Bereich wird mit neuem Material aufgefüllt und der jetzige Zustand des Sportplatzes wieder hergestellt. Die Bindefrist der Förderung beträgt fünf Jahre. Vorausgesetzt, die Bauarbeiten können wie jetzt geplant, Ende 2020 starten und werden ein knappes Jahr dauern, bleibt der Sportplatz auf jeden Fall bis 2026 in seiner jetzigen Form erhalten. „Da werden in Kürze auf gar keinen Fall Wohnhäuser gebaut“, sagt Jörg-Peter Schautz und tritt damit Gerüchten entgegen, die Stadt wolle das Gelände gewinnbringend vermarkten.

Zusätzliches Geld will Freital aber keinesfalls in die Anlage investieren und verweist auf das Sportstättenkonzept: Darin ist vorgesehen, für den Freizeit- und Schulsport in Kleinnaundorf das Gelände an der Turnhalle weiter auszubauen. Was aus dem alten Sportplatz nach 2026 wird, ist ungewiss. Schautz: „Das wird im Rahmen der Flächennutzungsplanung und der Stadtentwicklung diskutiert werden.“