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Schock und Empörung nach Angriff der US-Armee in Syrien

Istanbul - Waren es wirklich Bauarbeiter und Kinder oder vielleicht selbst ernannte islamische „Gotteskrieger“ auf dem Weg in den Irak? Unabhängig davon, wer da am Sonntag auf syrischem Boden getötet...

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Von Anne-Beatrice Clasmann

Istanbul - Waren es wirklich Bauarbeiter und Kinder oder vielleicht selbst ernannte islamische „Gotteskrieger“ auf dem Weg in den Irak? Unabhängig davon, wer da am Sonntag auf syrischem Boden getötet wurde, ist die Kommandoaktion amerikanischer Soldaten ein ungeheuerlicher Vorfall - so ungeheuerlich, dass die arabischen Staat- und Regierungschefs zunächst einmal für mehrere Stunden in ungläubiger Sprachlosigkeit verharrten.

Denn das hat es seit der Irak-Invasion von 2003 nicht gegeben - dass US-Soldaten in ein souveränes Landes eindringen, um Menschen anzugreifen und zu töten. „Die USA haben ihrem Sündenregister einen neuen Eintrag hinzugefügt ... der amerikanische Terror hat jetzt auch Syrien erreicht“, giftet am Montag die regierungskritische irakische Nachrichtenagentur INA. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, schimpft, das Letzte was die Nahost-Region zur Zeit brauche, seien neue Bemühungen, sie zu destabilisieren. Einzig die von Washington unterstützte syrische Reform Partei und Israel können an dem Angriff nichts schlechtes finden.

Selbst, wenn die US-Soldaten tatsächlich Extremisten auf der Spur gewesen sein sollten, weshalb haben sie dann nicht abgewartet bis diese die Grenze überqueren, wo das amerikanische Militär mit Billigung der irakischen Regierung jeden angreifen kann, den es für einen Terroristen hält? Und bedeutet die Attacke vom Sonntag in letzter Konsequenz auch, dass US-Soldaten in Zukunft möglicherweise Angehörige der iranischen Revolutionsgarden im Iran attackieren, weil sie vielleicht auf dem Weg in den Irak sein könnten, um dort Milizionäre mit panzerbrechender Munition zu versorgen?

Zwar hat es in Syrien immer wieder merkwürdige Gewalttaten gegeben, die nie richtig aufgeklärt wurden: Vom angeblichen Selbstmord des Innenministers Ghasi Kanaan über das Attentat auf den Hisbollah-Kommandeur Emad Mughnije bis zum jüngsten Terroranschlag auf einen Geheimdienstposten in Damaskus. Doch, dass die Syrer selbst eine Luftlandeaktion in einem Dorf inszenieren würden, um sie der US- Armee in die Schuhe zu schieben, so eine Verschwörungstheorie geht selbst den Assad-Hassern von der syrischen Reform Partei zu weit.

Für die irakische Regierung unter Präsident Baschar al-Assad ist der Angriff in Syrien auf jeden Fall problematisch. Denn er lässt ihre Beteuerungen hohl klingen, vom Irak aus werde es garantiert keine US-Attacken auf Nachbarstaaten geben. Auch erschwert die Kommandoaktion die ohnehin schon festgefahrenen Verhandlungen über das geplante Sicherheitsabkommen zwischen dem Irak und den USA.

Auch Damaskus ist der Angriff der Amerikaner ein großes Problem, offenbart er doch erneut, wie tatenlos die syrische Armee jedem Angriff zusieht. Aus militärischer Sicht wäre der israelische Luftangriff auf eine angebliche syrische Nuklearanlage im September 2007 sicher nicht so leicht abzuwehren gewesen. Doch vier US- Hubschrauber, die ungehindert die Grenze überfliegen, in Syrien Menschen töten und dann unbehelligt in den Irak zurückfliegen, das muss Baschar al-Assad, der im Gegensatz zu seinem Vater Hafis keine militärischen Meriten hat, schon wehtun. (dpa)