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Respekt oder Platzverweis

Schiedsrichterin Jasmin Eisold aus Niesky mangelt es in der Männerdomäne Fußball nicht an Selbstbewusstsein.

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© André Schulze

Von Alexander Kempf

Zweimal hat Jasmin Eisold in ihrer Zeit als Schiedsrichterin schon die Rote Karte gezückt. Beide Male sind danach Polen vom Platz geflogen. „Ich bin nicht ausländerfeindlich“, sagt die junge Frau aus Kosel. Sie lasse sich aber nicht ungestraft beleidigen. Den beiden Polen ist jeweils das gleiche Wort zum Verhängnis geworden. „Was Kurwa heißt, das weiß man“, stellt Jasmin Eisold klar. Die 19-Jährige hat es in beiden Fällen mit „Hure“ übersetzt und somit als persönliche Beleidigung verstanden.

In Polen wird das Wort aber auch gerne als Füllwort zum Fluchen benutzt. Dann bedeutet es eher so viel wie „Mist“ oder „Scheiße“. Sind die Platzverweise berechtigt gewesen? Das entscheidet allein der Schiedsrichter oder besser die Schiedsrichterin, in diesem Fall also Jasmin Eisold. Die junge Frau hat in beiden Situationen bewiesen, dass sie keine Angst davor hat, unbequeme Entscheidungen zu treffen.

Autorität und Konsequenz braucht es auf dem Rasen, wenn der Referee nicht selbst zum Spielball werden soll. Jasmin Eisold kann sich durchsetzen. „Wenn ich auf dem Platz stehe, dann haben die Spieler zu spuren“, sagt sie mit einem charmanten Lächeln. Wer Anstand und Spielregeln nicht respektiert, dem ergeht es wie den beiden Polen. „Es macht schon ein bisschen Spaß, wenn 22 Männer nach meiner Pfeife tanzen müssen“, gesteht die Schiedsrichterin. Unterschätzt werde sie von den Männern selten. Mit ihnen sei der Umgang auf dem Platz sogar oft unkomplizierter. „Frauen zicken rum. Die pfeife ich nicht so gerne“, erzählt Jasmin Eisold.

Frauenfußballmannschaften gibt es auch im Landkreis Görlitz einige. Als Schiedsrichterin ist Jasmin Eisold aber ein echter Exot. Sie ist eine der wenigen Frauen im Landkreis mit der Lizenz zum Pfeifen. Zwar dürfe sie nur Spiele der beiden untersten Ligen leiten. Doch mehr als Kreisklasse und Kreisliga reize sie auch gar nicht, erzählt sie. Denn dann würden die Wege zu den Spielen noch länger. Einmal ein Bundesligaspiel pfeifen? Solchen Träumen jagt Jasmin Eisold nicht nach. „Man müsste sich dann komplett auf das Schiedsen konzentrieren“, sagt sie. Dafür kickt die 19-Jährige aber selbst viel zu gerne. Seit dieser Saison spielt sie für die Damen von Uhsmannsdorf. Ihr Heimatverein als Schiedsrichterin ist und bleibt Trebus.

Die Liebe zum Fußball verdankt Jasmin Eisold ihrem Vater. Der hat sie schon im Kinderwagen mit auf den Platz genommen. Steffen Eisold ist lange Jahre Torwart bei Motor und Eintracht Niesky gewesen. Später kickt er wie die Tochter in Trebus. Ihr Vater hat Jasmin Eisold vor zwei Jahren auch zu einem Schiedsrichterlehrgang mitgenommen. Zwei Tage habe der gedauert. Nach absolviertem Theorieteil und einem Lauftest darf die junge Nieskyerin schließlich zur Pfeife greifen. „Ich habe mich auch immer über andere Schiedsrichter aufgeregt“, erzählt Jasmin Eisold. Darum ist sie angetreten, es selbst besser zu machen.

Ob sie den Job auch anderen Frauen empfehlen kann? „Wenn sie Mut haben, dann schon“, sagt Jasmin Eisold. Immerhin gibt es pro Spiel auch etwas Taschengeld vom Verband. Dafür investieren die Schiedsrichter aber viel Freizeit. Mithilfe einer Internetplattform werden sie auf verschiedene Partien angesetzt. Auf dem Platz müssen sie auch die Spieldaten sammeln und anschließend weiterleiten. Auf ihren Schultern lastet viel Verantwortung. Jasmin Eisold übernimmt die gerne.

Der Umgang mit Menschen liegt ihr ohnehin. Nach einem Praktikum im Martinshof in Rothenburg will Jasmin Eisold ab Herbst in Görlitz Heilpädagogik studieren. Umziehen wird sie nicht. In Rietschen teilt sie sich das Haus ihrer Oma mit einer Katze. Die gelernte Sozialassistentin mag das Landleben. „Ich bin nicht so ein Girlie“, sagt sie. Töppen statt High Heels an den Füßen, Festivalbändchen statt Armreifen am Handgelenk – Jasmin Eisold macht, was ihr gefällt, und muss nicht anderen gefallen.

Vater Steffen Eisold ist sehr stolz auf seine Tochter. Die könnte bald noch mehr weibliche Unterstützung erhalten. Denn auch ihre 13-jährige Schwester Sophia überlegt, bald einen Schiedsrichterlehrgang zu absolvieren. Ihre Familie lebt und liebt für den Fußball.

Der Artikel wurde am 4.8.2016, 19.12 Uhr, überarbeitet.