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So war der "Tatort" aus Hessen

„Das Monster von Kassel“ ist ein smarter Typ, dem die Frauen vertrauen. Es ist ein Film, der zeigen will: Das perfekte Verbrechen gibt es nicht.

Von Birgit Grimm
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Barry Atsma, man hat ihn aus der Serie „Bad Banks“ in bester Erinnerung, gibt den smarten Talkmaster Maarten Jansen, den seine Zuschauer vergöttern.
Barry Atsma, man hat ihn aus der Serie „Bad Banks“ in bester Erinnerung, gibt den smarten Talkmaster Maarten Jansen, den seine Zuschauer vergöttern. © Umut Dag/HR/ARD/dpa

Es ist, als würden Janneke und Brix in die Verbannung geschickt: Fanny, die rothaarige Freundin der Frankfurter Ermittler, schenkt ihnen bunte Regenschirme, als die beiden aus der Metropole ins nordhessische Kassel müssen, um einen Mord an einem 17-Jährigen aufzuklären. Der Junge wurde zerstückelt, zuerst werden in Frankfurt am Main seine Arme und Beine im Container einer Baustelle gefunden, verpackt in schwarze Plastiksäcke.

Doch in Kassel regnet es überhaupt nicht. Die documenta-Stadt zeigt sich im Film von Stephan Brüggenthies, Andrea Heller (Drehbuch) und Umut Dağ (Regie) von ihrer schönsten Seite. Die Sonne knallt. Aber wirklich ins Schwitzen bringt die Polizei nur der Mörder. Er hat das Verbrechen minutiös geplant und konsequent bis ins letzte Detail durchgezogen.

Auch wer in den ersten, verstörenden Filmsequenzen den Täter erkennt, will lange nicht wahrhaben, was er da gesehen hat. Man traut seiner Wahrnehmung nicht, weil es absolut kein erkennbares Motiv gibt. Weil es unvorstellbar ist, was man doch mit eigenen Augen gesehen hat. Ganz ähnlich ergeht es den Ermittlern: Sie ahnen, was sie noch nicht beweisen können. Wolfram Koch und Margarita Broich sind ein starkes Team und bleiben unbeirrbar in diesem monströsen Geschehen, dessen Faszination sich vor allem aus der stringenten Erzählung und den Leistungen der Schauspieler entwickelt. Barry Atsma, man hat ihn aus der Serie „Bad Banks“ in bester Erinnerung, gibt den smarten Talkmaster Maarten Jansen, den seine Zuschauer vergöttern. Er spielt so überzeugend den sich sorgenden Ehemann und den liebenden, aber nicht perfekten Stiefvater zweier Teenager. Selbst in schwerster Stunde tritt er vor die Kamera. Nicht nur die Damen im Publikum bekommen feuchte Augen.

Für die Reporter, die seine Villa belagern, hat Jansen jeden Tag einen angemessenen Satz parat. Mit der Polizei kooperiert er, damit sie das Monster endlich findet. Sein Pech ist, dass er davon überzeugt ist, auch Anna Janneke manipulieren zu können. Schließlich hat er in halb Deutschland Frauen flachgelegt, ob sie wollten oder nicht. Dass sie nun alle binnen kürzester Zeit ihr Schweigen brechen und in Kassel gegen ihn aussagen – geschenkt. Es ist ein Film, der zeigen will: Das perfekte Verbrechen gibt es nicht. Aber wie Jansens smarte Fassade in diesem Moment bröckelt, das ist immerhin nah dran am perfekten Spiel.