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Rechtsextremer Zuwachs für Meißen

Aktivistin Ester Seitz hat ihren Umzug in die Stadt angekündigt. Sie hat keine Berührungsängste gegenüber Neonazis.

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© SZ/Uwe Soeder

Von Peter Anderson

Meißen. Die Einzugsfeier fällt nobel aus. Im exklusiven Gin House am Dresdner Neumarkt hat die rechtsextreme Aktivistin Ester Seitz am Sonntag mit Gleichgesinnten auf „ihre Einbürgerung“ nach Sachsen angestoßen. So ist es jedenfalls auf der Facebookseite der jungen Frau zu lesen. Ein paar Kommentare weiter wird es konkreter. Sie sei nach Meißen gezogen, um dort zu bleiben, heißt es. „Private Gründe sind es eher weniger.... Wenn die Möbel mal stehen und man in der Küche kochen kann, schreibe ich noch was längeres dazu“, fährt Ester Seitz fort.

Die Neu-Sächsin ist mit ihren 22 oder 23 Jahren bereits ein bekannter Name in der Szene. Von Einheizer und PI-Autor Michael Mannheimer wird sie als „talentierteste deutsche Jungpolitikerin“ gefeiert. Wer ihren Namen in eine Suchmaschine im Internet eingibt, findet unzählige Einträge zu Auftritten bei rechtspopulistischen bis rechtsextremen Demonstrationen. Die Orte sind über die gesamte Republik verteilt. Die junge Frau muss beständig auf Achse sein.

Bilder zum Umfeld, in dem sich die Aktivistin bewegt, sind unter anderem auf den Internet-Seiten der Wochen-Zeitung Die Zeit zu finden. Im Blog-Bereich wird so über eine Demonstration im Frühjahr 2016 in Bruchsal bei Karlsruhe berichtet. Ester Seitz agierte dort mit schwarz-weiß-roter Fahne in der illustren Gesellschaft etwa der Kameradschaft Zweibrücken, die einen Reichsadler mit V 2-Rakete in den Klauen als Maskottchen führt, sowie den „Divisionen“ Wolfsburg, Thüringen und Nord-Schwarzwald. Mitglieder der letzteren bezeichnen sich selbst als „die Jungs fürs Grobe“ und sehen auch genau so aus.

Übereinstimmenden Berichten zufolge stammt Ester Seitz aus Neumarkt in der Oberpfalz. Die Stadt ist bekannt als Sitz von Deutschlands größter Biobier-Brauerei und zeichnet sich darüber hinaus höchstens durch eine hohe Dichte an Spielhallen aus. Seitz’ ursprüngliche, etwa 2015 gegründete Plattform nennt sich „Widerstand Ost West“ und sollte offenbar die unzähligen Protestgruppen am rechten Rand sammeln und vernetzen. Nationalisten, traditionelle Skinheads, Islamgegner, rechtslastige Hooligans und freie Kräfte der Identitären Bewegung – alle waren willkommen. Mittlerweile ist es um diesen Versuch allerdings recht still geworden. Eigenen Angaben zufolge hat sich die junge Frau die politische Arbeit als Beruf erkoren. In einem Artikel von Spiegel Online wird sie zudem mit den Worten zitiert, sie habe den Auftrag von Gott, die Deutschen zu schützen.

In Sachsen ist die Oberpfälzerin bereits längere Zeit zugange. Ende Juni vergangenen Jahres nahm sie so an einem Protestmarsch gegen eine Asylbewerber-Unterkunft in Freital teil. Mitte Januar meldete „Widerstand Ost West“ eine Anti-Asyl-Kundgebung in Bautzen an. Weitere Aktivitäten folgten.

Im Landkreis Meißen wird die Rechtsextremistin von Gleichgesinnten mit offenen Armen aufgenommen. So schreibt der AfD-Kreisverbandsvorsitzende Rene Hein unter seinem Facebook-Pseudonym Paul Pauke: „Willkommen in der dunkelsten Ecke von Dunkeldeutschland. Es wird dir bei uns gefallen. Ganz sicher.“

Die Verbindung zwischen Ester Seitz und der AfD wurde spätestens am 3. Oktober bei den zentralen Einheitsfeiern in Dresden offensichtlich. Dort sprach sie zusammen mit der Organisatorin der rechtslastigen Wellenlängen-Bewegung im Raum Dresden Madeleine Feige bei einer Kundgebung auf dem Fußgängerweg des Blauen Wunders. Die in Meißen wohnende Madeleine Feige ist auch AfD-Mitglied.

Die Arbeit an einer Querfront am rechten Rand sei jedoch ihre Privatsache, so Sachsens AfD-Vize Thomas Hartung auf eine frühere SZ-Anfrage.