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Satte Mehrheit für Islamisten in Ägypten

Die Muslimbrüder könnten die Regierung bilden, wenn sie sich mit den radikalen Islamisten einigen.

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Kairo. Das ist mehr als eine Überraschung, das ist schon ein Paukenschlag, der das politische Gesicht Ägyptens verändern dürfte: Der eigentliche Sieger der ersten Runde der Parlamentswahlen sind die radikalen Islamisten der An-Nur-Partei. Diese kaum bekannte politische Kraft könnte mit bis zu 20 Prozent der Stimmen auf dem zweiten Platz landen – hinter den als gemäßigt geltenden Muslimbrüdern, deren Wahlsieg vorhersehbar war.

Damit werden im Parlament islamistische Parteien wahrscheinlich eine satte Mehrheit haben. Das geht aus den bisherigen Ergebnissen der ersten Runde der Parlamentswahl hervor. Bei dem ersten Wahlgang hatten am Montag und Dienstag die Bewohner von Kairo, Alexandria und sieben ländlichen Provinzen abgestimmt.

Deutliche Abfuhr für Erdogan

Die Muslimbruderschaft, die sich selbst als „moderat islamisch“ bezeichnet, präsentiert nach ihrem erwartet guten Abschneiden im ersten Wahlgang die erste islamische Gemeinschaft unter dem Propheten Mohammed als Vorbild für das „neue Ägypten“. Das Oberhaupt der Muslimbrüder, Mohammed Badia, erklärte in einer Botschaft, es sei die Stärke der islamischen Zivilisation, „dass sie eine mit Gott verbundene Zivilisation ist“. In einer islamischen Gesellschaft müsse niemand Hunger leiden. Alle könnten in Frieden und Sicherheit leben.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte sich jüngst bei seinem Besuch in Kairo übrigens eine Abfuhr von den Muslimbrüdern geholt. Er hatte die Türkei – einen zwar von Islamisten regierten, aber säkularen Staat – als Vorbild gepriesen.

40 Prozent für Muslimbrüder

Nach den inoffiziellen Angaben erhielt die Partei der Muslimbrüder (Partei der Freiheit und Gerechtigkeit) mehr als 40 Prozent der Stimmen. Auf dem zweiten Platz landete besagte radikal-islamistische Partei des Lichts, die in einigen Provinzen mehr als 30 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte. Die von linken und liberalen Parteien gebildete Ägyptische Allianz lag in den meisten Bezirken auf dem dritten Platz. Damit werden islamistische Kräfte möglicherweise sogar über eine Zweidrittelmehrheit im Parlament verfügen.

In einigen Bezirken steht am Montag eine Stichwahl an. Danach soll in den restlichen 18 Provinzen gewählt werden. Die genaue Verteilung der 498 Sitze wird am 13. Januar bekannt gegeben. Das neue Parlament wird die Aufgabe haben, eine neue Verfassung zu formulieren. Ende Juni wird dann ein neuer Präsident gewählt. Danach soll sich der Oberste Militärrat, der seit dem Abgang von Mubarak die Zügel in der Hand hält, wieder aus der Politik zurückziehen. (dpa)