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Schießen im Schnelldurchlauf

Am Montag beginnt in Bautzen die Ausbildung der künftigen Wachpolizisten. Die ist umstritten.

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© dpa/Rainer Jensen

Jana Ulbrich

Bautzen. Es sieht alles noch nach Umzug aus in der Polizeischule Bautzen: In den Fluren stehen Tische, Schränke und Kartons, in den Zimmern werden noch emsig Computer angeschlossen und Schreibtische eingeräumt. Die Mitarbeiter vom FB 5 müssen sich einrichten. FB 5 – der Fachbereich für die Ausbildung der Wachpolizei – ist neu. In Windeseile aus dem Boden gestampft. Schon am Montag wird es losgehen.

Vor Marco Rißland, der die Ausbildung in Bautzen leiten wird, liegen die Stundenpläne – vollgestopft mit Unterrichtseinheiten, täglich von früh um acht bis nachmittags um fünf. „Das wird kein Zuckerschlecken“, weiß der 44-Jährige. Das kann es schon deshalb nicht werden, weil die Zeit knapp ist. In nur zwölf Wochen sollen die künftigen Wachpolizisten für ihren neuen Job geschult werden.

Im Schnelldurchlauf

Rechtskenntnisse, Psychologie, interkulturelle Kompetenz, Gesellschaftskunde, Erste Hilfe, Fahrausbildung an Dienstfahrzeugen, Selbstverteidigung, Sport, Gebrauch einer Schusswaffe – alles muss im Schnelldurchlauf in die Köpfe. „Ein Unding“, heißt es da bei der Polizeigewerkschaft. „Zwölf Wochen sind für eine solche Ausbildung definitiv zu kurz“, sagt Gewerkschaftssprecher Reinhard Gärtner klipp und klar. Vor allem der Umgang mit der Waffe ist umstritten. Die künftigen Wachpolizisten werden im Dienst nicht nur die gleiche Uniform tragen wie ihre voll ausgebildeten Beamten-Kollegen, sondern auch die gleiche Waffe. Einziges Unterscheidungsmerkmal werden die Schulterstücke sein, auf denen dann „Wachpolizei“ stehen wird. „Alles in allem ist das ein hohes Sicherheitsrisiko“, findet Gewerkschafter Gärtner.

In Bautzen sieht man das nicht ganz so problematisch. „Man kann auch in zwölf Wochen das Anwenden einer Schusswaffe lernen“, sagt Ausbildungsleiter Rißland. Zugleich verweist er auf die notwendigen Prüfungen. Über das Handhaben der Schusswaffe müssen die künftigen Wachpolizisten eine gesonderte theoretische und praktische Prüfung ablegen. Wer die nicht besteht, wird zur Abschlussprüfung gar nicht erst zugelassen.

Begrenztes Aufgabengebiet

Auch Stefan Walther, Sprecher der sächsischen Bereitschaftspolizei, beruhigt: Die künftigen Wachpolizisten werden in einem Auswahlverfahren ausgesucht, das an die Polizeiausbildung angelehnt ist, erklärt er. Neben Sport- und Computertest gehört dazu auch ein Eignungsgespräch. „Polizist ist auch ein Erfahrungsberuf“, sagt Stefan Walther. Die zwölfwöchige Ausbildung gebe dafür nur das Rüstzeug. Regelmäßige Fortbildungen seien angedacht.

Zudem hätten Wachpolizisten ein sehr begrenztes Aufgabengebiet, das sich ausschließlich auf die Bewachung von Objekten wie Asylbewerberheimen und Personen im Abschiebegewahrsam bezieht. „Die Wachpolizisten werden auch nicht allein agieren, sondern immer von Polizeibeamten geführt“, versichert Walther. Speziell auf diese Aufgaben sei die Ausbildung in Bautzen zugeschnitten. „Wir werden in Rollenspielen auch das Verhalten in speziellen Situationen üben, wie sie im Umgang mit Asylbewerbern entstehen und eskalieren könnten“, ergänzt Ausbildungsleiter Rißland. „Und wir üben Kommunikationsstrategien, die immer vor einem Gebrauch der Schusswaffe stehen.“

Etappenweise Ausbildung

Am Montag beginnt in Bautzen der Lehrgang für die ersten 50 Wachpolizisten aus den Direktionsbereichen Dresden und Leipzig. Das sind die Bereiche, die die Unterstützung erst einmal am nötigsten haben. In den folgenden Lehrgängen soll es dann immer gleich doppelt so viele Teilnehmer geben. Vorerst ist die etappenweise Ausbildung von 550 Wachpolizisten geplant. Sie erhalten einen auf zwei Jahre befristeten Anstellungsvertrag. Ausdrücklich wird dabei aber auch eine spätere Einstiegsmöglichkeit in den regulären Polizeidienst ins Auge gefasst.

Und das wiederum sieht man auch bei der Gewerkschaft mit Wohlwollen. „Wir brauchen mehr Leute bei der Polizei, das weiß jeder“, sagt Reinhard Gärtner. „Die Bürokratie behindert uns, auch in personellen Ausnahmesituationen, wie sie die Polizei derzeit erlebt, solche Entscheidungen schnell treffen zu können“. Die 1 000 dringend benötigten zusätzlichen Polizisten könnten nicht in so kurzer Zeit ausgebildet werden. Deswegen sei die in Windeseile aus dem Boden gestampfte Ausbildung von Wachpolizisten – auch wenn sie umstritten ist – eine Hintertür, um Lücken zu füllen und Polizeibeamte zu entlasten.

Im neuen Fachbereich 5 an der Bautzener Polizeischule ist man bei Bedarf auch auf noch mehr Auszubildende vorbereitet. Eingerichtet haben sich die Mitarbeiter schon mal auf fünf Jahre.