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Schlangen zum Bäckerjubiläum

Dorothea Koziol kann sich noch gut an die erste Kundin der Bäckerei erinnern – die fünfjährige Karin Kadrle. Das ganze ist 50 Jahre her. So lange gibt es die Dittelsdorfer Bäckerei schon. Angefangen hatte alles in Hirschfelde.

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Von Jan Lange

Dorothea Koziol kann sich noch gut an die erste Kundin der Bäckerei erinnern – die fünfjährige Karin Kadrle. Das ganze ist 50 Jahre her. So lange gibt es die Dittelsdorfer Bäckerei schon. Angefangen hatte alles in Hirschfelde. Der damals 36-jährige Edi Koziol übernahm 1954 die dortige Volke-Bäckerei. Eigentlich sollte er auf Wunsch seines Vaters Weber werden. Aber der Maschinenlärm gefiel Edi Koziol nicht.

„Das Geschäftskonto eröffnete mein Mann damals mit 50 Mark“, berichtet Dorothea Koziol. Die Mitarbeiter der Bank seien darüber sehr erstaunt gewesen. Doch Edi Koziol versicherte ihnen, wenn er erst mal 14 Tage gebacken habe, dann seien alle Rechnungen bezahlt. Und er sollte Recht behalten. Innerhalb von zweieinhalb Jahren erwirtschaftete die Bäckerei so viel Geld, dass die Koziols auf Wunsch der Eltern im Mai 1957 nach Dittelsdorf gingen, um dort eine Bäckerei zu eröffnen.

„Die Bäckerei, die wir übernahmen, war eine richtige Bruchbude“, weiß Dorothea Koziol zu erzählen. „Die alten Backmaschinen mussten durch neue ersetzt werden.“ Als erste Bäckerei der Umgebung ließen sich die Koziols 1960 einen Dampfbackofen bauen.

Spezialitäten des Hauses sind bis heute Eierschecke, Kokosmakronen und Schmätzel, seit kurzem auch altdeutsche Semmeln. „Da durch die große Nachfrage die Bleche immer knapp waren, kamen die Dittelsdorfer sogar am Pfingstsonntag Eierschecken holen“, so Dorothea Koziol. „Bis 1972 wurden immer reichlich Rohstoffe geliefert. Säckeweise bekamen wir Kokosraspel und Rosinen sowie massenweise Ananaskonserven.“

Als dieZutaten unregelmäßig oder gar nicht mehr geliefert wurden, waren die Koziols mit viel Glück in der gesamten Region auf Beschaffungstour. „Eiweiß besorgten wir uns aus Cottbus“, erklärt die 69-Jährige. „Oder ich war stundenlang mit dem Fahrrad unterwegs, um Quark in Hagenwerder zu holen.“

Durch Zufall kamen die Koziols an drei bis vier Zentner Pfirsiche. „Im Urlaub lernten wir ein Ehepaar aus Brandenburg kennen, das gute Kontakte zu einer LPG mit Pfirsichplantagen hatte.“

Stolz ist Dorothea Koziol, dass in den fünf Jahrzehnten die Bäckerei nur einmal über längere Zeit geschlossen war: 1984. Und das hatte seinen Grund. Vor zwanzig Jahren übergaben die Koziols das Geschäft an ihren Sohn Eberhard. Der heute 49-Jährige wollte aber nur übernehmen, wenn die Backstube vergrößert wird. So schloss die Bäckerei für einige Monate und wurde ausgebaut. Gerade in dieser Zeit hatte auch der zweite Dittelsdorfer Bäcker geschlossen. Bürgermeister Wilfried Richter drückte mächtig auf Tempo, damit die Koziols den Bau abschlossen.

Mit der Wende versuchte Familie Koziol, neue Märkte zu erobern. „Wir waren als erster Bäcker auf Wochenmärkten präsent“, erzählt Eberhards Frau Petra. „Angefangen haben wir dabei mit zwei Körben Semmeln. Bei jeder weiteren Fahrt kam mehr dazu.“ Unvergesslich ist für die 45-Jährige die Einbestellung auf die Handwerkskammer. „Uns wurde vorgeworfen, den Zittauer Bäckern die Arbeit wegzunehmen.“ Trotzdem machten die Koziols zwei Filialen auf, 1991 eine an der Hochwaldstraße und ein Jahr später eine in Lückendorf. Wegen hohem Sanierungsbedarf gaben die Dittelsdorfer Bäcker die Zittauer Filiale allerdings im vorigen Jahr auf. Ebenso wie die in Lückendorf, wo sich der lange Anfahrtsweg nicht mehr rentierte.

Seit einigen Jahren sind auch Eberhards Kinder Kristin und Mathias ins Familiengeschäft eingestiegen. „Kristin wollte eigentlich Zahnarzthelferin werden. Ein Bremer Zahnarzt war von ihr nach einer Woche Probezeit total begeistert“, berichtet Petra Koziol. „Doch als der Vertrag ankam, überlegte sie es sich plötzlich anders und begann bei uns eine Lehre als Backwarenverkäuferin.“ Selbst die sechsjährige Nachzüglerin Jasmin steuert schon auf einen Bäckereinstieg hin.

Eingeläutet wurde das Betriebsjubiläum mit einer Aktionswoche im Mai. „Die Resonanz hat uns überwältigt, die Schlangen waren meterlang“, so Petra Koziol. „Manche kamen sogar mit großen Stiegen und wollten gleich zehn Brote auf einmal.“ Inzwischen bieten die Koziols jede Woche einen Aktionstag an.