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Morgenlage in Sachsen: Kretschmer; VW streicht Stellen; Freie Wähler im Aufwind

Asylpolitik: Kretschmer wirbt für flexible Obergrenze + VW will Tausende befristete Stellen auslaufen lassen + Israel-Krieg: Polizei trennt Demo-Teilnehmer in Dresden

Von Tobias Winzer
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Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer wirbt in der Asylpolitik für eine flexible Obergrenze.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer wirbt in der Asylpolitik für eine flexible Obergrenze. © dpa

Guten Morgen,

zwei gewonnene Landtagswahlen im Rücken und ein Oppositionsführer, der mit dem Kanzler auf Augenhöhe zur Asylpolitik verhandelt - es scheint gerade zu laufen für die Union, was sich unweigerlich im Selbstbewusstsein ihrer Spitzenpolitiker widerspiegelt. Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer ist davon nicht ausgeschlossen. Dass sich Kretschmer in der Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Vorschlag, Asylbewerbern nur noch Geldkarten statt Bargeld auszureichen, durchgesetzt hat, ist ohne Zweifel ein Erfolg für ihn.

Auch die Kollegen der FAZ scheinen beeindruckt und fragen Kretschmer im Interview vom Wochenende ganz ernsthaft, ob er sich fühle wie der Prophet, der in der eigenen Partei nichts gelte. Kretschmers Antwort will ich Ihnen nicht vorenthalten. "Das wirkt vielleicht so, weil ich Dinge ausspreche, die noch nicht für jeden so klar sind. Aber wenn Sie sich das Thema Migration anschauen oder die Energiewende, dann ist es so gekommen, wie ich gesagt habe. Beim Thema Ukraine wird es auch so kommen." Friedrich Merz habe eine ganz andere Meinung, so Kretschmer. "Aber ich bin sehr beeindruckt, dass er immer wieder auch meine Position hören will, auch in größeren Gremien. Das ist eine große Stärke."

Gut, Bescheidenheit klingt anders, aber vielleicht ist das ja auch das neue Selbstbewusstsein der Ostdeutschen, das so oft eingefordert wird.

Und die Erfolgswelle dürfte weiterschäumen. Morgen trifft sich Kretschmer mit seiner Ministerriege zur auswärtigen Kabinettssitzung in Berlin. Mit am Tisch sitzen dann unter anderem Verteidigungsminister Boris Pistorius, Arbeitsminister Hubertus Heil und Finanzminister Christian Lindner. Es soll unter anderem um die geplante Ansiedlung der Bundeswehr in Sachsen gehen. Gut möglich, dass Kretschmer anschließend gute Nachrichten verkünden kann.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur Sächsische.de

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Die wichtigsten News am Morgen:

Asylpolitik: Kretschmer wirbt für flexible Obergrenze

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat sich zum wiederholten Mal für eine Obergrenze bei der Zuwanderung ausgesprochen. Bei der Migration sei eine Wende nötig, sagt der CDU-Politiker in einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. "Mit einer Million Menschen aus der Ukraine und wahrscheinlich 350.000 Asylbewerbern dieses Jahr sind wir überfordert", so Kretschmer. "In der Zukunft kann es sein, dass wir nur 20.000 oder 50.000 aufnehmen. In anderen Jahren sind vielleicht bis zu über 200.000 möglich." In dem Interview äußert sich Kretschmer auch zu möglichen Konstellationen nach der Landtagswahl 2024: "Wir arbeiten natürlich dafür, dass die CDU stärkste Kraft wird und dass wir aus der gesellschaftlichen Mitte heraus eine Regierung bilden können, mein Wahlziel ist: ohne die Grünen. Aber wenn es das Wahlergebnis nicht anders hergibt, auch mit den Grünen."

Bund und Länder wollen bis Anfang November zu gemeinsamen Lösungen kommen, um den Zuzug Hunderttausender Flüchtlinge nach Deutschland in den Griff zu bekommen. Bundeskanzler Olaf Scholz, die Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) und Stephan Weil (SPD) berieten am Freitagabend erstmals mit dem Oppositionsführer im Bundestag, CDU-Chef Friedrich Merz. Anschließend war von "konstruktiven Gesprächen" die Rede. Am 6. November finden in Berlin Beratungen aller Ministerpräsidenten mit Scholz statt. Vor dem Treffen hatten die Ministerpräsidenten der Länder getagt. Dabei konnte sich Sachsen mit seinem Vorschlag einer Geldkarte für Asylbewerber durchsetzen. Die Länder forderten den Bund auch auf, effektive Maßnahmen zur Beschleunigung der Asylverfahren zu ergreifen und unerlaubte Einreisen etwa durch stationäre Grenzkontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Polen zu unterbinden.

