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Region unter Europas Top-Reisezielen

Das Branchenbarometer des Sparkassenverbands bescheinigt Ostsachsen eine rasante Entwicklung – sieht aber auch Gefahren und Defizite.

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Von Michael Rothe

Der Regierungsbezirk Dresden zählt zu den 30 wettbewerbsfähigsten Tourismusregionen Europas. Das bescheinigt das Tourismusbarometer des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes der Region. Die jährliche Analyse gilt nicht als irgendein, sondern als das Ranking der Branche.

„Mit diesem Platz und einem Index von 6,6 steht Ostsachsen sehr gut da“, sagt Karsten Heinsohn vom Beratungsunternehmen DWIF Consulting Berlin, das die Untersuchung im Auftrag des Sparkassenverbandes durchführt. „Dabei zieht die Stadt Dresden die gesamte Region mit“, so der Projektleiter gegenüber der SZ. Ohnehin boome der deutsche Städtetourismus, und davon profitiere das Umland. Vor einem Jahr hatte der Raum Dresden in dem Vergleich noch auf Platz 61 gestanden. Zum Vergleich: Die Liste wird von der französischen Hauptstadt Paris mit einem Index von 10,0 angeführt. Schlusslicht ist auf Platz 228 Rumänien-Südost (1,0).

Konkurrenz in Europa schwächelt

Diese Noten ergeben sich nach Auswertung von 38 Indikatoren: von Übernachtungszahlen und Bettenauslastung über Investitionen bis hin zu Umsatz und Beschäftigtenzahl. Selbst die Fluganbindung wird berücksichtigt. Ergebnis ist eine Positionsbestimmung des Deutschlandtourismus im nationalen und internationalen Vergleich – bei Fünf-Sterne-Hotels, aber auch bei Eisdielen und Campingplätzen. Sie gibt Aufschluss über die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus, analysiert die Entwicklung im Vergleich zu Mitbewerbern und gibt Touristikern Empfehlungen.

In Deutschland sind nur Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Oberbayern, Schleswig-Holstein, Darmstadt, Weser-Ems und Freiburg besser als der Großraum Dresden. Die Regierungsbezirke Leipzig und Chemnitz folgen auf den Plätzen 70 und 87. Tourismusbarometer-Chef Heinsohn gibt aber zu bedenken: „Die guten Resultate sind weniger der Stärke der deutschen Regionen geschuldet, als vielmehr der Schwäche der europäischen Konkurrenten.“ Die hätten viel mehr unter der Krise gelitten.

Laut Holger Zastrow, FDP-Fraktionschef im sächsischen Landtag, profitiert die Tourismuswirtschaft mit 289000 Beschäftigten im Freistaat auch von der ermäßigten Mehrwertsteuer. Jene umstrittene Absenkung im Januar 2010 von 19 auf sieben Prozent sei „richtig“ gewesen. „Da wird jetzt kräftig investiert, und wir sichern Arbeitsplätze hier im Freistaat“, sagt er. Zudem sei ein „schwerer Wettbewerbsnachteil“ gegenüber Tschechien und Polen abgeschafft worden.

„Der Tourismus boomt trotz Schuldenkrise.“ So lautet das Fazit des Tourismusbarometers. Dass sich ausgerechnet der Sparkassenverband dauerhaft mit der Branche befasst, kommt nicht von Ungefähr. Immerhin machen die Geldhäuser erkleckliche Geschäfte mit dem Gastgewerbe, wird die Branche auch für den Regierungsbezirk Dresden als „prägend“ eingestuft – mit Ausnahme des Landkreises Görlitz, wo er als „nachrangig“ gilt.

Der Tourismus in Deutschland wuchs im ersten Halbjahr um 7,9Prozent zum Vorjahreszeitraum und liegt damit deutlich über dem Weltniveau (4,5 Prozent), heißt es vom Sparkassenverband. Schon 2010 sei die Bundesrepublik mit 380 Millionen Übernachtungen beliebtestes Urlaubsland Europas gewesen – das dritte Mal in Folge.

Naziterror schreckt Ausländer ab

Auch die Deutschen selbst haben nach der Krise wieder mehr in der Tasche – und lassen sich auch den Urlaub wieder etwas kosten. Firmen geben mehr für Geschäftsreisen und Veranstaltungen aus. Das spürt vor allem die Hotellerie. Weniger euphorisch sind die Gastwirte, denen nach umsatzschwachen Jahren Geld für Investitionen fehlt.

Die Zahl der Übernachtungen aus dem Ausland stieg im Bundesmittel um 5,6 Prozent, der Anteil der ausländischen Gäste von zwölf auf 16Prozent. In diesem Segment hat Dresden, wie der gesamte Osten, mit nur einstelligen Zahlen noch erheblichen Nachholbedarf.

Der Tourismusexperte Karsten Heinsohn spricht von einem „traditionellen Defizit, das sich nicht von heute auf morgen beheben lässt“. Der bekannt gewordene Terror durch Neonazis mache diese Aufgabe nicht leichter. Auch seien gut 20 Jahre nach der deutschen Einheit Reinvestitionen nötig, warnt Heinsohn. „Der Infrastrukturvorsprung des Ostens ist aufgebraucht.“