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Smartphone-App ersetzt den Muezzin

Gelungene Aktion oder rechte Hetze? Der Muezzin-Ruf von Tatjana Festerling erregt die Gemüter auf Facebook.

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© Meißen Watch/Facebook

Von Dominique Bielmeier

Meißen. Ein Minarett, das sich direkt neben dem Turm der Frauenkirche in Meißen wie eine Pfeffermühle in den Himmel schraubt. Bei diesem Anblick mag manchem schon die Hutschnur platzen – doch die Aufregung ist vergebens. Der Anblick ist nur eine Fotomontage der Seite Meißen Watch auf Facebook. In ironischer Weise prangern die anonymen Macher an, was sie als rechte Hetze verstehen. „Stadtrat Jörg Schlechte hat Angst vor diesem Bild“, beginnt deshalb die Beschreibung dazu.

Anlass der Fotomontage ist die Reaktion des CDU-Stadtrats auf eine Aktion von Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling. Sie stellte sich am Dienstag mit Unterstützern und einem Megafon vor die Wahlkreisbüros von Daniela Kuge und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (beide CDU) in Meißen, um zu demonstrieren, wie laut der Muezzin-Ruf – der bisher nirgendwo in Sachsen erschallt – angeblich wirklich sei. Schlechte hatte die Aktion der SZ gegenüber als „ziemlich gelungen“ bezeichnet.

Das Urteil von Meißen Watch fällt anders aus: „Das wirkliche Anliegen ist klar. Angst und Schrecken verbreiten und den Verdacht erwecken, es solle ein Minarett in Meißen erbaut werden.“

Tatsächlich gibt es deutschlandweit nur 30 Moscheen mit Minaretten, von denen fünfmal täglich der Ruf zum Gebet zu hören ist, die also keine „stillen“ Minarette haben. Die meisten von ihnen stehen in Nordrhein-Westfalen. In Sachsen sind Moscheeneubauten in Leipzig und Dresden geplant, ein weiterer Bau in Chemnitz ist vorerst vom Tisch. Es gibt aber - beispielsweise in Dresden - kleinere Gebetszentren für Muslime. Vom Ruf eines echten Muezzins sind praktizierende Muslime ohnehin nicht mehr abhängig: Verschiedene Smartphone-Apps imitieren heute den Gebetsausrufer – anders als das festerlingsche Megafon in Zimmerlautstärke.