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Rothenburg ehrt Opfer des 17. Juni

Fuhrunternehmer Alfred Wagenknecht ist bei Aufständen 1953 unter mysteriösen Umständen gestorben.

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© privat

Von Katja Schlenker

Rothenburg. „Habt keine Angst, ich gehe mit und kläre das“, sagte Alfred Wagenknecht am 19. Juni 1953 zu seiner Familie. Die Polizei verhaftete ihn vor seinem Haus. Er selbst war sich keiner Schuld bewusst. Doch der Rothenburger Fuhrunternehmer kehrte nicht zurück. Nach zwei Tagen bekam seine Frau Herta einen Anruf vom Volkspolizeikreisamt Niesky. Ihr Mann sei im Gefängnis verstorben.

Es war die Zeit um den 17. Juni 1953. Überall in der DDR kam es zu einer Welle von Streiks, Demonstrationen und Protesten. Anlass waren politische und wirtschaftliche Forderungen. Vor allem die Ignoranz der DDR-Führung gegenüber den Bedürfnissen der Arbeiterklasse sorgte für Unmut. Der Aufstand wurde von der Sowjetarmee blutig niedergeschlagen. Alfred Wagenknecht bekam von all diesen Unruhen nur am Rande etwas mit. Täglich transportierte er die Milch. Am 17. Juni 1953 brachte er die Milch aus den umliegenden Orten zur Molkerei nach Görlitz. Auf dem Rückweg nahm er einen Häftling mit. Dieser war zuvor in Görlitz befreit worden. Auf dem Weg nach Rothenburg erfuhr Alfred Wagenknecht von den Ereignissen dort. Zwei Tage später wurde er verhaftet.

In einem verschlossenen Sarg wurde seine Leiche an Herta Wagenknecht übergeben. Dabei erklärte man ihr, dass ihr Mann erhängt in seiner Zelle aufgefunden wurde und der Sarg deswegen nicht mehr geöffnet werden dürfe. Herta Wagenknecht war misstrauisch und hielt sich nicht an das Verbot. Zu Recht. Strangulierungsmerkmale waren keine an Alfred Wagenknechts Leiche zu finden. Stattdessen zeigte sein Körper Verbrennungen an den Fußsohlen und den Schienbeinen. Auch starke innere Verletzungen sowie Kopfverletzungen wurden festgestellt. Vermutlich verursacht durch Schläge. Schließlich griff die Volkspolizei ein und ordnete die sofortige Beerdigung an.

Die Umstände, unter denen Alfred Wagenknecht im Alter von 48 Jahren gestorben ist, sind bis heute ungeklärt. Er hat ein Grab auf dem Rothenburger Friedhof. In der Schmiedegasse erinnert zudem seit dem Jahre 2000 ein Findling mit einer Gedenktafel an ihn. Fortan soll der Platz nach ihm benannt sein, an dem sich Grabenstraße und Bahnhofstraße treffen. CDU-Stadtrat Hartmut Steinert hat den Vorschlag gemacht. Der Platz sei in den 1990er Jahren entstanden, als dort ein Wohnhaus abgerissen worden ist, begründet er seinen Vorschlag. Bisher ist der Platz namenlos und wird als Parkplatz genutzt. Das Fuhrgeschäft von Alfred Wagenknecht hat sich in der Nähe befunden. Daher erscheint es passend, aus der Stelle im Stadtzentrum den Alfred-Wagenknecht-Platz zu machen.

Und ganz nebenbei helfe der Name des Platzes auch Touristen dabei, sich in Rothenburg zu orientieren, erklärt Hartmut Steinert. Außerdem verbinde der Name des Platzes mit einer Geschichte, die zu Rothenburg gehört. „Auch wird durch die Platzbenennung der an diesem Ort aufgestellte Handwerksbaum der Rothenburger Handwerker gewürdigt“, sagt Hartmut Steinert. Der Stadtrat entscheidet sich einstimmig dafür, den Platz nach Alfred Wagenknecht zu benennen. Zuvor hat es einen weiteren Beschluss zu dem Thema gegeben. Als das Straßenbestandsverzeichnis überprüft worden ist, hat sich ein Fehler gezeigt. Bisher ist es versäumt worden, das entsprechende Flurstück in der Straßenkategorie beschränkt öffentliche Plätze als selbstständigen Parkplatz zu widmen. Das ist nun einstimmig nachgeholt worden.