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Morgenlage in Sachsen: Wagenknecht liebäugelt mit CDU, weniger Drohungen gegen Politiker

Wagenknecht liebäugelt mit CDU-Koalition + Weniger Bedrohungen gegen Politiker + Freistaat stellt mehr Seiteneinsteiger für Schulen ein

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Stellen Sahra Wagenknecht und Michael Kretschmer 2024 in Sachsen die Regierung?
Stellen Sahra Wagenknecht und Michael Kretschmer 2024 in Sachsen die Regierung? © dpa

Guten Morgen,

es verwundert mich immer wieder, dass Menschen sich auch dann nicht vom Mitgehen bei einer Demonstration abhalten lassen, wenn sie ganz genau wissen, dass sich an der Spitze und unter den entscheidenden Organisatoren eindeutige Rechtsextremisten befinden. "Das kann man doch nie ausschließen", "Das kann ich doch nicht beeinflussen, wer da mitgeht", "Wenn das Anliegen stimmt, dann ist es doch egal, wer es mitträgt" - die Liste der Ausreden, Beschwichtigungen und Begründungen fürs eigene Wegschauen und Ignorieren der Tatsachen, ist unvorstellbar lang. Und mindestens genauso gedankenlos. Da gibt es nichts, was ich noch nicht gehört hätte in den vergangenen Jahren.

Ausreichend "Demo-Erfahrung", die haben alle hier in diesem Bundesland. Die aus der Geschichte entlehnten und übel gekaperten "Montagsdemos" durch viele Kommunen. Auch wenn sie mit den legendären Demonstrationen in der Vor-Wende-Zeit so gar nichts mehr zu tun haben. Doch es lohnt sich hinzuhören, aufmerksam zu bleiben – auch auf unserer beobachtenden Seite. Viele meiner Kollegen tun das seit vielen, vielen Jahren. Nicht immer schreiben sie dazu sofort etwas. Aber sie machen damit eine wichtige, sehr aufwändige Arbeit, weil sie so eine Entwicklung feststellen und dokumentieren können.

Auch meine Görlitzer Kollegin Susanne Sodan begleitet seit langer Zeit vor Ort Versammlungen, Aufmärsche und abendlichen Zusammenkünfte. So lange, bis das, was sie immer wieder beschrieben und dokumentiert hat, nun quasi auch „amtlich“ wird: Das Organisationsteam der Görlitzer Montagsdemonstration ist seit gestern vom sächsischen Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft worden. Dabei geht es vor allem um vier Personen, die mit ihren Äußerungen zu einer demokratiefeindlichen und womöglich gar sicherheitsgefährdenden Delegitimierung des Staates beitragen. Klare Worte. Eindeutige Erkenntnisse. Was da teilweise geäußert wird – meine Kollegin hat es analysiert, aufgeschrieben und damit dokumentiert. Auch für alle, die denjenigen, die so etwas sagen, noch immer gerne am Montagabend – im wahrsten Sinne des Wortes – nahezu blind und gedankenlos folgen.

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion Sächsische.de

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Die wichtigsten News am Morgen:

Wagenknecht liebäugelt mit CDU-Koalition

Sahra Wagenknecht bringt eine Koalition ihrer neuen Partei mit der CDU in Sachsen ins Gespräch. "Im Zweifel ist das vielleicht besser, als wenn Kretschmer mit der AfD regiert", sagte sie der Zeit. Es könne der Fall eintreten, dass AfD und ihre Partei bei der Landtagswahl 2024 in Sachsen zusammen bei mehr als 50 Prozent liegen. Dann müsse man notfalls auch über ein Bündnis mit der CDU nachdenken. Nach einer Umfrage von Sächsische.de und anderen vom Sommer können sich 29 Prozent der Sachsen vorstellen, die Wagenknecht-Partei zu wählen. Der Parteiaustritt Wagenknechts und mehrerer Gefolgsleute hat bei den Linken in Sachsen bislang nicht zu einem Aderlass geführt. Wie der Landesvorstand auf Anfrage mitteilte, wurden bis Mittwochvormittag 25 Eintritte und sieben Austritte registriert.

Ob die Partei auch bundesweit ein so hohes Wahlergebnis einfährt, bleibt abzuwarten. Ersten Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Insa (Erfurt) für "Bild" kommt die Partei aus dem Stand auf 12 Prozent der Stimmen. Der Gründer und Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa (Berlin), Manfred Güllner, hält das Umfrageergebnis allerdings für "absoluten Unsinn". Wie er der Leipziger Volkszeitung erklärte, ergab eine Befragung durch Forsa im Auftrag von RTL am Montag, dass von bundesweit 500 Befragten ganze vier Personen an, eine Wagenknecht-Partei wählen zu wollen. "12 Prozent für Wagenknecht jetzt halte ich für absolut abenteuerlich", sagte Güllner und fügte hinzu, eine Bewertung "deutlich unter 5 Prozent" sei derzeit realistisch.

Weniger Bedrohungen gegen Politiker in Sachsen

Bedrohungen gegen Politiker und Parteimitglieder sind in Sachsen in diesem Jahr deutlich zurückgegangen. Das geht aus einer Anfrage beim Landeskriminalamt Sachsen (LKA) hervor. Demnach wurden im Vorjahr 17 Bedrohungen gegen Amtsträger, drei gegen Mandatsträger und sieben gegen Mitglieder oder Repräsentanten von Parteien registriert. In diesem Jahr waren bis zum 24. Oktober jeweils drei Amts- und Mandatsträger und fünf Parteimitglieder bedroht worden. Nach Angaben des LKA hatten die Corona-Pandemie und der Russland-Ukraine-Konflikt im Jahr 2022 erheblichen Einfluss auf die Fallzahlen. Das Innenministerium geht nach Auswertung von Studien sowie zahlreichen Gesprächen mit Amts- und Mandatsträgern jedoch von einem gewissen Dunkelfeld aus, weil nicht alle Fälle angezeigt.

Sachsen stellt mehr Seiteneinsteiger für Schulen ein

Der Freistaat konnte in diesem Jahr mehr Personen für den Seiteneinstieg in den Lehrerberuf gewinnen. Zum 1. November werden 265 Seiteneinsteiger eingestellt, teilt das Kultusministerium mit. Das sind etwa 70 Bewerberinnen und Bewerber mehr als im Vorjahr. Die Seiteneinsteiger starten eine dreimonatige Einstiegsfortbildung, in der erfahrene Lehrkräfte Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu wesentlichen Abläufen des Schulalltags und der Unterrichtsgestaltung vermitteln. Danach steht den Seiteneinsteigern für zwei Halbjahre eine Mentorin oder ein Mentor an ihrer Schule zur Verfügung. Die Einstellungsrunde zum November war die erste, nachdem das Kultusministerium die Hürden für den Seiteneinstieg gesenkt hat.

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