Von der "Hölle" bis Glaubitz - So steht es um den Bahnbau

Nünchritz/Glaubitz. Tausende Bahnreisende zwischen Riesa und Dresden wissen gar nicht, dass sie jeden Tag durch die "Hölle" müssen, wenn sie zur Arbeit fahren. So nennen die Einheimischen ein kleines sumpfiges Gebiet an der Bahnstrecke zwischen Naundörfchen und Weißig. Hier gibt es einen schmalen Tunnel im Bahndamm, durch den auch Busse fahren können. Entsprechend hoch ist der Damm in dieser Senke.
Für die Gleisbauer der aktuellen Bahnbaustelle Zeithain-Leckwitz ist die "Hölle" tatsächlich eine Herausforderung. Denn hier funktioniert es nicht so einfach, Spundwände in den Boden zu rammen, um eine neue Bahnüberführung bauen zu können. "Die Spundwände müssten deutlich länger sein", weiß Jörg Seebach. Der Radebeuler ist seit Ende letzten Jahres der Realisierungsmanager der Deutschen Bahn vor Ort, der die mehr als acht lange Baustelle überwacht.
Die "Hölle" bei Naundörfchen könnte zur richtigen Hölle werden, wenn sich die Planer für die gleiche Bauweise wie am Haltepunkt Glaubitz entschieden hätten. Dort wurden die Spundwände in den Bahndamm gerammt, um ein Gleis neu bauen zu können, während auf dem anderen noch Züge fahren können.
Für die Bahnüberführung in der "Hölle" haben sich die Spezialisten für eine aufwendigere Bauweise entschieden: Neben dem Bahndamm ist deshalb eine Betonfläche entstanden, auf der die neue Brücke gebaut und später in den Bahndamm hineingeschoben wird. "Das ist für den Eisenbahnverkehr sicherer, als drei Jahre mit dem Risiko zu leben, dass der Bahndamm nachgeben könnte", sagt der erfahrene Bauingenieur.
Das hat allerdings zur Folge, dass die Bahnstrecke vom 29. August bis zum 8. September in beiden Richtungen gesperrt ist. In den ersten beiden Wochen nach den Sommerferien gibt es deshalb voraussichtlich Schienenersatzverkehr im Nahverkehr. Der Fernverkehr soll großräumig umgeleitet werden.
Die meisten Baufahrzeuge bei Zschaiten
Nur wenige Kilometer in westlicher Richtung gibt es momentan das größte Aufgebot an Baufahrzeugen entlang der Bahnstrecke Dresden-Leipzig. Etwa in Höhe des Wacker-Chemiewerks sind zahlreiche Lkws, Bagger, Planierraupen und Straßenwalzen damit beschäftigt, den Bahndamm großflächig zu verbreitern.
An dieser Stelle machen die Gleise eine leichte Kurve. Doch sie ist für die geplante ICE-Geschwindigkeit von 200 km/h trotzdem zu klein. Deshalb sollen die neuen Gleise am Scheitelpunkt der Kurve rund 20 Meter in Richtung Zschaiten verschoben werden. Dafür gilt es eine Menge Erde zu bewegen.
"Wir hatten bisher viel Glück mit dem Wetter", sagt Seebach. Das ist gerade für diesen Abschnitt wichtig, damit der Boden nicht zu schlammig wird und sich verdichten lässt. Gleichzeitig bittet der 59-jährige Bauingenieur die Anwohner um Verständnis, wenn mal eine Straße an einer Baustellenausfahrt verschmutzt sei. Das ließe sich nicht immer vermeiden. An der Baustelle am Glaubitzer Bahnhof gibt es dafür extra eine stationäre Lkw-Bodenwaschanlage.
Neue Tunnelzufahrt versperrt Garage
In Glaubitz zeigt sich, dass so ein hoch eingestuftes Verkehrsprojekt wie dieses für den einzelnen Bürger auch Veränderung bedeuten kann. So mussten Anwohner der Poststraße ihre Garage samt Carport aufgeben, weil die Tunnelzufahrt tiefer liegt als die ursprüngliche Straße. Aber die Bahn habe sich mit den Anwohnern gütlich einigen können, so Seebach. Denn glücklicherweise ist eine Grundstückszufahrt auch von der benachbarten Oststraße möglich.

Gut im Zeitplan
Die Bauleute liegen gut im Zeitplan. Am ehemaligen Glaubitzer Bahnhof ist das am deutlichsten zu sehen. Ein grauer Betonstreifen verläuft in einer leichten Kurve zu der Spundwand, wo die Eisenbahnüberführung gebaut werden soll. Aber es ist noch nicht die Straße, sondern nur eine Sauberkeitsschicht. Bald soll hier mit dem Einschalen der Brücke begonnen werden. Die Tunnel für den Elbe-Elster-Floßgraben und die Fußgängerunterführung sind auf dieser Seite des Bahndammes schon betoniert, genauso wie die Brücke über den Floßgraben.
"Am Ende dieses Jahres soll der reine Gleisbau in Richtung Leipzig größtenteils abgeschlossen sein", sagt Seebach. "Ab Januar 2024 geht es dann auf der anderen Seite weiter." Dann werden das Gleis Richtung Dresden erneuert und alle Brückenbauwerke, die bis dahin nur zur Hälfte stehen, vervollständigt.
Dazwischen liegt eine zehnmonatige Unterbrechung der Bauarbeiten. Ab April 2023 bis Anfang 2024 sollen beide Gleise zwischenzeitlich für den Zugverkehr freigegeben werden. Eine andere Bahnstrecke bei Berlin habe Priorität, sagt der Bauingenieur. Dann soll deren Fernzugverkehr über die Strecke Dresden-Leipzig umgeleitet werden. Das Bauende für die hiesige Bahnstrecke Zeithain-Leckwitz verschiebt sich dadurch nicht. Denn die Bauunterbrechung war von Anfang an einkalkuliert.
Auch mehrere Streckensperrungen in diesem Jahr sind bereits seit Langem geplant. Vom 29. bis 31. März kommt es zu Nachtarbeiten an den Gleisen zwischen Glaubitz und Weißig. Deshalb muss die Strecke von 23.40 Uhr bis 4.40 Uhr gesperrt werden, wodurch vor allem nächtliche Güterzüge umgeleitet werden müssen. Und auch vom 26. bis 29. Juli sind Nacharbeiten vorgesehen, allerdings zwischen Zeithain und Röderau und auch nur von Mitternacht bis 4 Uhr morgens.
Bereits am 13. Juni beginnt der Neubau des Oberbaus auf dem Gleis Richtung Leipzig. Bis zum 24. Juni soll die Strecke montags bis freitags von 9 bis 15 Uhr gesperrt sein. Für diese Zeit soll Schienenersatzverkehr eingerichtet werden. Der Fernverkehr wird umgeleitet.