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Schulen verlieren Sozialarbeiter

Stress daheim und im Unterricht belasten immer mehr Schüler. Doch Geld für Hilfe ist knapp. Wie geht es weiter?

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© Matthias Weber

Von Jan Lange

Zittau. Freitag ist der letzte Arbeitstag für Ute Fuhrmann an der Weinauschule. Nicht nur, weil danach die Sommerferien beginnen. Ihre Stelle als Schulsozialpädagogin wird es künftig nicht mehr geben. Seit 2010 war sie in dieser Funktion an der Schule in der Weinau tätig, nun läuft das mit dieser Aufgabe verbundene Projekt aus. Nicht ganz freiwillig. Das Berufsbildungszentrum (BBZ) Bautzen kann es nicht mehr kostendeckend finanzieren. Der Träger würde auf einer großen Summe sitzen bleiben, wie Ines Mitsch, Bereichsleiterin der BBZ-Geschäftsstelle Zittau, gegenüber der SZ erklärt.

Schon in den Vorjahren sei die Schulsozialarbeit nicht mehr kostendeckend gefördert worden. Nun wurden dem BBZ aber umfangreiche Streichungen angekündigt, die diese Finanzierungslücke weiter vergrößert hätten. Das BBZ habe deshalb reagieren müssen. Betroffen ist davon nicht nur die Weinauschule. An der Park- und Burgteichschule sowie dem Christian-Weise-Gymnasium wird es ebenfalls keinen Schulsozialpädagogen mehr geben. In diesen Schulen lernen etwa 1.800 Schüler. Nicht jeder nutzt das Angebot der Schulsozialarbeit, doch die Zahl der betreuten Schüler sei permanent steigend, sagt Kerstin Langer, Beratungslehrerin an der Weinauschule. Sie schätzt, dass von den Schülern ihrer Einrichtung gut zehn Prozent betreut werden. „Es sind immer Kinder bei Frau Fuhrmann, vor dem Beginn der Schule, in den Pausen und nach dem Unterricht“, erzählt Gemeinschaftskundelehrerin Sabrina Franz. Jeder Lehrer habe nach ihren Worten mehrere schwierige Schüler in seiner Klasse. Sie können sich aber nicht so intensiv um diese Kinder kümmern wie die Schulsozialpädagogin. „Wir können vielleicht mit den Eltern ein Gespräch führen, oder mit den Schülern selbst sprechen“, erklärt Frau Franz. Die Schulsozialpädagogin gehe ganz anders heran.

Frau Fuhrmann könne auch mit dem Jugendamt zusammenarbeiten, was den Lehrern nicht möglich sei, beschreibt die Gemeinschaftskundelehrerin die schwierige Situation. Für die einzelnen Schüler muss sich Frau Fuhrmann viel Zeit nehmen, denn erst einmal müsse Vertrauen aufgebaut werden und das brauche schon seine Zeit, sagt die Schulsozialpädagogin. Diese Zeit haben die Lehrer nicht. Die Arbeit von Frau Fuhrmann sei deshalb eine enorme Entlastung für die Lehrerschaft.

Umso größer ist jetzt die Bestürzung, dass es künftig keine Schulsozialarbeit mehr geben soll. „Für die Schüler ist es unfassbar“, berichtet Frau Fuhrmann. Sie habe viele Briefe erhalten mit der Bitte, ob sie nicht bleiben könne. Einige der Schüler, die sie betreut, hätten sich sogar einer weiteren Betreuung verweigert, weil sie sowieso bald nicht mehr da sei. Dabei würde sie gern bleiben, ist über den baldigen Abschied von der Weinauschule auch sehr traurig.

Dass man die derzeitigen Schulsozialarbeiter möglichst nicht verliere, hofft auch der CDU-Landtagsabgeordnete Stephan Meyer. Er sei an dem Thema schon länger dran. Dass die Schulsozialpädagogen bislang nur über geförderte Projekte finanziert wurden, findet er nicht gut. Es handele sich dabei um eine dauerhafte Aufgabe, die auch eine dauerhafte Finanzierung brauche. Der Freistaat Sachsen geht erste Schritte in diese Richtung. Im neuen Doppelhaushalt für 2017/2018 sind Gelder für Schulsozialarbeit eingeplant, wie Meyer erklärt. Noch sei der Haushalt zwar nicht beschlossen, aber er geht davon aus, dass diese Summe nicht mehr herausgestrichen wird. Allerdings wäre damit eine Finanzierung frühestens ab dem 1. Januar kommenden Jahres gesichert. Für die ersten Monate des neuen Schuljahres müsse eine Übergangslösung gefunden werden. Entweder könne, so Meyer, das BBZ zurück ins Boot geholt oder ein alternativer Träger gefunden werden. Das BBZ sei grundsätzlich bereit, wieder einzuspringen, wie Ines Mitsch erklärt.

Der CDU-Politiker kritisiert allerdings, dass der Fakt, die Schulsozialarbeit zu beenden, sehr spät offenbart worden sei. Dadurch stehe die Suche nach einer Lösung nun unter Zeitdruck. Früher hätte das BBZ gar nicht das Ende verkünden können, verteidigt Frau Mitsch ihre Einrichtung. Denn erst Anfang Mai habe es die folgenschwere Information der Förderstelle gegeben.

Die Lehrer der Weinauschule hoffen ebenfalls, dass bis zum Beginn des neuen Schuljahres eine Lösung gefunden wird und die Probleme nicht wieder auf ihren Schultern liegen.