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"Ich bin froh, mich für diesen Weg entschieden zu haben"

Serena Buberek studiert Lehramt. Besonders ist dabei nicht nur ihre Fächerkombination. Mit der SZ blickt die 20-Jährige aus Riesa auf ihr erstes Jahr an der Uni zurück.

Von Eric Weser
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Serena Buberek im Schulhof ihrer einstigen Oberschule in Riesa. Die 20-Jährige studiert Lehramt für diese Schulart, für die Fächer Mathe und Physik. Sie will andere motivieren, es ihr gleichzutun.
Serena Buberek im Schulhof ihrer einstigen Oberschule in Riesa. Die 20-Jährige studiert Lehramt für diese Schulart, für die Fächer Mathe und Physik. Sie will andere motivieren, es ihr gleichzutun. © Foto: SZ/Eric Weser

Riesa. Was Serena Buberek über ihrem Studienbeginn erzählt, trifft vermutlich auch auf viele andere junge Menschen zu, die ihre Kleinstadt-Heimat verlassen und an eine Uni in einer Metropole wechseln. „Das war schon ein ganz schöner Sprung“, sagt die 20-Jährige, die aus Riesa kommt und an der TU Dresden Lehramt für die Oberschule studiert. Eine große Stadt, neue Leute, neue Erfahrungen.

Dennoch war Serena Bubereks Studienstart alles andere als gewöhnlich: Vom Meißner Landrat über Riesas Oberbürgermeister bis hin zu diversen Schulleitern saßen in Riesas Oberschule Am Merzdorfer Park etliche Leute beisammen – und die damals 19-Jährige mittendrin. Per Pressekonferenz wurde die Riesaerin als Gesicht eines Projekts zur Lehrergewinnung für den ländlichen Raum vorgestellt. Nachdem das passiert und ein Patenschaftsvertrag mit ihr unterschrieben, Grußworte gehalten, Hände geschüttelt, Blumen überreicht und Fotos geschossen waren, ging es für die junge Frau direkt an die Hochschule.

Riesas OB Marco Müller, Landrat Ralf Hänsel (beide CDU) waren bei der Vorstellung von Serena Buberek im Oktober 2022 ebenso dabei wie Hagen Kettner vom Landesamt für Schule und Bildung (3.v.l.) sowie die Schulleiter von BSZ Riesa und der Oberschule Am Mer
Riesas OB Marco Müller, Landrat Ralf Hänsel (beide CDU) waren bei der Vorstellung von Serena Buberek im Oktober 2022 ebenso dabei wie Hagen Kettner vom Landesamt für Schule und Bildung (3.v.l.) sowie die Schulleiter von BSZ Riesa und der Oberschule Am Mer © Landratsamt Meißen

Ein knappes Jahr ist das her – und der manchmal etwas schüchtern wirkenden Lehramtsstudentin noch immer anzumerken, dass ihr das ganze Aufheben damals doch ein wenig unangenehm war. Aber es sei auch ein gutes Training gewesen, sagt Serena Buberek. Denn beim Studium habe sie sich auch öffnen müssen – um neue Leute kennenzulernen. Was ihr allerdings nicht ganz leicht gefallen sei.

Plötzlich allein

Umso ärger traf die Studienanfängerin, dass lieb gewonnene Mitstudenten schon nach wenigen Monaten im Januar dieses Jahres die Segel strichen, Prüfungen gar nicht erst mitschrieben oder den Studiengang wechselten. „Da habe ich mich schon etwas allein gefühlt.“ Im zweiten Semester sei das dann wieder etwas besser geworden, sagt Serena Buberek.Während andere hinwarfen oder wechselten, ist Serena Buberek dabeigeblieben. Trotz einer Fächerkombination, die es in sich hat: Mathematik und Physik. Das dürfte auch mit der Einstellung der 20-Jährigen zu tun haben. „Ich wusste, dass es schwer wird und ich bestimmt auch an meine Grenzen komme.“ Das sei in der Prüfungszeit auch passiert, als etliche Klausuren auf einmal anstanden. „Aber es war mir klar, dass das kommen wird und deswegen war es für mich okay.“ Du hast dich dafür entschieden, also ziehst du das jetzt durch – das sei ihre Devise. „Ich konnte mich selbst vor eineinhalb Jahren nicht ansatzweise in diesem Studium sehen. Aber jetzt bin ich da und bin froh, mich für diesen Weg entschieden zu haben.“

