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Morgenlage in Sachsen: Solarindustrie; Zastrow; AfD-Verbot; Spitzen-Triell in Görlitz

Meyer-Burger-Aus? Dulig fordert Hilfe von Bundesregierung + Zastrow konkretisiert Pläne + SPD-Abgeordnete für Prüfung eines AfD-Verbotes + Triell der Spitzenpolitiker im Kreis Görlitz

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Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig sieht wegen der Probleme bei Solarhersteller Meyer Burger den Bund in der Pflicht.
Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig sieht wegen der Probleme bei Solarhersteller Meyer Burger den Bund in der Pflicht. © SMWA/Kristin Schmidt

Guten Morgen,

welche Kreise ziehen die Entscheidungen? Auf den Austritt des langjährigen sächsischen FDP-Chefs Holger Zastrow folgt der des mittelsächsischen Kreischefs Miro Becker. Der verlässt – wie sein Stellvertreter Rico Schaarschmidt – die Liberalen. Becker nennt Frust über den Kurs der Ampel und die Rede von FDP-Minister Christian Lindner bei den Bauernprotesten als Begründung.

Schwer zu sagen, ob weitere Liberale folgen. Das gilt auch für die Linke. In Zwickau haben vier Genossen die Fraktion verlassen und sich der Wagenknecht-Partei BSW angeschlossen. Ähnliches passiert in Riesa. Das schmerzt die Linkspartei. Doch offen ist, ob daraus eine größere Wechselbewegung hin zu Wagenknechts neuem Bündnis entsteht.

In beiden Lagern – Liberale und Linke – gibt es Unzufriedenheit an der Basis mit der Politik im Bund. Bei der Regierungspartei FDP springt das deutlicher ins Auge. Bei der Linken – die im Bundestag auf den Oppositionsbänken sitzt – ist es eher eine Differenz in gesellschaftspolitischen Fragen, in der Haltung zu Migration, Gendern und Klimaschutz.

Es ist zu früh, um daraus einen grundlegenden Wandel der Parteienlandschaft in Sachsen abzuleiten – auch wenn Wagenknecht generell im Osten hohe Beliebtheitswerte verbucht. Aber all das zeigt auch: Die politischen Strukturen sind nicht mehr so festgefügt. Neue Bewegungen entstehen, die sich womöglich gar nicht so sehr unterscheiden. Die Kommunalwahl im Juni wird jedenfalls mehr als ein Fingerzeig in Richtung Landtagswahl.

Einen schönen Tag wünscht Ihnen,

Ihr Thilo Alexe, Politikredakteur Sächsische.de

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Die wichtigsten News am Morgen:

Meyer-Burger-Aus? Kretschmer fordert Rettungspaket

Der Fertigung von Solarmodulen in Freiberg droht erneut das Aus. Der Hersteller Meyer Burger erwägt, sein dortiges Werk zu schließen und damit die Herstellung von Solarmodulen in Deutschland zu beenden. Das Schweizer Unternehmen stellte am Mittwoch einen Plan vor, um die "unhaltbaren Verluste" in Europa zu verringern und sich auf die USA zu konzentrieren. 500 Beschäftigte wären davon betroffen. Eine endgültige Entscheidung müsste bis Mitte Februar getroffen werden, hieß es.

Unternehmenschef Gunter Erfurt fand am Mittwoch emotionale Worte: "Noch ist nichts entschieden", betonte er. Er mache aber kein Geheimnis daraus, dass das Ende der Firma in Freiberg für ihn persönlich die größte Niederlage seines Berufslebens wäre. Ministerpräsident Michael Kretschmer, Energie- und Klimaschutzminister Wolfram Günther und Wirtschaftsminister Martin Dulig fordern den Bund zum Handeln auf. Dulig sagt: "Eine strategische Unterstützung durch die Politik ist nötig, damit wir uns nicht in eine komplette Abhängigkeit von China begeben." Kretschmer sagt: "Bund und EU müssen nun endlich handeln, sonst kostet die verfehlte Energiepolitik wertvolle Arbeitsplätze im Osten. Die Solarindustrie braucht jetzt dringend ein Rettungspaket und eine sichere Zukunftsperspektive."

Derweil wird die Energiewende zum Job-Motor in Hoyerswerda. Die Yados GmbH, die Fernwärmestationen, Blockheizkraftwerke sowie alle Systemkomponenten für effiziente Wärmenetze herstellt, will in diesem Jahr rund 20 Millionen Euro in den Standort investieren, die Produktionsfläche praktisch verdoppeln und im Laufe der kommenden Jahre auch die Mitarbeiterzahl. Mit 600 Beschäftigten rechnet das Unternehmen dann.

