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Riesaer sitzt im Fernsehrat

Ronald Voigt überwacht ab jetzt das ZDF-Programm. Darin wünscht er sich künftig mehr Blaulicht.

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© Marko Förster (TV); Sebastian Schultz

Von Britta Veltzke

Riesa. Was Fernsehen angeht, ist Ronald Voigt ganz klassisch unterwegs: „Wir haben noch einen Röhrenfernseher zu Hause in Gröba.“ Er vertritt die Einstellung: Warum etwas wegwerfen, was noch funktioniert? Er schaut die Nachrichten, liebend gern den Tatort und ab und an mal einen guten Spielfilm. Doch Technik-Verweigerer ist er nicht: Bei gutem Wetter nimmt er sich die Sendungen auch schon mal mit auf den Balkon – und guckt auf dem Tablet.

Dass er mal Einfluss darauf hat, was in seiner Flimmerkiste läuft, hätte sich der Riesaer nicht träumen lassen. Doch jetzt ist er stolz, dabei zu sein: Ronald Voigt sitzt seit Juli im ZDF-Fernsehrat. Er ist damit eines von 60 Mitgliedern, die dem öffentlich-rechtlichen Sender vorgeben, welche Richtung das Programm einschlagen soll. Der Rat wählt den obersten Sender-Chef, den Intendanten, bearbeitet Beschwerden oder überlegt sich, welche Themen einmal behandelt werden müssten.

Der Fernsehrat soll die Vielfalt der Menschen in Deutschland widerspiegeln. Daher ist die Zusammensetzung des Gremiums alles andere als das Ergebnis eines Zufallsgenerators. Ronald Voigt erklärt: „Jedes Bundesland schickt einen Vertreter eines anderen gesellschaftlich-relevanten Bereichs in den Fernsehrat.“ Sachsen ist für den „Ehrenamtlichen Zivil- und Katastrophenschutz“ zuständig. Thüringen etwa schickt einen Vertreter für den Bereich „Lesbische, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender, Intersexuelle und Queere Menschen“ und Niedersachsen entsendet einen Muslim. Neben diesen Interessenvertretern schicken die Landesregierungen zusätzlich einen Entsandten – meist einen Staatssekretär oder Minister. Neben Ronald Voigt ist also noch ein weiterer Sachse in dem Gremium vertreten: Fritz Jaeckel, Staatsminister für Bundes- und Europa-Angelegenheiten. So sieht es der Rundfunkstaatsvertrag vor.

Aber wie fiel nun die Wahl auf den 55-jährigen Riesaer? „Die Staatsregierung in Dresden hat sich dafür entschieden, einen Vertreter des Landesfeuerwehrverbandes zu schicken. Sie hätten auch jemanden vom DRK oder dem THW berufen können. Im Anbetracht der Tatsache, dass es in Sachsen 43 000 ehrenamtliche Feuerwehrleute gibt, halte ich diese Wahl aber für gerechtfertigt“, so Voigt, der ehrenamtlicher Vize im Landesfeuerwehrverband ist.

Wie viele kleine Jungs wollte er schon als Kind Feuerwehrmann werden. Doch nicht alle machen ihre Träume auch wahr. Voigt schon. Eine kindliche Freude zeigt sich in seinem Gesicht, sobald er von seiner Berufung spricht: „Es ist toll, anderen zu helfen. Ich mag auch die Kameradschaft, in der es keine Rolle spielt, ob man alt oder jung ist, welche Religion oder Hautfarbe man hat.“ Er startete zu DDR-Zeiten in der AG Junge Brandschutzhelfer, machte eine Ausbildung bei der Berufsfeuerwehr, studierte Brandschutz-Ingenieurwesen. Inzwischen leitet Voigt die Abteilung Brand- und Katastrophenschutz im Landratsamt. Kein Zweifel, dass er dort gut aufgehoben ist. Der Mann mit Schnauzer, Brille und Karohemd macht nicht gerade den Eindruck, als könne er leicht die Fassung verlieren. Voigt spricht leise, aber bestimmt – und wenn er mal nicht bescheid weiß, steht er einfach dazu. Wie in dem Moment, als er erzählt, dass er vor seiner Berufung in den ZDF-Fernsehrat auch nicht so genau wusste, was das Gremium eigentlich macht. „Ich wusste, dass es so etwas gab, aber mehr auch nicht.“

Und sein Ziel? „Ich will erreichen, dass alle anderen Fernsehräte am Ende vom ehrenamtlichen Katastrophenschutz so begeistert sind wie ich.“ Voigt sieht eine Chance, das Fernsehprogramm zu verändern, ein Stückchen wenigstens. „Es wäre doch schon mal gut, wenn im Krimi häufiger gezeigt wird, wie jemand die 112 wählt.“ So würde die Nummer sicher von noch mehr Menschen verinnerlicht.

Und noch ein Anliegen hat er: das Ehrenamt bekannter machen. „Viele wissen gar nicht, dass die meisten Feuerwehrleute ehrenamtlich unterwegs sind und für Einsätze ihre Freizeit opfern.“ Erst kürzlich nach einem Starkregen sei ihm das wieder bewusst geworden. „Wir haben einen Keller in Gröba ausgepumpt. Die betroffene Familie hatte gerade eine Feier. Geholfen hat von denen niemand. Ich denke, die sind einfach davon ausgegangen, dass wir dafür bezahlt werden.“

Ronald Voigt hat seinen „Auftrag“ also im Kopf – und reist damit in den nächsten vier Jahren von Riesa aus zu den großen Ratssitzungen nach Mainz oder Berlin.