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"Nicht in der Opferrolle": Deutschland verliert auch in Österreich

Mentalität, Taktik, Stimmung - gegen Österreich fehlte den deutschen Fußballern vieles. Der Bundestrainer versichert, weiter an seinen Plan zu glauben. Viel Zeit hat er nicht.

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Am besten nicht mehr Hinsehen: Mats Hummels (links) und Joshua Kimmich nach dem 0:2 in Österreich.
Am besten nicht mehr Hinsehen: Mats Hummels (links) und Joshua Kimmich nach dem 0:2 in Österreich. © dpa

Wien. Julian Nagelsmann war zum Abschied in die bedrohlich lange Länderspielpause eine Sache ganz offensichtlich besonders wichtig. "Ich bin nicht frustriert und auch nicht in der Opferrolle", sagte der Bundestrainer mehrfach nach der herben 0:2-Pleite am Dienstagabend in Wien. "Traurig" sei er, weil Niederlagen der Fußball-Nationalmannschaft gegen Österreich wie auch gegen die Türkei (2:3) drei Tage zuvor besonders wehtun. "Aber nicht in der Opferrolle."

Keine sieben Monate vor der Heim-EM fiel es dem bislang nur bis zum Turnier-Ende angestellten 36-Jährigen aber auch sichtlich schwer, in irgendeiner Form Optimismus zu verbreiten. "Ich verstehe die Sorgen der Fans, das kann ich absolut nachvollziehen", sagte Nagelsmann, dessen DFB-Auswahl eklatante Schwächen in praktisch allen Bereichen offenbart hatte.

Marcel Sabitzer von Borussia Dortmund brachte die von Ralf Rangnick trainierten Österreicher in der 29. Minute in Führung. Die deutsche Mannschaft war nach einer Roten Karte gegen Leroy Sané wegen einer Tätlichkeit ab der 49. Minute in Unterzahl. Christoph Baumgartner von RB Leipzig traf in der 73. Minute zum Endstand.

Nagelsmann versicherte danach, abseits der Spiele sei sein Team eine "sehr geschlossene Gemeinschaft mit einem unglaublich guten Miteinander". Wenn es darauf ankommt, ist davon aber wenig zu sehen. Anders als bei den Österreichern, die laut deren Teamchef Ralf Rangnick "wie Freunde" spielen, kommt in der deutschen Elf selten ein Wir-Gefühl zum Vorschein.

"Da habe ich schon das Gefühl, dass wir noch zu viele Einzelkämpfer sind", sagte Nagelsmann. "Jeder ist mit sich beschäftigt, was natürlich auch aufgrund der jüngeren und mittleren Historie ein Stück weit normal ist." Die eine "Paradelösung" habe er nicht, räumte der Bundestrainer ein. Auf einen großflächigen Umbau des Kaders hatte er nach der Amtsübernahme von Hansi Flick im September verzichtet. Die nächsten zwei von noch vier EM-Testspielen stehen im März an.

Sané wird dabei größtenteils fehlen. Kurz nach seinem Platzverweis hat er sich dafür entschuldigt. "Das Spiel geht heute auf mich, das geht auf meine Kappe. Da muss ich mich beherrschen, das kann nicht passieren, da habe ich die Mannschaft im Stich gelassen", sagte der 27-Jährige nach dem 0:2. Auch bei seinen Mitspielern habe er sich noch in der Kabine für sein Vergehen entschuldigt.

Enttäuscht und doch versucht, Zuversicht zu verbreiten: Bundestrainer Julian Nagelsmann.
Enttäuscht und doch versucht, Zuversicht zu verbreiten: Bundestrainer Julian Nagelsmann. © dpa

Der Profi des FC Bayern München hatte Gegenspieler Phillipp Mwene zu Beginn der zweiten Halbzeit nach einem Zweikampf mit einem Schlag niedergestreckt und sah die Rote Karte (49.). "Das war nichts Persönliches gegen Philipp, das war meine eigene Leistung, wie gesagt, das darf mir nicht passieren", erklärte Sané den Vorfall. "Ich bin motiviert, ich will, dass wir in die richtige Richtung gehen", sagte er.

Wegen des Vergehens droht Sané eine Sperre von mindestens drei Spielen durch den Weltverband FIFA. Damit würde er erst wieder im letzten EM-Testspiel Anfang Juni zur Verfügung stehen.

Die Stärken seiner Spieler seien "die Spielkontrolle" und "der Offensivfußball", sagte Nagelsmann. Gegen Österreich war davon nichts zu sehen. Neben einer "absurd" hohen Rate an Ballverlusten sei der Spielvortrag "zu langsam, zu undynamisch, sehr viel aus dem Stand" gewesen. Seine Taktik, die wieder stark an ein 4-2-2-2-System angelehnt war, ging nicht auf. Nagelsmann sagte, die Spielweise werde auch an den zur Verfügung stehenden Spielern ausgerichtet.

Die Österreicher feierten am Dienstagabend bis weit in die Nacht ihre Mannschaft, auf die Deutschland auch in der EM-Vorrunde treffen könnte. Rund um sein Team sei "aktuell keine Euphorie, das ist verständlich", sagte Nagelsmann und wiederholte das Mantra, was vor ihm schon Flick und DFB-Sportdirektor Rudi Völler aufgesagt hatten: Es gehe nur übers Gewinnen, über "dauerhaft" gute Leistungen. "Nicht durch Labern", sagte der Bundestrainer. (dpa)