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Reizende Raupen

Von Raupen kahlgefressen. Das kann schon mal vorkommen. Aber diese Raupe ist auch für den Menschen unangenehm.

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© privat

Von Birgit Ulbricht

Großenhainer Land. Straßenmeister Wolfgang Keßler hat die Eschen im Blick. Was kaum einem Autofahrer auf der Staatsstraße zwischen Lenz und Großdobritz auffällt, etwa im Höhe des Abzweiges Böhla – die jungen Bäume am Straßenrand sind auch dieses Jahr komplett entlaubt. Letztes Jahr holte die Straßenmeisterei eigens die Firma Cityforest, aber die Chemiekeule hat offenbar wenig gewirkt. Kein Wunder. Der Raupe, die hier ihr Gespinst spinnt, macht das nämlich wenig aus. Denn wahrscheinlich bekommen die Bäume Besuch vom Goldafter, einem Nachtfalter, der mit goldenen Haaren am Hinterleib sein Nest baut, einwebt und abdeckt. Auch der erwachsene Falter hat diesen gut erkennbaren „goldenen Po“. Das Dumme ist nur, bei den goldenen Haaren handelt es sich um Brennhaare. Diese können zu sehr unangenehmen Hautreaktionen führen – ähnlich wie bei Eichenprozessionsspinner. Vor dem wird in besonders befallenen Gebieten schon mit Achtungsschildern gewarnt, denn die Nesselfalter haben die unangenehme Angewohnheit, sich aus ihren Gespinsten auf Passanten oder Radfahrer herabzulassen. Deshalb warnen viele Kommunen an Gemeindewegen und -straßen.

An der Straße zwischen Lenz und Großdobritz sind Straßenbäume zum großen Teil völlig kahlgefressen.
An der Straße zwischen Lenz und Großdobritz sind Straßenbäume zum großen Teil völlig kahlgefressen. © Klaus-Dieter Brühl

Kommunen stellen Schilder auf

Immerhin werden Raupenallergien versicherungstechnisch als Unfall behandelt – wie übrigens auch ein Zeckenbiss. Nur dass es bei Letzterem eigentlich unmöglich ist, nachzuweisen, wo man sich die Zecken aufgelesen hat. So versuchen Städte und Gemeinden vor allem in touristisch frequentierten Gebieten in der Nähe nesselnden Raupenkolonien wenigstens der Haftung per Verkehrsschild zu entgehen. Denn der Hautkontakt kann auch Tage später noch schmerzhafte Ausschläge hervorrufen. Eine einzige Raupe hat etwa 600 000  Brennhaare. Der Hautkontakt mit den lustig aussehenden Puscheln sollte daher unbedingt vermieden werden. Bei der Beseitigung solcher Gespinstnester sind dichte Handschuhe daher unbedingt erforderlich, sagt auch Stefan Gräfe von Cityforest. Das gilt auch fürs heimische Grundstück: denn selbst vor Wäschespinnen, Möbeln, Rutschen und Kinderspielzeugen machen die Raupen keinen Halt. Das Schlimme ist, dass sie alles umspinnen. Sie haben einen Gespinstfaden, mit dem sie sich festkleben. So können sie sogar an den Ausgangsort zurückziehen. Die Raupen fliegen an diesen Fäden umher und setzen sich auf Haare, Kleidung und auch die Haut von Menschen. Wird die Raupe gestört, brechen die Nesselhaare ab – und bleiben dann noch jahrelang wirksam.

Wer mit dem Haaren in Berührung gekommen ist, sollte sich sofort duschen, Haare waschen (mit Seife abspülen, aber nicht reiben) und die Kleidung wechseln. Auf keinen Fall natürlich kratzen, raten Ärzte. Die Haut lässt sich auch gut mit Klebestreifen von den Haaren befreien. Die Kleidung sollte anschließend luftdicht und separat abgelegt und bei mindestens 60 Grad gewaschen werden. Bei sehr starkem Juckreiz oder anderen auffälligen Symptomen hilft nur der Gang zum Arzt. Wer im heimischen Garten mit der reizenden Raupe konfrontiert wird, kann die betroffenen Äste und Zweige – gut geschützt – nur abschneiden und verbrennen. Die chemische Keule hilft nicht.