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EM: Knabbern unter Freunden

Kurz vor der Pause „knabbert“ Antonio Rüdiger am Franzosen Paul Pogba. Der Schiedsrichter unternimmt nichts, auch weil das Opfer es sportlich nimmt.

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DFB-Verteidiger Antonio Rüdiger knabbert im Zweikampf an seinem Gegenspieler Paul Pogba. Der Franzose schreit zwar kurz auf, Konsequenzen hatte die Aktion aber keine.
DFB-Verteidiger Antonio Rüdiger knabbert im Zweikampf an seinem Gegenspieler Paul Pogba. Der Franzose schreit zwar kurz auf, Konsequenzen hatte die Aktion aber keine. © dpa/Matthias Hangst

Von Wolfgang Stephan

München. Hat er nur geknabbert oder doch gebissen? Es war nicht die spielentscheidende Szene am Dienstagabend in München, aber eine Szene, die zwischen kurios und unglaublich anzusiedeln ist. Ekelig müsse man gegen die Franzosen spielen, hatte Antonio Rüdiger vor dem Spiel gefordert.

Im Auftaktspiel der DFB-Auswahl gegen Frankreich (0:1) setzte er seine Vorgabe dann selbst um. Kurz vor der Halbzeit gehen Rüdiger und sein Gegenspieler Paul Pogba abseits des Geschehens auf Tuchfühlung. Der Deutsche nimmt den Franzosen von hinten in die Klemme und berührt mit seinem Mund das Schulterblatt Pogbas.

Fernsehbilder zeigen, dass er ihn irgendwie auch mit den Zähnen tangiert: Der Franzose zuckt kurz zusammen, Rüdiger greift ihm zusätzlich an die Brust, ob er auch zwickt, bleibt ein Geheimnis der beiden Infighter. Im normalen Leben wäre der Straftatbestand der sexuellen Belästigung aber erfüllt gewesen.

Rüdiger hatte Glück, dass der Franzose nicht theatralisch zu Boden sank. Hätte der Schiedsrichter per Video die Szene geprüft, wäre ein Platzverweis möglich gewesen. Doch Pogba zeigte die Größe des Weltmeisters: „Er hat ein bisschen an mir geknabbert“, sagte der in Diensten von Manchester United stehende beste Mann auf dem Platz, der aber gleichzeitig betonte, dass er mit Rüdiger befreundet sei. Knabbern unter Freunden auf einem durchschwitzen Trikot. Bisschen eklig mutet das schon an.

Der spanische Schiedsrichter Carlos del Cerro Grande hatte derlei Vergehen wohl auch noch nie im Regelwerk gelesen, jedenfalls wertete er den Vorfall nicht als „Tätlichkeit“, wohl auch, weil Paul Pogba ihm den Zahnbefall nicht als Biss geschildert hatte.

Rüdiger weicht Frage nach dem Warum aus

Mit einer Sanktion durch die Europäische Fußball-Union (Uefa) für die Aktion muss Rüdiger also nicht rechnen. Der Verband teilte nach Ansicht der Fernsehbilder am Mittwoch mit, „kein Disziplinarverfahren“ zu eröffnen. Schon der Unparteiische hätte ihm gesagt gehabt, „dass er mich bestraft hätte, wenn es für ihn eine Tätlichkeit gewesen wäre“, berichtete Rüdiger. Auch Pogba hatte nicht nachträglich „nach einer Gelben oder Rote Karte schreien“ wollen.

Doch die Frage nach dem warum, ließ Rüdiger offen. „Da darf ich mit dem Mund nicht so an seinen Rücken hingehen - gar keine Frage. Das sieht unglücklich aus“, sagte der 28-Jährige nach dem Spiel. „Paul und ich haben uns nach Abpfiff sehr freundschaftlich ausgesprochen und er hat im Gespräch mit mir und dann auch im Interview sowieso bestätigt, dass das kein Biss war, wie der eine oder andere Außenstehende es zuerst meinte.“

Also ist Rüdiger doch nicht auf den Spuren des berühmtesten Beißers im Welt-Fußball. Luis Suárez hat damit nämlich Geschichte geschrieben. Mehrmals hat er seine Gegenspieler richtig gebissen, zuletzt war das am 24. Juni 2014 im letzten Vorrundenspiel der WM 2014 als er seinen italienischen Gegenspieler Giorgio Chiellini abseits des Balls von hinten in die Schulter biss. Unzweifelhaft in bester Dracula-Manier.

Der Uruguayer wurde für neun Länderspiele gesperrt und musste sofort aus dem WM-Quartier abreisen. Zugegeben hat er die Attacken meist nicht. Seine schriftliche Erklärung nach dem WM-Biss war allerdings großes Kino: „Die Wahrheit ist, dass mein Kollege Chiellini bei seiner Kollision mit mir das physische Ergebnis eines Bisses erlitten hat.“

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