Riesa: Zwischen Drogenpartys und Kinderpornos

Riesa. Weder der Anklagevertreter noch Richter und Schöffen noch der Verteidiger wollten sie sich ansehen, die mehr als 40 Dateien mit kinderpornografischen Fotos und Filmen, die beim Angeklagten André N. sichergestellt wurden. Zumeist ging es um kleine Mädchen – deutlich unter 14 Jahren, manche sogar jünger als acht. Der Staatsanwalt hat die Machwerke in seiner Anklageschrift hinlänglich beschrieben, sodass eine Begutachtung auch nicht mehr notwendig ist.
Immerhin versucht sich der Riesaer nicht herauszureden oder die Sache zu bagatellisieren. Die Dateien auf den beschlagnahmten Handys und auf dem Computer sprechen eine deutliche Sprache. Und der 40-Jährige, der von Hartz IV lebt, hat die kinderpornografischen Streifen auch noch weiterverschickt.
In der Wohnung des Angeklagten eine Line gezogen
André N. ist noch weiterer Taten angeklagt. So soll er Kinder und Jugendliche in seiner Wohnung empfangen und zum Drogenkonsum animiert haben. Die Zeugenvernehmung der Betroffenen verläuft allerdings widersprüchlich. Einer der Jungen kann sich nicht mehr daran erinnern, ob es nun vor einem Jahr oder vor zwei Jahren war, dass er beim Angeklagten eine Line reingezogen hat.
Der andere ist sich seiner Aussagen, die im Vernehmungsprotokoll der Polizei stehen, plötzlich nicht mehr sicher. In einem Fall immerhin kann dem Delinquenten nachgewiesen werden, dass er die Jugendlichen mit Crystal versorgt hat. Auch Marihuana soll in seiner Wohnung konsumiert worden sein.
Während André N. die Tatvorwürfe in Bezug auf die Kinderpornografie einräumt, hüllt er sich bei den Drogengeschichten in Schweigen. Das steht jedem Angeklagten rechtlich zu, macht allerdings oft nicht den besten Eindruck. Wirkt sich doch ein Geständnis in den meisten Fällen strafmildernd aus.
Letzte Haft ist zehn Jahre her
Das eigentlich Überraschende an dem Fall ist, wie weit in diesem Falle der Strafantrag der Staatsanwaltschaft und das Urteil des Gerichts auseinanderliegen. Der Anklagevertreter fordert ein Jahr und zwei Monate Freiheitsentzug, der aber zur Bewährung ausgesetzt werden soll.
André N. hat zwar schon einmal wegen Beihilfe zu gefährlicher Körperverletzung im Knast gesessen. Aber das ist schon fast zehn Jahre her, und seitdem war der Angeklagte der Justiz nicht mehr aufgefallen. Als entlastend sieht der Staatsanwalt auch das Teilgeständnis an. Umso überraschender dann das Urteil: ein Jahr und sechs Monate – ohne Bewährung!
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Richter Herbert Zapf kritisiert in der Urteilsbegründung, dass der Angeklagte kaum dabei half, seine Beweggründe zu verstehen. War der Konsum kinderpornografischer Filmchen nun ein Ausrutscher, eine einmalige Episode? Oder braucht der Angeklagte vielleicht gar professionelle psychologische Hilfe? Nichts davon habe das Gericht in Erfahrung bringen können.
Bei einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr sehe er noch Handlungsspielraum, die Sache zur Bewährung auszusetzen, erklärt Richter Zapf. Darüber hinaus aber nicht mehr. André N. stehe es nun frei, in Berufung zu gehen und den Prozess vom Landgericht neu aufrollen zu lassen. Wenn er eine mildere Strafe haben wolle, müsse er aber schon näher auf die Hintergründe seiner Taten eingehen. Wenn er sich bis dahin noch einen Job suche, könne das darüber hinaus zu einer günstigeren Sozialprognose führen. Für einen gelernten Maler wie André N. sollte das bei der derzeitigen Arbeitsmarktsituation eigentlich kein Problem sein.