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Rastloser Blaublüter mit Spitzenweingut: Georg Prinz zur Lippe

Meißen - „Es war die richtige Entscheidung.“ Georg Prinz zur Lippe steht im Park von Schloss Proschwitz bei Meißen und schaut auf die Reben hoch über dem kleinen Teich am Waldrand. Hier hat der Unternehmensberater...

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Von Simona Block

Meißen - „Es war die richtige Entscheidung.“ Georg Prinz zur Lippe steht im Park von Schloss Proschwitz bei Meißen und schaut auf die Reben hoch über dem kleinen Teich am Waldrand. Hier hat der Unternehmensberater und Landwirt nach der Wiedervereinigung seine familiären Wurzeln wiedergefunden und eine spannende Aufgabe übernommen: ein Weingut und eine Spezialitätenbrennerei aufzubauen sowie das Schloss seiner Ahnen zu rekonstruieren. Proschwitz ist seit 1996 das einzige sächsische Weingut im Verband der deutschen Prädikats- und Qualitätsweingüter.

Die Familie des Prinzen zur Lippe gehörte bis 1918 zu Deutschlands regierenden Fürstenhäusern. Ein Zweig siedelte sich im 18. Jahrhundert in Sachsen an. Bis zur entschädigungslosen Enteignung 1945 unterhielten sie Betriebe im Weinbau, in der Land- und Forstwirtschaft, in Gartenbau sowie Steinindustrie und Sägewerke. Nach der Wende erkundete Georg zur Lippe - zuvor unter anderem Unternehmensberater bei Roland Berger - die Heimat seiner Väter und verliebte sich in die Landschaft.

Früher Weinbau Hobby

Früher sei der Weinbau Hobby gewesen, heute Beruf. Wegen seiner „Grand Cru“-Lagen, dicke Lösslehmböden auf rotem Granit-Felsen, zählt Schloss Proschwitz zur deutschen Spitzenklasse. „Hundertprozentige Qualität im Wein, höchste Mitarbeiter-Motivation, Aus- und Weiterbildung auf hohem Niveau und Kommunikationsfähigkeit“, beschreibt der Prinz sein Erfolgsgeheimnis. Dank seiner Devise, auf Qualität statt Quantität zu setzen, werden seine Rot- und Weißweine seit einigen Jahren in Nobelhotels oder bei Staatsempfängen gereicht.

Dabei musste der „Weinprinz von Sachsen“ die Weinberge - ebenso wie das Schloss - mit Erspartem und hohen Krediten Stück für Stück zurückkaufen. Selbst zerstörerische Fröste brachten ihn nicht vom Kurs ab. „Aufgeben gibt es nicht“, meint der umtriebige Geschäftsmann, den seine Frau kurz „Schorsch“ nennt. „Aber Grenzen zu überwinden, etwas aufzubauen liegt im lippischen Blut.“ So investierte er in 79 Hektar Weinberge sowie Gebäude und Technik „einen zweistelligen Millionenbetrag“.

Für den Aufbau der Kellerei erwarb der Prinz einen mehr als 300 Jahre alten Vierseithof im benachbarten Zadel. Hier reift der begehrte Tropfen nicht nur in alten Holzfässern, sondern auch mit Hightech überwacht in modernen Edelstahlbehältern. Das einst dem Bischof von Meißen gehörende Weingut - mit über 800 Jahren wohl eines der ältesten im Osten Deutschlands - ist auch unter Reisenden ein Geheimtipp. Dort gibt es - von Ehefrau Alexandra liebevoll ländlich eingerichtete - Pensionszimmer im Gästehaus, große Tagungsräume und ein Restaurant.

Parallel dazu wurde das 1706 errichtete Schloss in Proschwitz herausgeputzt. Es gelangte Anfang des 20. Jahrhunderts in den Besitz der Familie. Dort lebte einst Friederike Freifrau von Carlowitz, die Großmutter des Prinzen, verheiratet mit Prinz Clemens zur Lippe- Weißenfeld. 1943, nach ihrem Tod, beschlagnahmten es die Nationalsozialisten. Nach dem Krieg diente es als Lazarett, später als Krankenhaus für TBC-Kranke sowie Schule für körperlich und geistig behinderte Kinder.

32 Wappen im Kaminsaal

Unter der historischen Holzdecke im Kaminsaal, den die 32 Wappen der mit den Lippes verbundenen Adelsfamilien zieren, finden heute Konzerte, Hochzeiten, Firmentagungen oder Konferenzen statt. „Das Haus muss Geld verdienen“, sagt die Prinzessin. Elf Suiten und Appartements werden das Angebot komplettieren. Die Lippes selbst leben - nach Jahren der Enge im unsanierten Dienerhaus - in der rekonstruierten Gärtnerei auf dem Schlossareal.

„Ich bin ohne den goldenen Löffel aufgewachsen“, betont Prinz Georg, ein entfernter Neffe der niederländischen Königin Beatrix. Noch immer fließen Honorare und Erträge nicht in die Privatschatulle. „Alles, was verdient wird, wird wieder investiert.“ Seine Frau, eine Journalistin, arbeitet für das Deutschlandradio. Seit vier Jahren komplettiert Sohn Moritz die Familie, „ein kluges Bürschchen“, wie der Vater nicht ohne Hoffnung auf den Erben anmerkt. „Es wäre schön, wenn er später Lust haben sollte, hier weiterzumachen. Aber ich werde ihn nicht manipulieren.“ (dpa)