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Schätze aus dem Kleiderschrank

In Bautzens Stadtbibliothek zeigt Georg von Welck historische Kinderbücher. Den Ursprung der Sammlung hütete seine Mutter an einem besonderen Ort.

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© Carmen Schumann

Von Carmen Schumann

Bautzen. Ein berühmter Mann soll einmal gesagt haben, für Kinder müsse man arbeiten wie für Erwachsene – nur besser. Da ist viel Wahres dran. Einen Beweis dafür legt Georg von Welck jetzt in der Bautzener Stadtbibliothek vor. Der Sammler zeigt hier ab Freitag in einer kleinen Sonderausstellung 50 seiner schönsten Kinderbücher aus der Zeit zwischen 1835 und 1961. In den Vitrinen im Vortragssaal sind die Bücher chronologisch geordnet. Das älteste heißt „Mutterliebe und Muttertreue – Ein Festgeschenk für folgsame Kinder“. Das jüngste Exemplar trägt den Titel „Wie soll ich mich benehmen?“. Georg von Welck sagt schmunzelnd: „Da ist natürlich viel erhobener Zeigefinger dabei.“ Viele der von ihm gezeigten Bücher trügen einen belehrenden Charakter. Anhand der Jahreszahlen könne man oft auch die Ideologie jener Zeit herauslesen, in der das Buch herausgegeben wurde. So zum Beispiel bei jenem Buch, welches während des Ersten Weltkrieges erschien und den Titel trägt: „Hausmütterlein im Kriege müssen fleißig sein“. Doch dem Sammler Georg von Welck geht es gar nicht mal in erster Linie um die Inhalte der Kinderbücher. Sein wichtigster Impuls, diese Schätze zusammenzutragen, ist eher ästhetischer Natur. Für die Kinderbücher hätten oft die besten zeitgenössischen Künstler gearbeitet. Viele der von ihm aus seiner rund 1 000 Exemplare umfassenden Sammlung ausgewählten Stücke wurden von herausragenden Grafikern gestaltet und spiegeln die jeweils aktuellen Kunstrichtungen wider. Während im 19. Jahrhundert ausschließlich Männer die Kinderbücher illustrierten, kamen im 20. Jahrhundert dann auch Frauen hinzu.

Der Auslöser dafür, dass sich der heute 58-jährige Richter am Oberverwaltungsgericht mit dem Zusammentragen von Kinderliteratur beschäftigte, war die Büchersammlung seiner Mutter. Die hielt sie tief in ihrem Kleiderschrank verborgen, um sie vor dem ordnungsliebenden Vater zu verstecken, der sie sonst wohl weggeworfen hätte. Der kleine Georg durfte nur heimlich in diesen Schätzen blättern. Und auch seine Tante väterlicherseits hatte Bücher aus dem kriegszerstörten Dresden gerettet.

Neue Stücke auf Flohmärkten und im Internet gefunden

Die Sammlungen von Mutter und Tante erbte Georg von Welck nach deren Tod und ergänzte sie durch seine eigenen Neuerwerbungen. Fündig wird er dabei auf Flohmärkten und in den letzten Jahren zunehmend auch im Internet. Viele seiner Bücher waren abgegriffen, versehrt und schadhaft. Deshalb hat der Büchersammler mit den Jahren einen Kreis von Restauratoren aufgetan, die seine Schätze wieder heil machen. Doch der Sammler legt Wert darauf, dass sie dabei nicht zu sehr erneuert werden, sondern dass der Reiz des Alten erhalten bleibt. Unter anderem schätzt er sehr die Arbeit des Bautzener Buchbinders Hartmut Schneider. Er hat aber auch eine Buchrestauratorin an der Hand, die in der Lage ist, die sogenannten Ziehbilderbücher zu reparieren, die mit einem recht komplizierten Mechanismus ausgestattet sind, mit dessen Hilfe die Abbildungen wackeln können. Da die wertvollen Bücher in verschlossenen Vitrinen ausgestellt sind und man also nicht in ihnen blättern kann, wurden die schönsten Abbildungen kopiert. Sie sind auf Schautafeln zu sehen. So unter anderem die „Schönheiten der Natur“ aus dem Jahr 1943.

Die Ausstellung „Hereinspaziert – 150 Jahre Kinderbuch“ ist montags und freitags von 10 bis 19 Uhr, sowie dienstags und mittwochs von 12 bis 18 Uhr zu sehen.