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Sensations-Fund auf der Festung Königstein

Archäologen haben auf dem Tafelberg 3 000 Jahre alte Scherben entdeckt. Sie liefern einen wichtigen Beweis.

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© Norbert Millauer

Von Carina Brestrich

Königstein. Scherben bringen Glück. Das zumindest gilt für den jüngsten Fund auf der Festung Königstein. Archäologen haben dort jetzt mehrere Keramikscherben entdeckt. Für den Laien optisch eher unspektakulär, sind die Tonstückchen für die Archäologen eine Sensation. Denn wie die Wissenschaftler herausgefunden haben, handelt es sich um etwa 3 000 Jahre alte Keramikreste aus der Bronzezeit. Sie liefern endlich den Beweis für das, was lange vermutet wurde: Der Tafelberg wurde bereits in vorgeschichtlicher Zeit besiedelt.

Ingo Kraft vom Landesamt für Archäologie zeigt die Stelle, an der die Scherben gefunden worden sind (links). Die Keramikreste stammen aus der Bronzezeit, wie die Wissenschaftler anhand der Verzierungen erkennen können.
Ingo Kraft vom Landesamt für Archäologie zeigt die Stelle, an der die Scherben gefunden worden sind (links). Die Keramikreste stammen aus der Bronzezeit, wie die Wissenschaftler anhand der Verzierungen erkennen können. © Norbert Millauer
Für Archäologen eine wahre Freude: Cornelia Rupp, Sprecherin des Landesamtes für Archäologie, zeigt eine der schönsten der gefundenen Scherben. Das Muster wurde mit den Fingern in den Ton gedrückt.
Für Archäologen eine wahre Freude: Cornelia Rupp, Sprecherin des Landesamtes für Archäologie, zeigt eine der schönsten der gefundenen Scherben. Das Muster wurde mit den Fingern in den Ton gedrückt. © Norbert Millauer

Entdeckt wurden die Scherben bei Bauarbeiten am ehemaligen Friedenslazarett. Das Gebäude wird derzeit saniert, damit dort vorübergehend die Festungsverwaltung einziehen kann. Dazu müssen auch mehrere Kanäle und Leitungen verlegt werden. Wie immer, wenn Bauarbeiter auf dem Festungsareal buddeln, hat auch diesmal wieder das Landesamt für Archäologie ein Auge auf die Bauarbeiten. Zurecht, wie sich jetzt gezeigt hat. Denn beim Graben eines Schachtes am Artillerieschuppen ist ein Grabungstechniker des Landesamtes tatsächlich fündig geworden: In einer Tiefe von etwa einem halben Meter entdeckte er in einer rötlich schimmernden Lehmschicht die Scherben.

Insgesamt 80 Teile konnten die Experten schließlich aus dem Graben bergen. Dass diese aus der Zeit um 1 100 vor Christus stammen, beweisen die Formen und Verzierungen der Keramikteile. Da sie sich allerdings nicht zu Gefäßen zusammenpuzzeln lassen, haben die Archäologen eine Vermutung: „Die Scherben sind wahrscheinlich schon zerbrochen in die Erde gekommen“, sagt Thomas Westphalen, Abteilungsleiter der archäologischen Denkmalpflege beim Landesamt. Daraus wiederum schlussfolgern die Wissenschaftler, dass sie vermutlich auf eine jungbronzezeitliche Abfallgrube gestoßen sind.

Festungschefin Angelika Taube ist glücklich über den Fund. „Für uns ist diese Entdeckung von großer Bedeutung“, sagt die Geschäftsführerin. Denn für den benachbarten Pfaffenstein und den auf der anderen Elbseite gelegenen Lilienstein konnten schon vor längerer Zeit bronzezeitliche Siedlungsreste nachgewiesen werden. Ein halbkreisförmiger Wall am Pfaffenstein etwa belegt, dass vor 3 000 Jahren Menschen in den zerklüfteten Felsen Schutz suchten. Für den Königstein dagegen fehlten solche Spuren bislang.

Endgültiger Beleg fehlte

Dabei wird schon seit mehr als hundert Jahren über eine vorgeschichtliche Besiedlung des Königsteins spekuliert. Tatsächlich wurden auch schon mehrere bronzezeitliche Funde auf dem Festungsgelände gemacht. So etwa tauchte 1956 ein bronzener Armring auf. Den endgültigen Beweis für eine bronzezeitliche Besiedlung lieferte aber auch er nicht, sagt Ingo Kraft, der beim Landesamt für den ostsächsischen Raum zuständig ist. „Bei den bisherigen Funden auf dem Königstein handelte es sich um Lesefunde, also aufgelesene Funde ohne weiteren Zusammenhang.“

Oder aber die Funde lagen in Bodenschichten, die im Laufe der Geschichte nachweisbar bewegt wurden. Angelika Taube nennt als Beispiel die historischen Batteriewälle auf dem Festungsplateau. In ihrem Inneren seien zwar Keramikreste gefunden worden, die Erdmassen zum Bau der Wälle seien aber aus der Umgebung des Königsteins auf den Felsen gebracht worden: „Dadurch lässt sich die Herkunft der Scherben nicht mehr eindeutig lokalisieren“, erklärt Kraft. Bei den jüngst gefundenen Gefäßresten ist dies anders. Gerade deshalb ist der Fund eine Besonderheit. Die Keramikstücke sind ein In-Situ-Fund, wie es in der Fachsprache heißt: „Sie wurden am Ort ihrer tatsächlichen Nutzung gefunden“, erklärt Kraft. „Diese Erdmassen wurden nie bewegt.“

Scherben für die Ausstellung

Wie genau die Scherben dorthin gelangten, können die Archäologen nur vermuten. Weil es vor 3 000 Jahren auf dem Felsen kein Wasser oder fruchtbaren Boden gab, könne eine Siedlung wie ein Dorf ausgeschlossen werden. Vielmehr glauben die Wissenschaftler an eine religiöse Kultstätte. „Wenn man hier oben siedelt, dann verfolgt man ein Ziel“, so Ingo Kraft.

Obwohl er und seine Kollegen noch mehr Scherben im Boden am Artillerieschuppen vermuten – weitergraben werden die Archäologen an dieser Stelle nicht: „Unser Ziel ist es, so viel wie möglich zu bewahren“, sagt Thomas Westphalen. Festungschefin Angelika Taube ist darüber ein wenig traurig: „Ich hätte nichts dagegen gehabt, die Suche weiter fortzusetzen“, sagt sie. Zumindest aber kann sie nun auf neue Exponate für die Dauerausstellung zur Geschichte des Königsteins hoffen. Das Landesamt hat bereits zugesagt, mehrere der sensationellen Scherben als Leihgabe zur Verfügung zu stellen.