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Schuhmacher für einen Tag

Schüler können in dieser Woche in die Berufswelt schnuppern – zum Beispiel in Freital in einem ganz alten und fast exotischen Handwerk.

Von Tobias Winzer
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Orthopädieschuhmacher Frank Starke erklärt Laura Fischer und anderen Schülern, wie der Leisten entsteht.
Orthopädieschuhmacher Frank Starke erklärt Laura Fischer und anderen Schülern, wie der Leisten entsteht. © Karl-Ludwig Oberthür

Die erste Lektion am Montagmorgen hat Frank Starke gleich zum Anfang parat. Vier Schüler stehen kurz nach 9 Uhr vor ihm. Eigentlich sollten es sechs sein. „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“, sagt der 38-jährige Inhaber der Freitaler Orthopädietechnik Starke mit einem Lächeln und beginnt den Rundgang durch seine Firma. Das Unternehmen mit Sitz am Busbahnhof Deuben ist eines von 130 im Landkreis, die in dieser Woche ihre Türen für Schüler öffnen. Für zwei bis drei Stunden Praxisluft in einer Firma schnuppern und eine Ausbildungsrichtung kennenlernen – das ist die Idee der sogenannten Schau-rein-Woche, die zum achten Mal stattfindet. Organisiert wird sie von der Wirtschaftsförderung des Landratsamtes mit Unterstützung der Agentur für Arbeit.

Die Ausbildung zum Orthopädieschuhmacher gehört zu den Exoten im Landkreis – und ist gerade deshalb für den ein oder anderen Schüler interessant. „Ich bin auf der Suche nach Alternativen, falls es mit einer Wunschausbildung nicht klappt“, sagt Laura Fischer, die die Oberschule in Klingenberg besucht. Sie möchte am liebsten Augenoptikerin werden, aber auf jeden Fall etwas Handwerkliches machen.

Und das ist bei Frank Starke auf engstem Raum gefragt. Zwölf Mitarbeiter sind in dem kleinen Haus auf zwei Etagen beschäftigt. Der Orthopädieschuhmacher, dessen Vater das Unternehmen gegründet hat und dessen Großvater und Urgroßvater auch schon als Schuhmacher tätig waren, führt die Schüler Schritt für Schritt vom Maßnehmen zum fertigen Schuh. „Wir bauen Schuhe von der Pike auf“, sagt er. „Bei uns wird es nie langweilig und man kann sehr kreativ sein.“ Ist der Fuß vermessen, wird ein Leisten gefertigt. Aus Leder entsteht der Schaft, der später über den Leisten gewalgt wird. Am Ende wird die Sohle an den Schuh geklebt. Mindestens tausend Euro ist so ein handgemachter Schuh wert. Würde ein Orthopädieschuhmacher am Stück nur an einem Paar arbeiten, bräuchte er dafür eine ganze Arbeitswoche. „Das ist ein aufwendiges Handwerk“, sagt Starke.

Das fasziniert auch die, die eigentlich einen anderen Berufswunsch haben. Florian Süßmann, der auf ein Gymnasium in der Dresdner Südvorstadt geht, will Informatiker werden. Trotzdem hat er sich auf den Weg nach Freital gemacht. „Ich wollte immer schon wissen, wie das funktioniert“, sagt der 14-Jährige.

Wie er werden in dieser Woche mehr als 800 Jugendliche unterwegs sein, um sich Unternehmen von innen anzuschauen. Die Schüler werden dafür, wenn es zeitlich nicht anders geht, von den Schulen freigestellt. Viele nutzen die Chance, sich gleich mehrere Ausbildungszweige anzuschauen. Sowohl das Interesse der Schüler als auch das Interesse der Unternehmen an der Aktionswoche steigt. In diesem Jahr sind rund 40 Firmen mehr dabei als im vergangenen Jahr.

„Die Not ist groß“, sagt die Chefin der Arbeitsagentur, Gerlinde Hildebrand, die am Montagmorgen ebenfalls beim Orthopädieschuhmacher Starke zu Gast ist. Die Unternehmen ringen um die wenigen Schulabsolventen, die auf den Ausbildungsmarkt kommen. „Die Firmen versuchen, alles mitzunehmen. Man muss dabei sein, sonst hat man keine Chance.“

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