Aus Protest gegen die Asylpolitik der Bundesregierung haben sich derweil am Sonnabend in Schmilka etwa 200 Menschen an der deutsch-tschechischen Grenze versammelt. Unter dem Motto "Grenzen dicht!" hatte die rechtsextreme Partei "Freie Sachsen" zu der Versammlung aufgerufen. Allerdings war vor Ort unüberhörbar, dass man sich mehr Zuspruch versprochen hatte. Laut Polizei verlief die Versammlung störungsfrei. Allerdings gab es den Verdacht der Uniformierung. Fünf Personen trugen Kleidung mit der Aufschrift "Bürgerwehr Altenberg" und traten teils als Ordner auf.

VW will Tausende befristete Stellen auslaufen lassen

Ab heute startet Volkswagen die Produktion der Elektrofahrzeuge in Dresden und Zwickau wieder im vollen Umfang. Nachdem die Fertigung an den beiden sächsischen Standorten in den vergangenen Wochen heruntergefahren worden war, beginnt sie wieder regulär in Dresden im Einschichtbetrieb sowie in Zwickau im Dreischichtbetrieb in beiden Hallen. Doch ein Unternehmenssprecher bestätigt, dass weitere Stellen in Zwickau innerhalb der nächsten zwei Jahre auslaufen könnten. Demnach werden die 2.200 befristeten Verträge nicht verlängert, sollte sich die Marktsituation nicht ändern. Zudem kündigte VW ein Sparprogramm an, um bis 2026 zehn Milliarden Euro mehr Gewinn zu machen. Möglicherweise müsse man für die Einsparung auf weitere Maßnahmen zurückgreifen, etwa die Anpassung des Schichtbetriebes.

Israel-Krieg: Polizei trennt Demo-Teilnehmer in Dresden

Eine Solidaritätskundgebung für Israel und eine Pro-Palästina-Demo sind am Wochenende in Dresden friedlich verlaufen. Auf beiden Seiten versammelten sich jeweils rund hundert Menschen. Die Polizei trennte beide Lager mit einem massiven Aufgebot. Bei der pro-palästinensischen Versammlung zeigten zwei Frauen Schilder mit strafrechtlich relevanten Inhalten. Weiterhin prüft die Polizei einen Redebeitrag der Versammlung auf strafrechtliche Relevanz und geht Hinweisen zu möglichen verbotenen Parolen nach. Derweil hat Israels Ex-Premier Naftali Bennett die Angriffe auf Gaza im britischen TV mit der Bombardierung Dresdens verglichen. Sächsische Handwerker, die sich seit Jahren mit Arbeitseinsätzen in Israel engagieren, trauern um einen Wegbegleiter. Alle aktuellen Entwicklungen zum Krieg in Israel gibt es in unserem Newsblog.

Freie Wähler hoffen auf Schwung aus Bayern

Nach ihrem jüngsten Erfolg bei der bayrischen Landtagswahl wollen die Freien Wähler (FW) auch in Sachsen angreifen. "Auf kommunaler Ebene sitzen wir mit 3.000 Mandatsträgern in den Gemeinderäten, Stadträten und Kreistagen", sagt Landeschef Thomas Weidinger. Diese wollen sie zusammenbringen. Außerdem haben er und seine Kollegen in Vorbereitung auf den Wahlkampf mit rund 50 Bürgermeistern in ganz Sachsen gesprochen. Unter ihnen seien auch mögliche Kandidaten für die Wahl. Als Spitzenkandidat für den Wahlkampf wünschen sich die Freien Wähler den Grimmaer OB Matthias Berger (parteilos). Ob er antreten wird, ist noch unklar. Eine Option für ein politisches Amt ist neben Weidinger und sein Vize Bernd Schulze auch der Ex-CDU-Landtagsabgeordnete und ehemalige Staatssekretär des Innenministeriums, Günther Schneider.

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