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Riesas größtes Hotel hofft auf den Sommer

Eigentlich wäre im Mercure gerade Hochbetrieb. Doch derzeit ist alles anders.

Von Christoph Scharf
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Martin Wegener ist seit vier Jahren Hoteldirektor, im Mercure Riesa - und arbeitet seit 18 Jahren in der Hotellerie. Zeiten wie diese hat er noch nie erlebt.
Martin Wegener ist seit vier Jahren Hoteldirektor, im Mercure Riesa - und arbeitet seit 18 Jahren in der Hotellerie. Zeiten wie diese hat er noch nie erlebt. © Sebastian Schultz

Riesa. Ein Hotel voller Gäste - Musiker, Techniker, Fans. Es hätte so schön sein können. "Eigentlich wäre bei uns mit den Veranstaltungen in der Arena gerade Hochsaison", sagt Martin Wegener, Chef des einzigen Riesaer Vier-Sterne-Hotels. Kommen die Stars nach Riesa, steigen sie in aller Regel im Mercure ab. Udo Lindenberg, Peter Maffay, Helene Fischer - sie alle reihen sich in schmucken Schwarz-Weiß-Fotos an der Wand der Hotelbar aneinander.

Jetzt im Februar wären eigentlich die Nordsee-Rocker von Santiano dran gewesen. Aber der Konzertveranstalter hatte den Auftritt in der Sachsenarena kurzfristig ins Frühjahr hineingeschoben und dabei auf die "aktuelle Genehmigungslage" verwiesen.

Die Folgen der Pandemie-Regeln treffen nicht nur Künstler und Besucher: Auch die Hotels wie Mercure und Wettiner Hof spüren die Flaute. Und da Riesa außerhalb der Elberadweg-Saison nicht gerade Touristen-Hochburg ist, steigen jetzt allenfalls Geschäftsleute im Mercure ab.

Dem Hotel fehlen die Geschäftsreisenden

Dabei könnte das Vier-Sterne-Haus an der Bahnhofstraße mit seinen 20 Mitarbeitern längst auch wieder touristische Gäste empfangen: Für sie gilt aktuell die 2G-plus-Regel, während Geschäftskunden mit 3G einchecken können. "Normalerweise hätten wir zum Jahresanfang die Superenduro-Meisterschaft dagehabt", sagt Martin Wegener. Da sorgen sonst zuverlässig Übernachtungen, Restaurantbesuche, die Aftershowparty im Haus für Umsatz. Doch die Meisterschaft wurde genauso verschoben wie Santiano. Und ob die Darts-Meisterschaft Ende Februar tatsächlich kommt, weiß Wegener noch nicht.

Wöchentlich tauscht sich der Riesaer Hotelchef mit seinen sächsischen Kollegen im Dehoga-Chat aus. Da bekommt er immerhin mit, wie es in den Wintersport-Gebieten zugeht. Aber dazu gehört Riesa nicht. Üblicherweise machen hier Geschäftskunden den größten Teil der Gäste aus. Große Unternehmen wie Neways, Feralpi, Freyler bringen ihre Gäste im Mercure unter.

Und wie läuft das derzeit? "Wer uns schon länger kennt, kommt auch weiterhin", sagt Wegener. Stammgäste wüssten, was sie mit dem Hygienekonzept erwartet. Ansonsten merke man, dass es weniger Tagungen gibt und Firmen auf Video-Konferenzen setzen. "Und es hat sich auch ausgewirkt, dass der Landkreis Meißen zeitweise deutschlandweit die Inzidenz-Tabelle angeführt hat", sagt der Hotelchef. Das mache die Vermarktung nicht einfacher.

