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Sachsens Energieminister kontert Kretschmers Kritik an Klimaplänen der Ampel

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sieht durch die Klimapolitik der Bundesregierung den sozialen Frieden in Gefahr. Vorwürfe, die sein grüner Regierungskollege Wolfram Günther zurückweist.

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Michael Kretschmer (CDU, l.) kritisiert vor allem das geplante Gebäudeenergiegesetz zur Heizungserneuerung, sein grüner Stellvertreter weist das zurück.
Michael Kretschmer (CDU, l.) kritisiert vor allem das geplante Gebäudeenergiegesetz zur Heizungserneuerung, sein grüner Stellvertreter weist das zurück. ©  Archivbild: dpa/Robert Michael

Dresden. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat die jüngsten Pläne der Ampel-Koalition in der Klimapolitik scharf kritisiert. "Die Ampel kündigt das Gleichgewicht von Ökonomie, Ökologie und Sozialem gerade auf", sagte der CDU-Politiker der "Bild am Sonntag" ("BamS"). "Die Pläne dieser Regierung führen zu Deindustrialisierung und zu Aufruhr in der Bevölkerung."

Kretschmer kritisierte vor allem das geplante Gebäudeenergiegesetz zur Heizungserneuerung: Es sei "mit der Brechstange" gemacht worden. "Viele Bürger werden sich den geforderten Umbau ihres Häuschens oder ihrer Wohnung schlicht nicht leisten können. Auch Vermieter und Wohnungsunternehmen schlagen Alarm", meinte der Landeschef. "Die Energiewende wird für die Bürger unbezahlbar und die Politik wird damit einen großen Teil der Bevölkerung verlieren." Es werde wegen der Klimapolitik zu massiven Standortverlagerungen von Unternehmen weg aus Deutschland kommen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) forderte in der Zeitung bei der Heizungserneuerung großzügige Ausnahmeregelungen für Krankenhäuser, Pflege- und Reha-Einrichtungen. "Wir werden nicht zulassen, dass steigende Energie- und Heizkosten Krankenhäuser in ihrer Existenz gefährden", sagte Lauterbach. Konkret soll es den Einrichtungen möglich sein, unter bestimmten Umständen auch in Zukunft etwa den Einbau einer neuen Gasheizung zu beantragen.

Sachsens Energieminister Wolfram Günther kritisierte auf Twitter das politische Vorgehen der Union. "16 Jahre lang haben CDU und CSU in Regierungsverantwortung die Energiewende explizit verhindert. Jetzt Aufruhr und Angst herbeizureden, ist das Gegenteil der Lösung für die riesige Zukunftsfrage Klimaschutz", sagte der Grünen-Politiker. Zudem würde diese Rhetorik nur diejenigen stärken, deren Geschäft es noch nie war, Lösungen zu erarbeiten.

Kritik kam auch aus CDU-Kreisen. Der frühere Ostbeauftragte der Bundesregierung Marco Wanderwitz schrieb auf Twitter, wer derzeit dem "Aufruhr in der Bevölkerung" das Wort rede, sei kein verantwortungsvoller Politiker. Die Lage sei herausfordernd, aber Land und Menschen "geht es in der Breite sehr gut", betonte der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete. "Aufruhr" sei daher "weder angezeigt, noch wäre er akzeptabel".

Nach Auffassung der in Sachsen mitregierenden Grünen steht in der von Kretschmer geführten Landes-CDU die Brandmauer "gegen Rechts" nicht. Anstatt dieses Problem anzugehen, nutze der Parteichef "Aufruhr-Narrative von AfD und Co für populistische Kampagnen gegen die Grünen", kritisierte der Landesverband. Die AfD im Landtag forderte Kretschmer auf, sich von den Grünen als Regierungspartner zu trennen.

Kritik kam auch vom Koalitionspartner SPD, der allerdings in einer Erklärung Kretschmer nicht namentlich nannte. "Wer jetzt die Angst vor 'Deindustrialisierung' schürt, handelt unverantwortlich. Solche Kampfbegriffe haben mit der tatsächlichen Situation in Sachsen nichts zu tun", betonte SPD-Chef Henning Homann. Es gehe darum, den Industriestandort dauerhaft zu sichern und zum "Zukunftsindustrieland" zu machen. Homann sprach sich für einen schnelleren Ausbau von Wind- und Solarenergie aus.

Die Ampel-Koalition hatte zuletzt einen Kompromiss beim umstrittenen Gebäudeenergiegesetz erzielt. Demnach bleibt es im Kern dabei, dass ab dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Es dürften damit keine reinen Gas- oder Ölheizungen mehr neu installiert werden. Es soll aber Ausnahmen, Übergangsfristen und eine umfassende Förderung geben.

Auf dem FDP-Bundesparteitag am Samstag beschlossen die Delegierten einen Antrag, der "große Änderungen" am Gebäudeenergiegesetz verlangt, für das ein Entwurf mit Zustimmung der FDP-Minister in der vergangenen Woche vom Kabinett verabschiedet worden war. Die Vorschriften griffen zu stark in ein selbstbestimmtes Leben der Menschen ein, kritisiert die FDP nun. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa im Auftrag der "Bild am Sonntag" sprechen sich jedoch 55 Prozent der Parteianhänger für ein Verbot von neuen Gas- und Ölheizungen aus. In der Gesamtbevölkerung seien dies nur 32 Prozent. (dpa mit SZ/ale)