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Wie sicher sind Sachsens Museen und Kultur-Tempel?

In den 20 Jahren seit dem verheerenden Hochwasser wurde viel in den Schutz der Kunstschätze und Kulturbauten des Freistaats investiert. Reicht das?

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Gegen solche Fluten wie 2002 st die Semperoper gut vorbereitet: Das Haus hat ein mobiles Schutzsystem, das es auch vor dem Wasser bewahrt, das von unten aus der Kanalisation nach oben drückt.
Gegen solche Fluten wie 2002 st die Semperoper gut vorbereitet: Das Haus hat ein mobiles Schutzsystem, das es auch vor dem Wasser bewahrt, das von unten aus der Kanalisation nach oben drückt. © Ulrich Baumgarten

Von Simona Block

Im August 2002 wurden die erst vom Gebirgsflüsschen Weißeritz überfluteten und anschließend in der ausufernden Elbe versinkenden Dresdner Kulturstätten zum Sinnbild einer Katastrophe. Die Flut hinterließ an Semperoper, Zwinger und Albertinum Schäden von über 50 Millionen Euro. In einer spektakulären Aktion wurden Tausende Kunstwerke vor dem zerstörenden Nass gerettet – in letzter Minute. Die Katastrophenerfahrung und die positiven Erlebnisse „sind in die DNA der SKD eingeschrieben“, sagte Generaldirektorin Marion Ackermann.

Sie verwies auf die von prominenten Künstlern unterstützte Benefizauktion, bei der 3,4 Millionen Euro für das hochwassersichere Gemäldedepot zusammenkamen. „Unser Risikomanagement, mit dem wir bis heute arbeiten, fußt auf den damaligen Erfahrungen und wurde zum Modell für viele andere Museen in Deutschland“, so Ackermann. Inzwischen haben Gemälde und Rahmen ein hochwassersicheres Depot, das wie eine schwebende Arche über dem Innenhof des Albertinums ins Dach eingehängt ist, und die Skulpturen befinden sich über der Erde in Schaudepots.

Mitarbeiter der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft fahren mit einem Rettungsboot am Dresdner Zwinger vorbei.
Mitarbeiter der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft fahren mit einem Rettungsboot am Dresdner Zwinger vorbei. © Ronald Bonß

87,5 Millionen für Schadensbeseitigung und Vorkehrungen

Überhaupt sind zwei Jahrzehnte nach der Flutkatastrophe Sachsens Kunstschätze und Kulturbauten besser als damals vor Hochwasser geschützt. Der Freistaat hat laut Finanzministerium bis 2021 rund 87,5 Millionen Euro zur Schadensbeseitigung und für bauliche Vorkehrungen angesichts zunehmender Wetterextreme und Naturereignisse dieser Art ausgegeben. „Alle Instandsetzungsarbeiten sind abgeschlossen“, sagte eine Sprecherin.

Eingebaut wurden Rückhalteanlagen wie Dammbalken, mobile Schutzbarrieresysteme, druckdichte Türen und Abschottungen. Man verlegte technische Anlagen in höhere Ebenen, lagerte ebenerdige oder unterirdische Depotflächen aus. Und bei Neubauten wie dem derzeit entstehenden Archiv der Avantgarden der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) wird der Hochwasserschutz gleich mitgedacht. Bis 2005 konnten die durch Wasser oder extrem hohe Luftfeuchtigkeit in Mitleidenschaft gezogenen Werke der Gemäldesammlung Alte Meister restauriert werden.

Das kunsthistorisch wertvolle Schloss Pillnitz wurde im August 2002 notgesichert. In Erwartung einer zweiten Flutwelle wurden Außengänge verbarrikadiert und die Restaurierungswerkstatt evakuiert.
Das kunsthistorisch wertvolle Schloss Pillnitz wurde im August 2002 notgesichert. In Erwartung einer zweiten Flutwelle wurden Außengänge verbarrikadiert und die Restaurierungswerkstatt evakuiert. © Zentralbild

100 beschädigte Rahmen warten noch auf Restaurierung

Dagegen sind nach SKD-Angaben bisher nur 25 der damals aus dem teils komplett vollgelaufenen Rahmendepot unter dem Semperbau geborgenen Objekte bearbeitet. Über 100 flutgeschädigte Schmuckrahmen warten noch darauf. Die Semperoper hat ein mobiles Schutzsystem, das sie auch vor Wasser bewahrt, das aus der Kanalisation drückt. Das Schauspielhaus ist mit Trennwänden, großen Pumpen sowie Notstromversorgung gewappnet. Bund und Länder hatten für betroffene Kultureinrichtungen in Sachsen 85,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Auch Theater in Radebeul, Meißen und Döbeln, Museen in Eilenburg, Grimma, Meißen, Olbernhau und Pirna, die Schlösser Pillnitz, Weesenstein, Klaffenbach und Nossen oder Bibliotheken in Freital, Grimma und Schmiedeberg standen damals auf der Schadensliste. Nach einer Bilanz vom August 2003 beliefen sich die Schäden an Kulturstätten insgesamt auf 115 Millionen Euro. Hochwasser und Flut seien grundsätzlich nicht zu verhindern, sagte Ackermann. Hochwasserschutz und Notfallpläne für die Bergungsmaßnahmen könnten allerdings optimiert werden, um das Risiko gegenüber 2002 zu minimieren.

Hochwasser, Brande, Diebstahl und Vandalismus im Fokus

Über andere Gefährdungen wie Hitzewellen und Klimatisierung in Energiekrisen werde gerade auch auf politischer Ebene diskutiert. Ackermann sieht den Schutz von Kulturgütern und -einrichtungen „als gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern“ an. Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU) verweist auf das im Zuge der Analyse der Ereignisse von damals entstandene Netz regionaler Notfallverbünde von Kulturinstitutionen zur Hilfe und Unterstützung im Ernstfall. „Dadurch wurde ein schneller und situationsbedingter Einsatz optimiert.“

Sicherheit in Museen ist Daueraufgabe der Häuser und ihrer Träger, sagte Sabine Wolfram, Vorsitzende des Sächsischen Museumsbundes. Neben Hochwasser stünden Brände, Diebstähle oder Vandalismus im Fokus. In kommunalen und regionalen Notfallverbünden entwickelten Kultureinrichtungen mit Partnern wie Feuerwehren Konzepte, um für künftige Gefahren und Katastrophen gewappnet zu sein. „Die Museen nehmen das ernst“, sagte Wolfram. Allerdings zeige der Krieg in der Ukraine, „wie fragil die Sicherheit von Kulturgut von heute auf morgen sein kann“. (dpa)