Nächster Austritt bei der FDP; Zastrow konkretisiert Pläne

Nach dem überraschenden Parteiaustritt von Holger Zastrow muss die sächsische FDP einen weiteren Abgang hinnehmen. Der FDP-Kreisvorsitzende in Mittelsachsen, Miro Becker, hat dem Vorstand seinen Rücktritt von allen Parteiämtern und den Austritt aus der FDP mitgeteilt. Die Entscheidung sei nicht leicht gewesen und in den letzten Monaten gereift. "Die Rede des Bundesvorsitzenden Christian Lindner auf der Abschlusskundgebung der sogenannten Bauernproteste war der entscheidende Moment den endgültigen Schlussstrich mit der Partei zu ziehen", so Becker. "Das zeitgleiche Austreten mit dem ehemaligen Landesvorsitzenden der FDP Sachsen Holger Zastrow, war nicht abgesprochen." Becker betont, dass er nicht aus Frust auf die Mittelsachsen-FDP austritt.

Derweil konkretisiert Zastrow seine Pläne, eine neue "Sammlungsbewegung" zu gründen. Gegenüber Sächsische.de sagt Zastrow, er werde alle möglichen Initiativen ansprechen, beispielsweise auch die Verantwortlichen des Vereins "Automobil in Dresden", die dafür kämpfen, dass Autofahrende in Dresden nicht ausgebremst werden. "Ich denke an Persönlichkeiten wie Unternehmer, Kulturschaffende, Sportler, einfach Leute, die etwas bewegen." In welcher Struktur die Bewegung arbeiten wird, sei ebenso offen wie der Name dafür. "Aber die Richtung ist eindeutig volle Mitte", so Zastrow weiter. "Es müssen wieder die Interessen der Bürger vertreten werden, keine Randthemen. Aber aktuell schläft die Mitte und deshalb droht Veränderung von den Rändern her, das kann niemand wollen." Eine Beteiligung bei der Kommunalwahl in Dresden und bei der Landtagswahl hält Zastrow nicht für unrealistisch.

SPD-Abgeordnete für Prüfung eines AfD-Verbotes

Gemeinsam mit anderen SPD-Bundestagsabgeordneten fordert die sächsische Sozialdemokratin Rasha Nasr die Prüfung eines AfD-Verbotsverfahrens. "Die Erkenntnisse der Correctiv-Recherche haben uns ins Mark getroffen und Ängste und Unsicherheiten in der Bevölkerung bestätigt und verstärkt", heißt es in einer Erklärung von 25 sozialdemokratischen Abgeordneten mit Migrationshintergrund. Und: "Insbesondere wir, die eine familiäre Einwanderungsgeschichte haben, machen uns ernsthafte Gedanken über die Sicherheit und die Zukunft in diesem Land." Nasr sagt gegenüber Sächsische.de: "Ich bin dafür, dass die Bundesländer, in denen die AfD-Verbände als rechtsextremistisch eingestuft sind, im Bundesrat aktiv werden." Sie spricht mit Blick auf das Potsdamer Treffen von "Deportationsphantasien", die eine "neue Dimension" bedeuteten. Die SPD-Spitzenkandidatin zur Landtagswahl, Petra Köpping, hatte sich zuletzt für die regelmäßige Prüfung eines Verbotsverfahrens ausgesprochen.

Triell der Spitzenpolitiker im Kreis Görlitz

Nach der CDU, der SPD und der FDP haben nun auch die Bündnisgrünen ihre Direktkandidaten zur Landtagswahl im Kreis Görlitz benannt. Dabei könnte es wie schon vor fünf Jahren im Görlitzer Wahlkreis zum Aufeinandertreffen sächsischer Spitzenpolitiker kommen. Nicht nur tritt in Görlitz und Umland Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) wieder an, auch die grüne Fraktionschefin Franziska Schubert, eine von drei Spitzenkandidaten ihrer Partei, wird im Görlitzer Wahlkreis sich um ein Direktmandat bemühen. Das beschlossen die Grünen jetzt. Außerdem wird erwartet, dass die AfD erneut ihren innenpolitischen Sprecher Sebastian Wippel ins Rennen schickt. Schubert will nach dem Mutterschutz wieder in die Politik zurückkehren und sowohl für die Kommunalwahl im Juni als auch die Landtagswahl im September zur Verfügung stehen.

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