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Freitals Musikkneiper gehen neue Wege

Vom Charakter her anders, aber immer noch kultig - die Betreiber der Musikkneipe 211 ziehen nach fast einem Jahr Bilanz.

Von Viktoria Langenhuizen
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Die Gastgeber Yvonne und Ray Schiefner hinter dem Tresen der Musikkneipe 211.
Die Gastgeber Yvonne und Ray Schiefner hinter dem Tresen der Musikkneipe 211. © Karl-Ludwig Oberthür

Eigentlich begann alles als Scherz. Eines Abends saßen Yvonne und Ray Schiefner in der Freitaler Musikkneipe 211 an der Bar und unterhielten sich mit den Besitzern. Bereits 20 Jahre steckten die Kneiper ihr Herzblut in die Wirtschaft. Als sie andeuteten, sich bald zurückziehen zu wollen, machte Ray den Vorschlag, er und seine Frau könnten die Musikkneipe doch einfach übernehmen.

Gut ein Jahr später fanden bereits 38 größere Veranstaltungen in der Location statt. Fast jede Woche treten Künstler auf, oder die Gäste tanzen bei einer Party. Am Anfang hat Yvonne selbst nach Liveacts gesucht und die Musiker angeschrieben. Mittlerweile kommen die meisten auf sie zu.

Vom Alleinunterhalter bis hin zur voll besetzten Band ist alles dabei. Das musikalische Spektrum reicht von Rock'n'Roll über Pop-Hits bis hin zu Rockklassikern.

Live-Konzerte und Mottopartys gehören zum Programm

Besonders beliebt sind Schlager und Oldies, die von den Gästen gerne aus vollem Halse mitgesungen werden. "Wir wollen jedem etwas bieten", wirbt Yvonne Schiefner. Obwohl sie selbst eher im Genre Punkrock zu Hause ist, war ihr bisheriges Lieblingsevent in der eigenen Kneipe die 90er-Jahre-Mottoparty, zu der sich die Gäste in nostalgische Looks geschmissen hatten.

Sonnabends gibt es in der Musikkneipe musikalisches Programm, freitags trägt der Dartverein "Keine Ahnung" hier seine Heimspiele aus. Fans haben die Möglichkeit, sich bei einigen "offenen Turnieren" anzuschließen. Wer lieber die "Gehirnmuskeln" trainieren möchte, kann beim Kneipenquiz antreten. Hier denken sich die beiden alle Fragen selbst aus und übernehmen die Moderation. Das Quiz umfasst zehn Kategorien, mit jeweils zehn Fragen. Von Musik bis hin zu DDR ist thematisch alles dabei.

Mit solchen kreativen Ideen wollen die Schiefners der Musikkneipe 211 - die Hausnummer auf der Dresdner Straße war Anregung bei der Namenswahl - nach und nach neue Attraktivität verleihen. Dennoch betont Yvonne Schiefner, dass es ihr nicht darum gehe, die Vorbesitzer zu ersetzen. Vom Charakter her seien sie und ihr Mann ganz anders. Die zwei wollen neue Ideen umsetzen und spontan sein. "Natürlich kann man sich anpassen und versuchen es allen recht zu machen, aber dann ist man vielleicht auch bald weg", sagt sie.

Bei den Snacks gibt es einen Liebling

Musikalisch sind die Geschmäcker der Gäste sehr verschieden, doch beim kulinarischen Angebot zeichnet sich ein klarer Favorit ab: die hausgemachten Käsesticks mit Aioli für 5,40 Euro. Manche Gäste zieht es extra deswegen in die Musikkneipe.

Yvonne Schiefner kocht alle Gerichte selbst. Unterstützt wird sie dabei von ihrer Mutter und ihrem Bruder. "Das Essen soll einfach sein. Ohne Schnickschnack und Chi Chi." Regionale Zutaten und frische Produkte - darauf schwört die 38-Jährige. Soßenbinder und andere "Helferlein" kommen bei ihr nicht in den Topf.

Die drastischste Veränderung unter den neuen Betreibern bestand jedoch darin, den Raucherbereich im Innenraum zu verkleinern. Obwohl sich manche Stammkunden darüber ärgerten, erhielt dieser Schritt ein zumeist positives Echo. Ein intensiver Austausch mit ihren Gästen ist dem Paar besonders wichtig: "Bei Kritik reißen wir niemandem dem Kopf ab", sagt die Wirtin.

Werbung über Social-Media-Kanäle

Mit der Gastronomiebranche hatte keiner der beiden bisher Berührungspunkte. Yvonne Schiefner war vorher 20 Jahre im Einzelhandel tätig. Alle ihre Fertigkeiten für den neuen Job hat sie sich selbst beigebracht. Ray Schiefner arbeitet Vollzeit als Projektleiter. In der Musikkneipe findet er Lösungen für alle technischen Herausforderungen. Außerdem übernimmt er die Abstimmung mit den gebuchten Künstlern und kümmert sich um den Onlineauftritt. Er erzählt, dass die Bespielung der Social-Media-Kanäle tatsächlich eine Sache sei, die mehr Zeit in Anspruch nehme als erwartet. Per Instagram und Facebook erfahren die Gäste unter anderem, was es mittags in der Kneipe zu essen gibt.

Darüber hinaus sollen weitere online angekündigte Angebote wie zum Beispiel Rabatte für Mitarbeiter bei Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst und THW dafür sorgen, dass die Musikkneipe noch größeren Zuspruch erfährt. Im Alltag der Freitaler und Freitalerinnen anzukommen, ist noch ein weiter Weg. Inflation und die Nachwirkungen der Corona-Pandemie haben die "Ausgehstimmung" offenbar gebremst. Trotz kleiner Schwierigkeiten sind die Neugastronomen mit vollem Einsatz dabei: "Wir wussten, dass es schwer werden wird, und wir machen bestimmt nicht alles richtig", meint Yvonne Schiefner, aber eines sei die Musikkneipe für sie auf jeden Fall: authentisch.

Auf vermeintliche Trends wie Halloween oder vegane Küche aufzuspringen, kommt für sie nicht infrage. Auch beliebte saisonale Partys zum Oktoberfest oder zur Faschingszeit überlässt sie lieber anderen. In der Musikkneipe sollen die Menschen die Möglichkeit haben, mal wieder gemeinsam in der Runde zu sitzen und neue Leute kennenzulernen. Verstellen muss sich dafür niemand. Zum Schluss bringt die Gastgeberin es auf den Punkt: "Bei mir bedarf es nur guter Musik, dann läuft der Abend schon von allein."

Das sind die Öffnungszeiten der Musikkneipe 211: Montag: 18 Uhr bis Mitternacht, Dienstag und Mittwoch geschlossen, Donnerstag: 19 Uhr bis Mitternacht; Freitag und Sonnabend: 19 Uhr bis 2 Uhr früh und Sonntag 18 Uhr bis Mitternacht. Das Programm gibt es hier.