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Rote Karte für Bischofswerda

Großküchenchef Jens Ulbricht steigt beim größten Verein in der Stadt als Sponsor aus. Seine Gründe haben ausschließlich mit der Kommunalpolitik zu tun.

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© dpa

Von Gabriele Naß

Bischofswerda. Die Nachricht schlug ein. Denn mit Jens Ulbricht hat nicht irgendjemand das Handtuch geworfen. Der Chef der LaOla Zentralküche Pulsnitz war seit 2013 Vizepräsident beim Bischofswerdaer Fußballverein 08. Und sein Unternehmen seit 2008 Großsponsor beim BFV. Warum steigt der Mann, der sich mehr als die meisten der 120 Sponsoren ins Zeug gelegt hat, nun aber aus? Und vor allem: Zieht er auch sein Geld ab? Was bricht dann alles weg in dem Verein mit 450 Mitgliedern, von denen zwei Drittel Kinder und Jugendliche sind?

Jens Ulbricht gehört die LaOla Großküche Pulsnitz. Als Sponsor hilft er in Bischofswerda dem BFV, aber nicht nur.
Jens Ulbricht gehört die LaOla Großküche Pulsnitz. Als Sponsor hilft er in Bischofswerda dem BFV, aber nicht nur. © Stefan Hässler

Wegen Differenzen mit der Politik der Stadtverwaltung unter Ex-OB Andreas Erler (CDU) habe er einen Rücktritt schon 2015 einmal erwogen, doch dann den neuen Oberbürgermeister Holm Große (parteilos) abgewartet. In einer ähnlich hoffnungslosen Situation, die machtlos mache, sehe er sich jetzt aber erneut. Jens Ulbricht auf Anfrage: „Es geht nichts mit dem Sport voran. Ich glaube, dass es nicht an Holm Große liegt. Er würde vielleicht etwas bewegen wollen. Aber er kann nicht. Ich denke, es liegt an grauen Eminenzen. Ich kann hier aber nicht mein Geld verbrennen.“

Als jüngstes Beispiel nennt Ulbricht die Vorbereitung des Pokal-Halbfinales zwischen dem BFV und Lok Leipzig (SZ, 24.2. Seite 7). Noch als Präsidiums-Vize stimmte er dafür, das Heimrecht für das Spiel nach Leipzig zu verkaufen. „Wir hätten mal die Chance gehabt, Geld zu verdienen.“ Interesse und finanzielle Angebote aus Leipzig gab es dann ja auch. Präsident Jürgen Neumann und die anderen im Präsidium überstimmten Jens Ulbricht jedoch. Man wolle es weder den Fans noch den Sponsoren antun, auf Heimrecht bei einem sportlich für den BFV so wichtigen Spiel zu verzichten, sagt Jürgen Neumann.

Mobiler Zaun geordert

Großsponsor Ulbricht hatte sportlich dieselbe Auffassung, warnte jedoch vor den für den Verein zu erwartenden Kosten. Aus Erfahrung habe man befürchten müssen, dass die Stadt zwar gern vom Image des Spiels profitiert, aber den Verein mal wieder nicht angemessen unterstützen wird. So kritisiert der Unternehmer, dass das Rathaus beim Stadionumbau einen Fehler macht und den Sicherheitszaun am Gästeblock abreißt. Noch schlimmer aber sei, dass der Fehler jetzt nicht korrigiert und der Zaun durch die Stadt wieder aufgebaut wird, nachdem er für das Spiel gegen Lok gefordert wird. „Meine Befürchtungen sind wahr geworden. Der BFV steht alleine da. Und er steht wieder alleine da, sollte der Verein ins Finale kommen“, sagt Ulbricht. Das BFV-Präsidium ordert jetzt für das Spiel gegen Lok einen mobilen Zaun für rund 2500 Euro Miete. Mindestens das käme auf den Verein wieder zu, wenn er das Finale erreicht und Heimrecht hat, weil es keine stabile Lösung gibt, an der die Stadt mitarbeiten würde. „Ich nenne das Geldverbrennen“, sagt Jens Ulbricht.

Das Spiel gegen Lok nach Leipzig zu verkaufen, wäre „zum Schutz der Finanzen des Vereins“ geboten gewesen, sagt der Zurückgetretene. Zwar sei der BFV finanziell nicht am Ende, „aber es ist jeden Monat ein Kampf ums Überleben“, so Ulbricht. Oder warum sonst habe er manches Jahr seine Sponsorensumme verdoppeln müssen? Mit einer fünfstelligen Summe jeden Monat finanziere LaOla aktuell allein fünf Spieler bzw. Mitarbeiter der Geschäftsstelle des BFV, die alle in der Zentralküche arbeiten. Einen Großteil des Kunstrasenplatzes habe sein Unternehmen mitfinanziert, so Ulbricht. Der Unternehmer bestätigt zudem, dass er vorhatte, der Stadt das ehemalige Sporthotel am Wesenitzsportpark abzukaufen. Er hätte hier in eine moderne Küche ähnlich der Frische-Küche seines Unternehmens in Bautzen investieren wollen. Gleichzeitig wäre das verfallene Gebäude auch für eine sportliche Nutzung wieder aufgebaut worden. Wenn jetzt im Wesenitzsportpark Fußball gespielt wird, müssen sich Gäste wie die aus Leipzig in der benachbarten Turnhalle umziehen, weil das Sporthotel nicht mehr nutzbar ist. Die Bedingungen in der Halle entsprechen aber auch kaum noch den Standards. Wegen des Kaufinteresses habe es, so Ulbricht, Gespräche gegeben, aber kein Einvernehmen. „Ich bin kein Bischofswerdaer Unternehmen. Ich habe hier trotzdem investiert, jedoch nicht, weil ich auf Kompensationsgeschäfte aus war, sondern weil ich mich in den Verein verliebt habe.“ Gerüchte, wonach er seine Firma verkauft hat oder verkaufen wolle, bestätigt Jens Ulbricht nicht.

Rücktritt bedauert

Das Geld von LaOla steht dem Verein noch bis zum Vertragsende am 30. Juni zur Verfügung. Dazu gibt es übereinstimmende Aussagen von Sponsor Jens Ulbricht und Präsident Jürgen Neumann. Für die Zeit danach plane man bereits. „Wir bauen neue Strecken auf“, sagt Neumann. Befürchtungen, dass es wegen des Wegfalls des Großsponsors Einschränkungen am Spielbetrieb geben wird, hat er nicht. Auch am sportlichen Ziel Regionalliga soll es keine Abstriche geben. Neumann setzt auf die Gemeinschaft der über einhundert Sponsoren, von denen immerhin 26 im Januar mit im Trainingslager waren.

Der Rücktritt von Jens Ulbricht wird beim BFV bedauert. Er sei nicht nur als Sponsor wichtig gewesen, auch als Mensch. „Er hat neue Gedanken eingebracht, Impulse gesetzt“, sagt Präsident Neumann. „Es ist sehr bedauerlich. Jens Ulbricht ist ein wichtiger und sehr geschätzter Ansprechpartner. Er ist sicher unbequem, aber zielstrebig und konsequent“, sagt Übungsleiter Erik Schmidt. Viele im Verein und dessen Umfeld hoffen noch auf eine Rückkehr ihres Vizepräsidenten. Jens Ulbricht schließt einen Rücktritt vom Rücktritt aber aus. „Schon zum Selbstschutz“, sagte er diese Woche auf Anfrage.