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Wohlstand und Hitlergruß: Reichtum schützt nicht vor Rassismus

Rechtsextremismus ist im Osten besonders weit verbreitet. Doch das Problem ist ein gesamtdeutsches und betrifft auch Reiche. Ein Kommentar von Oliver Reinhard.

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© Montage: SZ

So widerwärtig die rassistischen Grölereien auf Sylt und im Elite-Internat Louisenlund sind, die Ereignisse haben auch etwas, nun ja: Gutes. Zum einen zeigt die kollektive Empörung, dass so etwas in den Augen der allergrößten Gesellschaftsteile gar nicht geht.

Zum anderen wird auch und gerade anhand der Hitlergrüße beim Hamburger Schlagermove einmal mehr deutlich: Rechtsextremismus und Rassismus sind im Osten zwar besonders flächig und tief verankert – doch sie sind und bleiben ein bundesweites Phänomen. Das eben deshalb auch auf breitester Front angegangen werden muss, und zwar schichtübergreifend.

Der Pérignon-Pöbel kennt kein Wertesystem mehr

Denn was das Beispiel Sylt zudem vor Augen führt, aber trotz all unserer Kenntnisse vom Auseinanderklaffen der sozialen Sphären und dem immer größeren Wohlstand Weniger fast nie thematisiert wird: die gänzliche Abgehobenheit mancher Exponenten speziell der neureichen Oberklasse. Auch für jenen Pérignon-Pöbel scheint überhaupt kein Wertesystem mehr zu existieren.

Er zeigt nur nihilistische, hedonistische und elitäre Egozentrik, deren Alles-Geht-Einstellung weder minimale Anstandsgrenzen noch irgendwelche Skrupel kennt. Hauptsache, man traut sich voll was, sogar übelste Tabubrüche wie Hitlergrüße und Rassismus, haha, wie geil sind wir denn?

Gipfel der charakterlichen Verkommenheit

Eben diese ins Menschenverachtende verstiegene totale Werte-Losigkeit markiert den Gipfel der charakterlichen Verkommenheit. Nicht einmal pubertäres Louisenlunder Provo-Tum, Bildungsferne oder Existenzängste ließen sich für solche Leute verteidigend ins Feld führen.

Höchste Zeit also, dass endlich auch die Abgründe des abgehobenen Wohlstands stärker in die Blicke der Öffentlichkeit und der Medien geraten, statt nur im geschützten Goldkäfig der Klatschpresse beschönigt zu werden.

E-Mail an Oliver Reinhard