Merken

Sachsen verbietet sich das Schuldenmachen

Erstmals seit der Wende wurde die Verfassung geändert: Ab 2014 muss jeder Landeshaushalt ohne Kredite auskommen.

Teilen
Folgen
NEU!
© dpa

Dresden. So viel Einigkeit herrscht selten im Dresdner Landtag: 102 von 128 anwesenden Abgeordneten stimmten gestern für die erste Änderung der sächsischen Verfassung seit deren Inkrafttreten im Mai 1992. Die um exakt 13.06 Uhr abgeschlossene Abstimmung hat gravierende Folgen für die Finanzpolitik im Freistaat.

Durch die neue Verfassungsklausel ist es dem Freistaat Sachsen bereits ab 2014 untersagt, zum Ausgleich des Landeshaushaltes neue Kredite aufzunehmen. Eine solche Schuldenbremse ist spätestens ab 2020 Pflicht für alle Bundesländer. Im Freistaat wird sie nun deutschlandweit als Erstes und sofort zum Einsatz kommen. Die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit im Parlament – mindestens 88 Stimmen – wurde durch eine ungewöhnliche Allianz zwischen der Regierungskoalition von CDU und FDP sowie der Opposition von SPD und Grünen erreicht. Auch elf Abgeordnete der Linken stimmten bei der namentlichen Abstimmung für den Antrag. Zuvor hatten die fünf Landtagsfraktionen 17 Monate lang darüber verhandelt.

Nachdem Sachsen bereits seit 2006 freiwillig keine neuen Schulden mehr aufnimmt, sind durch die nun beschlossene Verfassungsänderung auch alle künftigen Regierungen zwingend an dieses Haushaltsprinzip gebunden. Für den Fall von Wirtschaftskrisen oder Naturkatastrophen gelten jedoch weiter Ausnahmekriterien. Sollten zum Beispiel die durchschnittlichen Steuereinnahmen des Landes innerhalb von vier Jahren um mehr als drei Prozent sinken, kann der Landtag bereits mit einfacher Mehrheit Ausgleichskredite bewilligen. Im Fall von Naturkatastrophen oder anderen Notsituationen ist dafür stets eine Zweidrittelmehrheit im Parlament notwendig. Die Tilgung der neu aufgenommenen Schulden muss danach innerhalb von acht Jahren erfolgen.

Im Zusammenhang mit der Schuldenbremse darf die Staatsregierung zudem keine Anordnungen treffen, die für die sächsischen Kommunen unmittelbar zu finanziellen Mehrbelastungen führen. Festgeschrieben wurde auch, dass bei der Aufstellung von Haushalten soziale Belange berücksichtigt werden müssen.

Die Schuldenbremse war in den einzelnen sächsischen Parteien bis zuletzt umstritten. So musste die Linksfraktion auf Druck ihrer Parteiführung aus den abschließenden Beratungen aussteigen. In der SPD kam es sogar zu einem Mitgliederentscheid, bei dem sich allerdings eine Mehrheit für die Schuldenbremse aussprach. Die Opposition hatte außerdem darauf bestanden, noch über weitere Verfassungsänderungen zu verhandeln. Die Koalition von CDU und FDP lehnte das ab. Kommentar