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Elbflorenz-Trainer nach katastrophaler Saison: „Klar habe ich Fehler gemacht“

Der HC Elbflorenz Dresden wollte aufsteigen - und landete auf Platz 16 in der 2. Handball-Bundesliga. Wie das passieren konnte? In einer ehrlichen Analyse sucht Trainer Rico Göde nach den Fehlern - und fängt bei sich an.

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Rico Göde musste sich als Trainer des HC Elbflorenz auch eigene Fehler eingestehen.
Rico Göde musste sich als Trainer des HC Elbflorenz auch eigene Fehler eingestehen. © kairospress

Dresden. Die Aufarbeitung hat knapp zwei Wochen in Anspruch genommen und führte zu neuen Erkenntnissen. Wie der ambitionierte Handball-Zweitligist HC Elbflorenz nur auf Rang 16 landen konnte, erklärt der bisherige Trainer Rico Göde, der am 1. Juli neuer Sportlicher Leiter wird.

Herr Göde, sind Sie nach einer Analyse auf neue Erkenntnisse gestoßen, weshalb diese Saison für Ihr Team nur auf dem ersten Nichtabstiegsplatz endete?

Es gibt ein paar Punkte, da können wir gern offiziell reden. Dann gibt es einige Gründe, über die wir nur intern innerhalb des Vereins reden müssen. Was klar ist, dass wir über die Saison keine Konstanz hinbekommen und keine gute Abwehr stellen konnten. Das ist auch mit Zahlen zu belegen. So viele Gegentore wie diesmal kassierten wir noch nie. Was ebenfalls hängenbleibt, ist unsere schwache Wurfquote. Wir sind eines der Teams, die in dem Ranking der Wurfeffektivität ganz hinten stehen. Im Vergleich z. B. mit Dessau lassen wir fünf Bälle mehr weg als der Gegner – wenn man das auf die Saison hochrechnet, ist das sehr viel. Unsere Rückraumquote war von keiner Position aus gut.

Gibt es weitere Gründe?

Wir können sicher darüber reden, dass wir Verletzungen, Infekte etc. in einem Ausmaß mitgenommen haben, was uns auch nicht geholfen hat, eine Konstanz zu entwickeln. Der letzte Punkt ist sicherlich, dass wir im Aufbau, in der Struktur des Kaders Fehler in der Zusammenstellung gemacht haben. Da müssen wir ganz ehrlich sein. Daraus müssen wir auch lernen.

Sie haben mit dem damaligen Manager Karsten Wöhler den Kader zusammengestellt. Das sind also Fehler, die Sie sich selbst vorwerfen?

Auf jeden Fall, klar habe ich Fehler gemacht. Das gehört dazu. Wir hatten die Verantwortung, haben die Mannschaft nach bestem Wissen und Gewissen aufgebaut. Wir hatten einen Plan, uns das bei der einen oder anderen Personalie anders vorgestellt. Wir müssen daraus lernen.

Betreffen Ihre Fehler sowohl die Quantität, als auch die Qualität des Kaders?

Bei der Quantität kann ich nicht ganz zustimmen. Wir sind ja nicht mit einem 14-er-Kader in die Saison gegangen, offiziell hatten wir 18 Spieler. Das ist okay. Klar gibt es Mannschaften in unserer Liga, die haben noch mehr Profis. Aber über das Jahr müssen wir die Qualität hinterfragen. Wir sind ein Verein, der auch das Nachwuchsleistungszentrum sehr schätzt – ich bin glücklich, dass wir dann solche Talente wie Maurice Niestroj, Timo Schwaiger, Jannick Dutschke oder Tilmann Prager aus der A-Jugend einsetzen. Das wird auch so bleiben.

Um welche Themen handelt es sich denn grob abgesteckt bei den Gründen, die Sie nur intern aufarbeiten?

Es gibt für uns als Verein Dinge, aus denen wir lernen müssen. Es gibt z. B. Ansätze, die in Richtung Scouting bzw. dessen Art und Weise gehen. Abläufe bei Verletzungen, Erkrankungen müssen wir hinterfragen. Können wir da mehr machen oder anders handeln? In der Nachbetrachtung hätten wir viele unserer Verletzungen der Saison auch vorbeugend nicht verhindern können. Wir können also nicht festhalten, dass wir falsch trainiert haben oder überbelastet waren. Trotz alle dem sollte man sich hinterfragen, was man dahingehend anders machen könnte. Andere Schlagworte möchte ich gern für mich behalten.

Ist eine Lehre der missratenen Saison, den Profi-Kader breiter aufzustellen?

Gewisse Dinge weiß man immer erst nachher besser. Dessau geht mit einem relativ kleinen Kader auf Rang drei durch. Wir starten in die kommende Saison mit einem Zweitliga-Kader von 16 Spielern. Wir haben aber im Perspektivteam und im Nachwuchs Talente, die uns eine Absicherung geben. Wenn wir wieder einen Fall eines Langzeitverletzten hätten, müsste man bei unserer Manpower vielleicht eher reagieren. Wir werden nicht blind sein.

Als neuer Cheftrainer steht André Haber bereits seit Februar fest. War er in die Analyse schon eingebunden und hat Ansätze gefunden, die Sie übersehen haben oder anders sehen?

Wir haben lange miteinander gesprochen. In seiner Aufarbeitung hat er vermisst, wie wir eigentlich angreifen wollen. Dafür hatten wir die Konstanz im Personal und auch im Training nicht. Wir haben da viel probiert, ob zu viel oder zu wenig, hängt von der Wahrnehmung ab. Beim Thema Abwehr waren wir klar einer Meinung. Es hat geholfen, seine Sicht von außen zu hören. Davon kann man nur lernen.

Es könnte Kritiker geben, die sich fragen, weshalb der Mann, der den Kader der vergangenen Saison mit aufgebaut und auf Platz 16 zur schwächsten Zweitliga-Platzierung der Klubgeschichte führte, nun als Sportlicher Leiter erneut den Kader mitverantwortet. Sind Sie darauf vorbereitet?

Als ich die Mannschaft übernommen habe, standen wir noch schlechter, aber das ist ja nicht das Thema. Ich habe mich auf so eine Frage vorbereitet: Ich mache das noch nicht seit 15 Jahren, werde daraus lernen, aus Gesprächen, aus Themen, aus Argumentationen. Da werde ich viel mitnehmen, weil ich in den letzten zwei Jahren viele Menschen kennengelernt habe. Es geht am Ende immer um das Ergebnis, für uns vor allem auch um Typen – auf und neben dem Feld. Ich bin mir Stand jetzt sehr sicher, dass wir da für die neue Spielzeit die Richtigen gefunden haben.

Sind mit den beiden Talenten Justin Döbler aus Magdeburg und Nils Greilich als Leihe aus Leipzig die Personalplanungen abgeschlossen?

Stand jetzt sind wir so weit durch. Wir verschließen uns aber nicht.

Ziehen Sie als Sportlicher Leiter eigentlich in ein anderes Büro?

Wir müssen wachsen, was die Geschäftsstelle angeht. Wir werden uns einig, da oben (lacht). Ich bleibe erst mal auf meinem Platz als Sportlicher Leiter sitzen – im Büro mit unserem Nachwuchskoordinator.

Das Interview führte Alexander Hiller.