Neue Ansprechpartner für Gewalt-Opfer

Riesa. Von draußen reinzuschauen funktioniert trotz der großen Scheiben nicht: Milchglasfolie verhindert, dass allzu neugierige Blicke in den Raum an der Kurt-Schlosser-Straße fallen. Das ist auch gut so. Denn hier, in den Räumen der Elblandschwestern, liegt Riesas neue Anlaufstelle für Betroffene von häuslicher Gewalt.
Sozialarbeiterin Maria Dabrunz und ihre Kollegin Annett Kobisch vom Verein Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) beraten in Gröba künftig Menschen, die in ihren Partnerschaften von körperlicher, sexueller, psychischer oder auch wirtschaftlicher Gewalt betroffen sind.
Das Angebot richtet sich vor allem an Frauen. Sie sind am häufigsten solcher Gewalt ausgesetzt. Aber auch Männer, die in ihren Beziehungen Gewalt erfahren oder Kinder, die darunter leiden, werden unterstützt. Es geht dabei oft um konkrete Fragen. Etwa die, wie sich Frauen mittels polizeilicher oder gerichtlicher Maßnahmen gegen Übergriffe ihrer (Ex-)Partner wehren können.
Der Bedarf nach derlei Hilfe in der Region steigt, sagt Maria Dabrunz. Voriges Jahr habe der Verein 375 Menschen beraten, darunter 30 Kinder und Jugendliche und 29 Männer. 2019 sei dabei bisher das Jahr mit den meisten Fällen gewesen, seit der Verein in dem Bereich Hilfe anbietet. „Wir gehen aber davon aus, dass die Zahlen weiter steigen werden.“
Anlaufstellen des Vereins gibt es bisher in Pirna und am Hauptsitz in Radebeul. Von 2017 bis zum Vorjahr hatte es in Großenhain eine Beratungsstelle gegeben. Weil man bei der Arbeit dort aber unter anderem gemerkt habe, dass viele Hilfesuchende aus dem Raum Riesa kommen, habe man entschieden, sich in der Stadt nach neuen Räumen umzusehen, sagt Maria Dabrunz.
Allerdings dürfte der Umzug von Großenhain nach Riesa die Wege für manche Betroffene vielleicht sogar verlängern. Wer von seinem Partner beleidigt, bedroht, gedemütigt oder körperlich angegangen wird, muss aber nicht zwingend die Beratungsstelle aufsuchen – die Mitarbeiterinnen kommen auf Anfrage auch zu den Betroffenen.
Die einzige Stelle, an die sich Betroffene häuslicher Gewalt in Riesa richten können, ist der Sozialdienst katholischer Frauen indes nicht. Auch der Weiße Ring bietet Hilfe an. Allerdings wird dort ehrenamtlich gearbeitet – während sich der SkF hauptamtlich mit dem Thema befasst.
Die Mitarbeiterinnen hoffen, dass Betroffene den Mut haben, die Beratung in Anspruch zu nehmen. Oft würden Scham oder die Furcht vorm Partner verhindern, dass das passiere.
Dass das Problem gravierend ist, dafür sprächen Statistiken, wonach jede vierte Frau im Leben von häuslicher Gewalt betroffen ist. Die 8.000 polizeilich gemeldeten Fälle pro Jahr in Sachsen – davon gehen nicht nur die Beraterinnen aus – dürften auch nur einen Teil des ganzen Ausmaßes zeigen. (SZ/ewe)
- Die Beratungs- und Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt und Stalking an der Kurt-Schlosser-Straße 22 ist dienstags 12 bis 18 Uhr und freitags 8 bis 12 Uhr geöffnet. Eine Anmeldung unter 0351 79552205 wird erbeten.
- Neben öffentlichen Mitteln finanziert sich die Arbeit des Vereins aus Spenden. Spendenkonto: IBAN: DE 35 3506 0190 1612 510012, BIC: GENODED1DKD
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