Große Stofffülle

In diesem ersten Studienjahr, das sehr intensiv, sehr anstrengend gewesen sei, wie Serena Buberek erzählt, habe sie viel gelernt. Manchmal habe der Stoff aber fast überhandgenommen. Wie in Physik. Warum zum Beispiel Einsteins spezielle Relativitätstheorie in großer Tiefe behandelt wurde, erschließe sich ihr nicht ganz, so die Studentin. Auch zum kürzlich im Studium behandelten Thema Inklusion hat die künftige Lehrerin die ein oder andere kritische Frage. Am Wunsch, Oberschullehrerin zu werden, hat sich für die Riesaerin aber trotz allem nichts geändert. „Es klingt vielleicht kitschig, aber ich glaube, das ist meine Berufung.“

Ihre Berufung verfolgt Serena Buberek auch abseits der Hörsäle und Seminarräume: Während manche Mitstudenten als Kellner jobben oder an der Supermarktkasse sitzen, verdingt sich die 20-Jährige seit einer Weile als Nachhilfelehrerin, wie sie erzählt. Das sei eine gute Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln. Eine Viertklässlerin und einen Fünftklässler habe sie schon betreut. Demnächst komme ein Siebtklässler dazu. Es sei toll, zu sehen, die Kinder glücklich zu sehen, wenn sie etwas verstanden hätten oder eine bessere Note schreiben, sagt Serena Buberek. Sie selbst merke durch die Arbeit, dass sie Dinge möglichst einfach erklären und viele Pausen machen müsse, um den Schülern die Chance zu geben, Dinge zu verstehen.

Ein erstes Praktikum in einer Schule steht für die Lehramtsstudentin im März nächsten Jahres an. Wo sie es absolvieren wird, weiß sie noch nicht genau. Nur so viel: An ihrer einstigen Oberschule am Merzdorfer Park in Riesa wird es nicht sein. „Hier war ich viele Jahre und ein Praktikum habe ich auch schon gemacht. Ich will aber etwas Neues kennenlernen.“ Eine Schule in der Großstadt zum Beispiel. Für ihr Praktikum am Studienende könne sie sich auch vorstellen, ins Ausland zu gehen.

Ex-Lehrer als Helfer

Vom Lehrergewinnungs-Projekt, dessen Gesicht sie ist, hat Serena Buberek im ersten Studienjahr unter anderem dadurch profitiert, als dass ihr ehemaliger Physiklehrer ihr im ersten Semester bei Prüfungsvorbereitungen geholfen hatte. Ihre einstigen Riesaer Schulleiter und ein inzwischen pensionierter Verantwortlicher aus dem Landesamt für Schule und Bildung hätten sich bei einem Gespräch im Mai zudem erkundigt, wie es bei ihr laufe. „Das fand ich sehr schön.“

Sehr schön sei auch das Sportfest im Rahmen des Projekts im vorigen Dezember im Riesaer BSZ gewesen. Dort habe sie viele Fragen von Schülern gestellt bekommen. Schülern, die perspektivisch auch Lehrer werden wollen.

Laut Jürgen Gläsel, Leiter der Oberschule Am Merzdorder Park, gibt es derzeit rund 80 Schüler aus verschiedenen Oberschulen im Altkreis Riesa-Großenhain und den drei Berufsschulzentren im Kreis Meißen, die am Projekt teilnehmen und darüber austesten, ob der Lehrerberuf etwas für sie sein könnte. Bei dem besagten Sportfest kommen die Projektteilnehmer aus den verschiedenen Schulen zusammen. Auch dieses Jahr soll das im Dezember wieder passieren.

Längst nicht alle Schüler im Projekt werden einmal tatsächlich Lehrer werden und wenn, dann nicht unbedingt für die Oberschule. Doch das sei nicht so wichtig: Wenn nur ein Teil den Lehrerberuf ergreife und wieder zurück aufs Land komme, sei etwas gewonnen. Nachdem Serena Buberek im Vorjahr die erste Projektteilnehmerin war, die mit dem Lehrerstudium begonnen hatte, folgen bald die nächsten – schätzungsweise fünf bis acht – BSZ-Abiturienten, so Jürgen Gläsel. Es dürfte auch für sie ein ganz schöner Sprung werden.