Das Hotel Mercure an der Bahnhofstraße. In der zugehörigen Gastronomie nebenan hat derzeit nur das Hammerbräu geöffnet.
Das Hotel Mercure an der Bahnhofstraße. In der zugehörigen Gastronomie nebenan hat derzeit nur das Hammerbräu geöffnet. © Sebastian Schultz

Es bleiben die Geschäftsreisenden, die physisch in Riesa zu tun haben - Italiener bei Feralpi, Niederländer bei Neways, Windkraftmonteure aus ganz Deutschland. Von vier Etagen hält Wegener dabei drei offen, wechselt die zu belegenden Zimmer aber regelmäßig, damit keines lange leer steht. "Wir nutzen die Gelegenheit, anfallende Arbeiten zu erledigen", sagt der Hotelchef - Türzargen streichen etwa. Da bemühe man sich, alle verfügbaren Kollegen bis hin zum Lehrling gleichermaßen zu beschäftigen. Nach wie vor gilt Kurzarbeit, von der die fünf Azubis aber wie überall ausgenommen sind.

Um sie auch unter Pandemie-Bedingungen was lernen zu lassen, planen die Lehrlinge des dritten Lehrjahrs gerade eine fiktive Tagung mit Ablaufplänen, stellen die Tische auf und planen die Durchführung mit Abteilungsleitern, Küche und Service. Auch eine kleinere Ärztetagung, die tatsächlich ansteht, bereiten die Azubis in Eigenregie vor - bevor die erfahrenen Kollegen noch mal draufschauen. Letztere nutzen die Pandemie-Einschränkungen für Fortbildungen, etwa um Ausbilder-Scheine zu machen.

"Wer schon länger dabei ist, hat noch die richtig gute Saison 2019 im Hinterkopf", sagt Martin Wegener. Da lief es in der Arena und damit im Mercure noch prächtig. Die Erinnerung daran motiviere, während man sich derzeit von Verordnung zu Verordnung hangle. "Daran wollen wir wieder anknüpfen."

2020 war Roland Kaiser noch im Mercure abgestiegen und hatte für seinen Auftritt in der Arena geprobt. Das Konzert selbst fand dann nicht mehr statt und wurde 2021 nachgeholt - damals kurzfristig unter 2G-plus-Bedingungen. Im November folgte dann noch Let's Dance, dann blieben nur noch die Geschäftskunden. Über Weihnachten machte das Haus komplett zu. Ungewohnt für jemanden, der seit 18 Jahren in der Gastronomie tätig ist. "Vor Corona hatte ich zu Silvester noch nie frei, jetzt gleich zweimal in Folge."

Die Gäste dagegen sind verunsichert über die aktuellen Regeln - ob Berlin, Brandenburg, Sachsen - überall gelten andere Vorschriften, etwa was das Tragen von Masken angeht. Andere klagen, dass sie ihre Familienfeiern schon zwei Jahre vor sich herschieben - und wollen jetzt wissen, wie die Regeln im Mai sind. Das kann auch ein Fachmann wie Martin Wegener nicht sagen. Gern wolle man alles ermöglichen, die Vorbuchungen jedenfalls sähen gut aus. Ob runde Geburtstage, Hochzeiten, Schuleinführungen - der Kalender fülle sich. "Wir sind auch schon für Silvester 2023/24 gebucht."

Und auch die Radfahrer stünden längst wieder in den Startlöchern. Auf dem Elberadweg nebenan hat sich das Mercure eingestellt: Zusätzlich zu den verschließbaren Fahrradboxen draußen würde man bei Bedarf auch Tagungsräume zu Rad-Abstellflächen umwidmen. "Bei uns kann man das Rad fast mit ins Bett nehmen", sagt der Hotelchef. Der Gepäckbus könne direkt ans Haus ranfahren, die Sauna sei bei Rad-Urlaubern beliebt. Und in diesem Jahr soll es erstmals eine Aktion "Radler für Radler" mit selbst gebrautem Bier auf der Karte geben.

Hoffnung macht man sich in Riesas größtem Hotel auch in Hinblick auf die in Torgau geplante Landesgartenschau, die von April bis Oktober 2022 stattfindet. Da sei Riesa gut geeignet, um nach Torgau Tagesausflüge zu unternehmen. Und wenn dann auch die Tanzwochen, Darts, Cheerleading wieder in der Arena stattfinden könnten - dann würde man sich in Riesa wohl nicht nur im Mercure wieder über Gäste freuen.