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Rathener Bahnhof ab 6.000 Euro zu haben

Bei der Auktion ist das Mindestgebot niedrig. Die Gemeinde hofft, dass nun der letzte Schandfleck im Kurort verschwindet.

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Von Lars Kühl

Wer noch ein außergewöhnliches Weihnachtsgeschenk sucht, hat jetzt die Chance, beim Bahnhof Rathen zuzuschlagen. Das Gebäude linkselbisch in Oberrathen soll am 1. Dezember bei einer Versteigerung unter den Hammer kommen. Das Mindestgebot liegt bei lediglich 6.000 Euro.

Die Startsumme ist damit sogar höher als bei vielen weiteren der rund 60 Angebote bundesweit, die das Auktionshaus Karhausen vom 1. bis 3. Dezember im Meistersaal im Borsigturm in Berlin-Tegel an den Mann oder die Frau bringen will. Die Startpreise liegen zwischen 300 Euro und 16.000 Euro, teilt das Auktionshaus mit. Oft sind sie mit etwa der zweifachen Jahresmiete kalkuliert, die die Deutsche Bahn meist noch zahlt.

Im Kurort Rathen wurde mit den dreifachen Jahreseinnahmen gerechnet. „Reines Bauchgefühl“, sagt Auktionator Matthias Knake. „Wir gehen davon aus, dass mehr erzielt wird.“ Schließlich befinde sich das Objekt in attraktiver Lage. „Zentrumsnah“ und „verkehrsberuhigter Bereich“ steht im Exposé. Auch die Umgebung im Herzen der Sächsischen Schweiz sei herausragend. Ideal für Ausflugsgäste.

Soweit die Theorie. Denn bisher scheiterten alle Pläne für das Bahnhofsgebäude. Seit knapp 15 Jahren steht das Haus jetzt leer, schätzt Jörg Ettrich, der in der Nachbarschaft ein Hotel und Restaurant betreibt. Zwar sind die Namensschilder für die zwei ehemaligen Wohnungen in der ersten und zweiten Etage noch nicht abmontiert, wohnen tut hier allerdings schon lange niemand mehr. Strom, Wasser und Abwasser sind zwar theoretisch vorhanden, aber vom Netz getrennt. 6.000 Euro seien für den Kauf relativ wenig, erklärt Ettrich, an Sanierungskosten schätzt der Hotelier allerdings 150.000 Euro. Zu teuer für Rathens letzten Schandfleck, wie das Haus im Ort allgemein bezeichnet wird. „Normalerweise müsste die Gemeinde das Bahnhofsgebäude kaufen und instand setzen“, sagt er.

Gemeinde hat kein Interesse

Doch die hat daran kein Interesse. „Wir haben schon darüber diskutiert“, sagt Bürgermeister Thomas Richter (parteilos). „Aber die Kommune hat dafür keine Nutzung.“ Der Ortschef wäre aber froh, wenn an dem Objekt endlich was gemacht werden würde. Das hofft auch Auktionator Knake. „Dass das mal wieder ein schönes Haus wird.“Im Moment ist der Anblick eher jämmerlich. Außen blättert der Putz ab. An der Bahnseite ist eine Scheibe eingeschlagen, dahinter hängt eine arg vergilbte Gardine. Das Dach scheint allerdings in Ordnung zu sein.

Die eigentliche Empfangshalle, in der sich Ladeneinheiten, der Fahrkartenschalter und der Durchgang zum Bahnhof befinden, ist verschlossen. Vor der Tür liegt Taubendreck. An den Fenstern klebt dicker Staub. Die Bahnhofsuhr ist stehen geblieben. Drinnen steht ein Aufsteller. „Postkarten, Wanderkarten, Zeitungen, Zeitschriften“ steht da drauf. Doch eingekauft hat hier schon lange niemand mehr.

Damit sich das ändert, soll bei der Auktion ein neuer Investor gefunden werden. Was der dann macht, ist völlig offen. Ferienwohnungen sind wegen der Ruhestörung durch die vorbei ratternden Züge eher unwahrscheinlich. Ettrich schlägt etwas für Aktivurlaub wie einen Fahrradverleih vor. Und dann gibt es da immer noch die seit Jahren kursierende Idee einer Fahrradpension.

Interessenten, die am 1. Dezember nicht nach Berlin kommen wollen, können auch telefonisch oder schriftlich mitbieten. Um das vorzubereiten, sollte man sich möglichst schnell mit dem Auktionshaus in Verbindung setzen.