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Schloss für 50 Flüchtlingskinder

Der Landkreis hat seinen Plan zur Nutzung von Schloss Döberkitz noch mal geändert. Trotzdem gibt es unter Anwohnern Bedenken.

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© Carmen Schumann

Von Madeleine Siegl-Mickisch

Vor vier Wochen schlugen die Wellen hoch in dem kleinen Dorf Döberkitz bei Göda. Da machte die Nachricht die Runde, dass ab September 85 Asylbewerber ins Schloss einziehen sollen. Der Ort selbst hat jedoch nicht mal 30 Einwohner. Sie und ebenso Bewohner der Nachbarorte Jannowitz und Buscheritz sowie des Gödaer Wohngebietes „Hohes Feld“ schrieben ihre Bedenken auf und sammelten Unterschriften. Mittlerweile hat der Landkreis, dem das Objekt gehört, seine Pläne konkretisiert und sie jetzt vor 150 Leuten in einer Einwohnerversammlung vorgestellt.

Warum sollen künftig Flüchtlinge im Schloss Döberkitz leben?

Aufgrund der bundesweit steigenden Flüchtlingszahlen muss auch der Landkreis Bautzen immer mehr Asylsuchende unterbringen. Seit mehr als einem Jahr sucht er daher nach geeigneten Objekten. „Wir wollen keine Turnhallen zweckentfremden, die für den Schul- und Vereinssport gebraucht werden, und wir wollen auch keine Zeltlager“, sagt Beigeordneter Steffen Domschke. Stattdessen sollen möglichst leer stehende Gebäude genutzt werden. So rückte auch Schloss Döberkitz in den Fokus. Das ist seit ein paar Monaten ungenutzt. Bis Jahresanfang diente es als Wohnheim für Behinderte. Dann zogen die 36 Bewohner nach Bautzen in einen Neubau.

Wie viele Menschen sollen ins Schloss Döberkitz einziehen?

Zunächst war von bis zu 85 Asylbewerbern die Rede. Nun sollen es laut Domschke nur 50 Personen sein, und zwar ausschließlich minderjährige Flüchtlinge, die ohne Eltern in Deutschland sind. Erfahrungsgemäß sind das vor allem 13- bis 17-Jährige, überwiegend Jungen. Bisher gab es davon im Landkreis Bautzen nur Einzelfälle, so wurden 2014 vier und in diesem Jahr bisher ebenfalls vier registriert. Doch im nächsten Jahr wird der Landkreis voraussichtlich 120 aufnehmen müssen, erläutert Domschke. Denn zurzeit ist eine Bund-Länder-Vereinbarung in Arbeit, um die Aufteilung der minderjährigen Flüchtlinge auf die Bundesländer zu regeln. Mit dem Inkrafttreten wird Ende dieses, Anfang nächsten Jahres gerechnet. Bisher werden die Minderjährigen dort untergebracht, wo sie aufgegriffen werden. Das ist vor allem in Bayern der Fall. Aber auch der Landkreis Sächsische Schweiz verzeichnet mehr und mehr Fälle, weil viele Flüchtlinge über die A 17 eingeschleust werden.

Wer kümmert sich künftig um die Kinder und Jugendlichen?

Anders als die erwachsenen Asylbewerber werden die elternlosen minderjährigen intensiv durch Sozialpädagogen und Erzieher betreut – ähnlich wie in einem Kinderheim. Zudem wird für jeden durch das Gericht ein gesetzlicher Vormund bestellt, erläuterte Monique Rex vom Allgemeinen Sozialen Dienst des Jugendamtes. Zunächst werde geprüft, ob Eltern ausfindig gemacht werden können. Wenn das nicht der Fall ist, „müssen wir schauen, wie wir sie integrieren können“, so Rex. Als Erstes müssten sie die deutsche Sprache lernen, um in die Schule gehen oder eine Ausbildung machen zu können. Später könnten sie auch in andere Heime oder Wohngruppen umziehen.

Was sagen die Anwohner zu den Plänen des Landkreises?

Sie machen sich vor allem Sorgen um ihre Sicherheit und fordern entsprechende Vorkehrungen, unter anderem eine bessere Straßenbeleuchtung. Dafür sind die Kommunen zuständig. In Döberkitz ist das Bautzen, weil der Ort zur Stadt gehört. Oberbürgermeister Alexander Ahrens versprach, das Thema in den nächsten Tagen im Rathaus zu besprechen. Auch in Gödaer Ortsteilen gibt es diesbezüglich Defizite, weiß Bürgermeister Gerald Meyer. Er wolle nach Möglichkeiten suchen, das zu verbessern. In der Einwohnerversammlung, die während der gesamten zwei Stunden sachlich verlief, wurde auch viel Kritik an der Asylpolitik des Bundes geäußert. „Die Politik ist hilflos“, hieß es. „Wir sind im Moment Getriebene“, beschrieb Domschke die Lage des Landkreises. „Eine gesamtstaatliche Strategie kann ich nicht erkennen, da bin ich mit Ihnen einer Meinung.“

Wie geht es in den nächsten Wochen in Döberkitz weiter?

Um das Schloss nutzen zu können, sind noch einige Bauarbeiten nötig. So ist der Brandschutz nicht mehr zeitgemäß, weshalb auch das Behindertenwohnheim ausgezogen ist. Die Sanitäranlagen sind ebenfalls nicht ausreichend. Domschke rechnet damit, dass die ersten Bewohner Anfang 2016 einziehen können. Derzeit sei auch noch offen, ob der Landkreis selbst oder ein freier Träger die Einrichtung betreiben wird. Die Anwohner wollen rechtzeitig über die weiteren Schritte informiert werden. Das wurde auch zugesichert.