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Rackete nicht mehr bei der Sea-Watch-Crew

Vier Stunden dauerte das Verhör in Italien. Das Justizgerangel um die bisherige Kapitänin geht dennoch weiter. Kommt sie nach Deutschland zurück?

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Carola Rackete kommt am Gericht an.
Carola Rackete kommt am Gericht an. © dpa

Rom. Carola Rackete ist nicht mehr Kapitänin der aktuellen Crew des Rettungsschiffs "Sea-Watch 3" und erwägt eine Rückkehr nach Deutschland. Das sagte ihr Anwalt Alessandro Gamberini am Donnerstag nach der Vernehmung Racketes durch die Staatsanwaltschaft im sizilianischen Agrigent. "In ihrem Leben hat sie nicht nur die Kapitänin der Sea-Watch gemacht, sondern ganz viel anderes." Auf die Frage, ob sie nach Deutschland zurückkehren würde, sagte Rackete selbst: "Ja".

Generell ist es normal, dass die Seenotretter ihre Crew nach Einsätzen austauschen. Die "Sea-Watch 3" liegt zudem derzeit in Sizilien an der Kette und kann nicht ausfahren. Rackete wird also mindestens bis zur nächsten Mission nicht als Kapitänin fahren.

Die 31-Jährige aus Niedersachsen war Ende Juni mit Dutzenden Migranten an Bord ohne Erlaubnis der Regierung in Rom in italienische Gewässer und in den Hafen von Lampedusa gefahren. Dabei hatte sie ein Schiff der Finanzpolizei, die zu den Streitkräften gehört, gestreift. Sie wurde festgenommen und unter Hausarrest gestellt - anschließend aber wieder freigelassen.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihr Beihilfe zu illegaler Einwanderung und Widerstand gegen ein Kriegsschiff vor. Die Befragung dauerte am Donnerstag rund vier Stunden. Eine schnelle Entscheidung, ob es zu einem Prozess kommt oder die Vorwürfe fallen gelassen werden, zeichnete sich aber nicht ab. Der Staatsanwalt hatte bereits zuvor angekündigt, dass dies erst nach dem Sommer entschieden werde.

Sie habe den Strafverfolgern die Geschehnisse beim Rettungseinsatz dargelegt, sagte Rackete. Gleichzeitig forderte sie die EU auf, eine Lösung bei der Verteilung von Migranten zu finden. "Wir haben Tausende von Flüchtlingen in einem Bürgerkriegsland, die dort eigentlich dringend evakuiert werden müssten", sagte sie. "Und ich erwarte von der Europäischen Kommission insbesondere, dass sie sich möglichst schnell dazu einigt, wie diese Bootsflüchtlinge in Europa aufgeteilt werden sollen." Bei einem EU-Treffen in Helsinki gab es in der Frage allerdings keine Lösung.

Keine Einigung bei EU-Konferenz zur Seenotrettung

Das Thema Seenotrettung wurde währenddessen bei einem EU-Innenministertreffen in Helsinki besprochen. Deutschland und Frankreich hatten erfolglos versucht, eine europäische Übergangsregelung zur Verteilung von im Mittelmeer geretteten Migranten auf den Weg zu bringen. Die Verhandlungen mit anderen EU-Staaten werden nach Angaben von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nun in den kommenden Wochen fortgesetzt. In der ersten Septemberwoche soll es dann noch einmal ein Sondertreffen auf Malta geben.

Seehofer zeigte sich mit dem Verlauf der Verhandlungen trotz der ausgebliebenen Einigung zufrieden. "Ich denke, wir sind bei den sehr divergierenden Positionen am Ausgang der Diskussion jetzt doch einen wesentlichen Schritt weitergekommen", sagte er. Er sei "ziemlich zuversichtlich", dass man Anfang September zu einer Einigung kommen könne. Im Idealfall würde sich dann ein gutes Dutzend Staaten freiwillig an dem Aufnahmemechanismus für aus Seenot gerettete Menschen beteiligen.

Die von Deutschland und Frankreich initiierte Regelung soll verhindern, dass Italien und Malta Schiffen mit geretteten Menschen die Einfahrt in ihre Häfen untersagen. Beide Staaten hatten dies in der Vergangenheit mehrfach getan, weil sie befürchteten, mit der Verantwortung für die Migranten von den EU-Partnern alleine gelassen zu werden. Infolgedessen harrten Menschen auf privaten Rettungsschiffen oft tagelang an Bord aus, bis eine Lösung gefunden war.